Evolution: Wer hats erfunden?
Hat eine parasitische Wespe sich den Erfindergeist eines Virus zunutze gemacht oder hat gar umgekehrt das Virus sich am Erfahrungsschatz der Wespe bedient? Wer hier wen beklaute, ist so einfach gar nicht zu beantworten.
Sie töten ihren Ernährer auf makabre Weise: Schlupfwespenlarven nisten sich in Raupen von Schmetterlingen und anderen Insekten ein, warten dann, bis diese dick und rund sind und fressen sie von innen her auf. Um nicht frühzeitig entdeckt zu werden, müssen sie dabei das Immunsystem der Raupen mit allen möglichen Tricks unterdrücken. Außerdem manipulieren sie das Level verschiedener Hormone, um die Raupenentwicklung ihren Bedürfnissen anzupassen.
Der Ursprung dieser DNA-Partikel allerdings lag bisher im Dunkeln, was Forscher der Université François Rabelais in Tours dazu veranlasste, sich die kleinen Bösewichte einmal näher anzuschauen. Rein äußerlich ähneln die Partikel bestimmten Insekten-Viren. Als echtes Virus allerdings gehen sie nicht durch – können sie sich doch im Körper der Raupe nicht mal vermehren. Offensichtlich fehlen ihnen dazu ein paar wichtige Gene; und zwar gerade all die, die für virale Hüllproteine und ihre Verpackungshelfer kodieren.
Die verpackte DNA ähnelt in ihrem Aufbau auch in keinster Weise irgendeinem bekannten Virus. Man findet dort nicht kodierende Abschnitte – so genannte Introns – und Genfamilien, wie es sie sonst nur in höheren Organismen gibt. Trotz ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit echten Viren könnte es sich also einfach um DNA aus dem Genom der Schlupfwespe handeln, die es im Laufe der Evolution geschafft hat, sie in Proteinhüllen zu verpacken und weiterzugeben.
Mit dieser unbestimmten Identität gaben sich Jean-Michel Drezen und sein Team nicht zufrieden und untersuchten die Genome verschiedener Schlupfwespenarten genauer. Tatsächlich entdeckten sie dort die bisher vermissten Gene für die Proteinhüllen der Partikel. Und damit nicht genug: die Forscher stellten tatsächlich eine große Ähnlichkeit dieser Sequenzen mit Insekten-Krankheitserregern, den sogenannten Nudiviren fest.
Damit ist zwar nun eindeutig belegt, dass der Vorfahr der DNA-Partikel doch ein Virus war, der irgendwann ins Wespengenom integriert worden ist – vor etwa 100 Millionen Jahren, wie man aus dem Stammbaum der Schlupfwespen schließen kann –, woher aber kommt dann seine typische DNA-Organisation höherer Organismen?
Auch darauf haben die Forscher eine Antwort: Kurz nach der Integration wurde die eigene DNA des Virus, die normalerweise in die Virionen eingeschlossen wird, durch Genomabschnitte der Ur-Wespe ersetzt. Die Schlupfwespe funktionierte also ihren neuen Gast zu ihren eigenen Zwecken um und missbrauchte ihn als Genfähre, wodurch sie zu ihrer parasitischen Lebensweise erst fähig wurde.
Damit wäre die Frage, wer nun von wem abkupferte, beantwortet: beide machten sich das Wissen des jeweils anderen zunutze, um neue Fähigkeiten zu erlangen – dies allerdings auf Kosten der eigenen Selbstständigkeit. Ist der Patentstreit damit also beigelegt? Aus Sicht der beiden Protagonisten sicher, haben sie doch gegenseitig voneinander profitiert. Die bedauernswerte Schmetterlingsraupe allerdings würde ohnehin nicht wegen der Verletzung von Patentrecht, sondern auf Schadenersatz wegen Körperverletzung klagen. Unklar bleibt allerdings, welcher der beiden Verursacher zuerst auf die Anklagebank gehört.
