Auktionen: Wer möchte einen Dodo ersteigern?
Bis niederländische Seefahrer die Insel Mauritius gegen Ende des 16. Jahrhunderts erreichten, lebte der Dodo (Raphus cucullatus) dort ein relativ ungefährdetes Leben: Die flugunfähige Taube hatte kaum natürliche Feinde. Entsprechend begegnete sie den ihr unbekannten Menschen völlig furchtlos und wurde deshalb rasch zur schmackhaften wie leichten Beute der Matrosen. Zusammen mit eingeschleppten Fressfeinden wie Ratten und Schweinen rotteten sie den Vogel daher innerhalb weniger Jahrzehnte aus. Das Massaker lief so schnell ab, dass kaum Exemplare oder auch nur Überreste in die Museen weltweit gelangten. Und ein Großteil davon ging über die Jahrhunderte noch verloren. Insgesamt soll es in den zoologischen Sammlungen nur etwa ein Dutzend vollständiger Skelette geben – die meisten wurden aus den Knochen unterschiedlicher Funde zusammengesetzt.
Deshalb kommt es einer kleinen Sensation gleich, dass im November ein komplettes Dodoskelett bei Summers Place Auctions versteigert wird. Das ist eine einmalige Gelegenheit, denn es wird wohl zukünftig keinem privaten Sammler mehr gelingen, genügend viele Überreste des Vogels zu erwerben, um sie zusammensetzen zu können: Mauritius hat den Export aller Dodo-Fundstücke verboten, die in der berühmten Lagerstätte des Mare-aux-Songes-Sumpfes gefunden werden – praktisch alle Knochenfunde seit dem 19. Jahrhundert stammen von dort.
Der namentlich nicht genannte Sammler kaufte seine Knochen dagegen Stück für Stück in den 1970er und 1980er Jahren, bemerkte jedoch erst kurz nach der Jahrtausendwende, dass sein Skelett fast vollständig ist: Es fehlen nur kleine Teile des Schädels sowie ein Satz Zehen – die jeweils nachgebildet und ergänzt wurden. Nun verkauft der Sammler das gute Stück und bietet damit eine einmalige Gelegenheit für Ornithologen, denn erstmals steht ein praktisch vollständiger Knochendodo zum Verkauf. 95 Prozent des Skeletts bestehen aus echtem Material. Viele Museumsexemplare weisen höhere Anteile an Imitaten auf: Vogelknochen sind sehr zerbrechlich, und vor allem kleinere und empfindlichere Körperteile wie das Sternum oder bestimmte Schwingenteile zerbrechen und zerbröseln rasch.
Warum er sich zum Verkauf entschloss, ist bislang nicht bekannt; ebenso wenig, welches Mindestgebot aufgerufen wird. Das Auktionshaus hofft auf einen Erlös von rund 600 000 Euro. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Tier seinen Weg in ein öffentliches Museum findet.
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