Artenschutz: Wer hilft dem Hippie-Gecko?
China ist für den internationalen Artenschutz ein Schlüsselfaktor: Die Nachfrage nach Elfenbein, Nashornhorn, Tigerknochen oder Haifischflossen und vielem anderem bedroht weltweit zahlreiche Spezies. Gleichzeitig kann das Land große Erfolge bei der Bewahrung der eigenen Biodiversität vorweisen. Das belegt die neue Rote Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten, welche die internationale Naturschutzorganisation IUCN vorgelegt hat. Die beiden ausschließlich in Zentralchina beziehungsweise im Hochland von Tibet heimischen Arten Großer Panda (Ailuropoda melanoleuca) und Tibetantilope (Pantholops hodgsonii) konnten sich in den letzten Jahren dank großer Schutzanstrengungen erholen und verbesserten sich in ihrem Status. Rund 2000 Große Pandas streifen demnach wieder durch die Bergwälder von Sichuan, Gansu und Shaanxi, weil die Behörden Wilderei effektiv bekämpften und große Teile des Ökosystems schützten. Zukünftig bedrohe jedoch der Klimawandel den Fortbestand der vegetarischen Bären, die sich vor allem von Bambus ernähren: Der verfügbare Lebensraum könne dadurch um bis zu 80 Prozent schrumpfen, so die IUCN-Experten. Ähnlich sieht die Situation für die Antilopen aus: Ihr Bestand stürzte bis zum Anfang der 1990er Jahre von einer Million Tiere auf wenige zehntausend Exemplare ab – Wilderer hatten es auf ihre feine Wolle abgesehen, die zu teuren Schals verarbeitet wird. Mittlerweile hat sich ihre Zahl wieder ungefähr verdoppelt, nachdem die illegale Jagd zurückgedrängt und schwer bestraft wurde.
Diesen beiden – und wenigen anderen – Lichtblicken stehen allerdings auch schlechte Nachrichten gegenüber: Mit dem Östlichen Flachlandgorilla (Gorilla beringei graueri) gilt eine weitere Menschenaffenart mittlerweile als akut vom Aussterben bedroht. Nur noch rund 3800 Tiere sollen in den Regenwäldern des östlichen Kongos die Bürgerkriegswirren der letzten Jahrzehnte überlebt haben; ein Rückgang um knapp 80 Prozent seit 1994. Zudem bedrohen Abholzung, Wilderei und Krankheiten das Überleben unserer Verwandtschaft. Damit gelten mittlerweile vier Menschenaffenarten – neben dem Östlichen auch der Westliche Flachlandgorilla, der Borneo- sowie der Sumatra-Orang-Utan – als hochgradig gefährdet. Immerhin: Die Berggorillas (Gorilla beringei beringei) nehmen an Zahl seit einigen Jahren langsam zu; etwa 880 Tiere leben an den Berghängen des Ruwenzori-Gebirges.
Prinzipiell gerät die Megafauna Afrikas wieder zunehmend durch Wilderei unter Druck: Neben den bekannten "Krisenherden" Elefanten und Nashörner rutschen auch andere Savannenarten auf die Rote Liste, die noch vor wenigen Jahren sicher waren – die sinnbildlichen Steppenzebras (Equus quagga) beispielsweise. Um 25 Prozent ist ihre Zahl in den letzten zwei Jahrzehnten zurückgegangen. In vielen Ländern finden sich nur noch in Nationalparks größere Herden. Überhaupt gilt mittlerweile gut ein Drittel aller Säugetierarten als bedroht.
Die internationale Nachfrage nach seltenen und attraktiven Reptilien wird wiederum dem Psychedelischen Felsgecko (Cnemaspis psychedelica) zum Verhängnis: Die Art wurde erst vor wenigen Jahren von Lee Grismer von der La Sierra University in Kalifornien und seine Kollegen auf einer Insel vor Vietnam entdeckt und konnte bislang nur auf zwei Eilanden nachgewiesen werden. Wegen ihrer leuchtenden Farben sind die Geckos begehrte Handelsware und werden illegal gesammelt. Deshalb stuft die IUCN sie nun ebenfalls als "gefährdet" ein – ein Schicksal, das die Reptilien mit der Chaco-Sumpfschildkröte (Acanthochelys pallidipectoris) aus Südamerika teilt.
Ein besonderes Augenmerk galt bei der neuen Roten Liste zudem der Flora der Hawaiiinseln. Von 415 untersuchten endemischen Pflanzenarten gelten 87 Prozent als bedroht, 38 Arten als ausgestorben. Viele der Gewächse existieren mit weniger als 50 Exemplaren in ihrem natürlichen Ökosystem; manche überleben sogar ausschließlich in botanischen Sammlungen. Stellvertretend steht die Art Alula (Brighamia insignis), von der Botaniker 2014 noch ein in freier Natur vorhandenes Individuum kannten, das seitdem verschwunden ist. Dezimiert wurde ihr Bestand durch eingeschleppte Pflanzenfresser und konkurrierende exotische Gewächse sowie Erdrutsche. Prinzipiell gelten Neozoen wie Schweine und Neophyten wie die Pflanze Miconia calvescens als größte Gefahr für die Flora der Inselgruppe.
Die Rote Liste der IUCN umfasst Bestandsaufnahmen von 83 000 Tier- und Pflanzenarten, von denen mehr als ein Viertel als bedroht gelten. 855 Spezies werden als ausgestorben gelistet. Während die meisten Vogel- und Säugetierarten erfasst sind, herrschen bei anderen Wirbeltieren, Insekten oder Pflanzen noch große Lücken. Die Liste wird alle vier Jahre aktualisiert und ergänzt, wobei sich leider mehr Arten im Status verschlechtern als verbessern – ein trauriger Ausdruck der ökologischen Krise.
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