Die Werkzeuge für ihre Trickkiste bekommen die Wespenlarven mit auf den Weg: Bei der Injektion der Eier in die Raupe sondert ihre Mutter ein Sekret ab, das verpackte DNA-Stücke mit allen nötigen Informationen enthält. Von der nichtsahnenden Raupe abgelesen wie ihre eigenen Gene unterstützt sie das zerstörerische Werk des gefräßigen Parasiten.
Der Ursprung dieser DNA-Partikel allerdings lag bisher im Dunkeln, was Forscher der Université François Rabelais in Tours dazu veranlasste, sich die kleinen Bösewichte einmal näher anzuschauen. Rein äußerlich ähneln die Partikel bestimmten Insekten-Viren. Als echtes Virus allerdings gehen sie nicht durch – können sie sich doch im Körper der Raupe nicht mal vermehren. Offensichtlich fehlen ihnen dazu ein paar wichtige Gene; und zwar gerade all die, die für virale Hüllproteine und ihre Verpackungshelfer kodieren.
Die verpackte DNA ähnelt in ihrem Aufbau auch in keinster Weise irgendeinem bekannten Virus. Man findet dort nicht kodierende Abschnitte – so genannte Introns – und Genfamilien, wie es sie sonst nur in höheren Organismen gibt. Trotz ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit echten Viren könnte es sich also einfach um DNA aus dem Genom der Schlupfwespe handeln, die es im Laufe der Evolution geschafft hat, sie in Proteinhüllen zu verpacken und weiterzugeben.
Mit dieser unbestimmten Identität gaben sich Jean-Michel Drezen und sein Team nicht zufrieden und untersuchten die Genome verschiedener Schlupfwespenarten genauer. Tatsächlich entdeckten sie dort die bisher vermissten Gene für die Proteinhüllen der Partikel. Und damit nicht genug: die Forscher stellten tatsächlich eine große Ähnlichkeit dieser Sequenzen mit Insekten-Krankheitserregern, den sogenannten Nudiviren fest.
Damit ist zwar nun eindeutig belegt, dass der Vorfahr der DNA-Partikel doch ein Virus war, der irgendwann ins Wespengenom integriert worden ist – vor etwa 100 Millionen Jahren, wie man aus dem Stammbaum der Schlupfwespen schließen kann –, woher aber kommt dann seine typische DNA-Organisation höherer Organismen?
Auch darauf haben die Forscher eine Antwort: Kurz nach der Integration wurde die eigene DNA des Virus, die normalerweise in die Virionen eingeschlossen wird, durch Genomabschnitte der Ur-Wespe ersetzt. Die Schlupfwespe funktionierte also ihren neuen Gast zu ihren eigenen Zwecken um und missbrauchte ihn als Genfähre, wodurch sie zu ihrer parasitischen Lebensweise erst fähig wurde.
Man kann es aber auch andersrum sehen: durch ihre Gabe ermöglichte sie es dem Virus neue Wirten, die Schmetterlingsraupen zu erschließen. Durch den Wissenstausch sind allerdings auch beide voneinander abhängig geworden – ohne Virus keine Wespenvermehrung und ohne Wespe keine Virusreproduktion.
Damit wäre die Frage, wer nun von wem abkupferte, beantwortet: beide machten sich das Wissen des jeweils anderen zunutze, um neue Fähigkeiten zu erlangen – dies allerdings auf Kosten der eigenen Selbstständigkeit. Ist der Patentstreit damit also beigelegt? Aus Sicht der beiden Protagonisten sicher, haben sie doch gegenseitig voneinander profitiert. Die bedauernswerte Schmetterlingsraupe allerdings würde ohnehin nicht wegen der Verletzung von Patentrecht, sondern auf Schadenersatz wegen Körperverletzung klagen. Unklar bleibt allerdings, welcher der beiden Verursacher zuerst auf die Anklagebank gehört.
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