Psychische Störungen: Wer entwickelt eine Computerspielsucht?
Im Zuge der Coronavirus-Pandemie vertreiben sich aktuell sicher nicht nur viele Erwachsene, sondern auch viele Kinder und Jugendliche vermehrt die Zeit mit Video- und Computerspielen. Längst nicht alle Eltern sehen es gerne, wenn der Nachwuchs Zeit am Bildschirm verbringt, zu groß ist die Sorge, dass das Zocken am Ende schädlich sein könnte. Immerhin wird die Computerspielsucht (»Gaming Disorder«) inzwischen sogar als eigenständige Diagnose in der neusten Ausgabe des internationalen Klassifikationssystems der WHO (ICD-11) aufgeführt, die ab 2022 gelten soll.
Die neue Diagnose ist unter Fachleuten allerdings nicht unumstritten und die Computerspielsucht bislang nur wenig untersucht. Um diese Lücke zu schließen, haben Forscher um Sarah Coyne von der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah 385 Heranwachsende beim Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter begleitet. Über sechs Jahre hinweg mussten die Probanden, die im Mittel zu Beginn der Studie 15 Jahre alt waren, regelmäßig Fragebögen ausfüllen, die unter anderem ihr Verhalten und ihr psychisches Wohlbefinden abklopften.
Etwa zehn Prozent der Jugendlichen zeigten Anzeichen für eine Computerspielsucht
Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass etwa zehn Prozent der Teilnehmer, die auch gerne Videospiele spielten, ein krankhaftes Spielverhalten an den Tag legten. Sie verbrachten also extrem viel Zeit mit Videospielen, hatten Schwierigkeiten, sich von Computer oder Spielekonsole zu lösen und vernachlässigten dadurch andere Bereiche ihres Lebens so stark, dass ihre Gesundheit und ihr übrigens Sozialleben darunter litt. Außerdem wiesen die Betroffenen eher Anzeichen einer Depression auf, waren häufiger aggressiv oder aber schüchtern und ängstlich und verbrachten zusätzlich auch sehr viel Zeit am Smartphone. Grundsätzlich, so beobachteten die Forscher, hatten Jungen und Teilnehmer, deren prosoziales Verhalten nicht besonders ausgeprägt war, ein höheres Risiko, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln.
Neben den genannten zehn Prozent, deren Spielverhalten sich zudem im Lauf der Studie zunehmend verschlimmerte, machten die Wissenschaftler noch eine weitere Gruppe von Jugendlichen aus, die lediglich moderate Symptome eines krankhaften Spielverhaltens zeigten. Sie umfasste etwa 18 Prozent der Teilnehmer; im Gegensatz zu den besonders betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen verstärkten sich die Symptome hier mit der Zeit allerdings nicht.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass etwa 90 Prozent der Gamer auf eine Art und Weise spielen, die für ihre Gesundheit und ihr soziales Leben nicht bedenklich ist, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität. Eine nennenswerte Minderheit sei jedoch tatsächlich von Videospielen abhängig und würde auch entsprechende Abhängigkeitssymptome zeigen.
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