Gute Vorsätze: Kinder wollen, was die Eltern ihnen vorleben
Mehr Zeit mit der Familie und mit Freunden verbringen, sich mehr bewegen und gesünder essen: Solche Ziele formulieren Erwachsene häufig, wenn sie in Umfragen nach guten Vorsätzen fürs neue Jahr gefragt werden. Worauf sie im Alltag wirklich Wert legen, steht auf einem anderen Blatt – zum Beispiel eine eigene Immobilie zu besitzen oder sich regelmäßig Fernreisen leisten zu können. Doch laut einer Studie in der Fachzeitschrift »Psychological Bulletin« sollten sich Eltern gut überlegen, was sie ihren Kindern vorleben. Denn nach der Analyse von knapp 50 Studien kommt eine Forschungsgruppe aus Australien zu dem Schluss, dass die Ziele der Eltern auf ihre Kinder abfärben.
Bereits in der Grundschule haben Kinder Wünsche, die sich ähnlich wie die der Erwachsenen zwei Ebenen zuordnen lassen. Die einen legen zum Beispiel besonderen Wert auf enge Freundschaften – ein intrinsisches Ziel oder »Wert erster Ordnung«, weil Beziehungen an sich schon belohnend wirken, indem sie ein angeborenes Bedürfnis nach Gemeinschaft und Verbundenheit erfüllen. Andere hingegen wollen vor allem reich werden – ein extrinsisches Ziel oder »Wert zweiter Ordnung«, weil Geld nur ein Mittel zum Zweck ist.
Das Team um Kelly Ferber fand heraus: Je mehr die Eltern extrinsische Ziele verfolgen, desto eher gilt das auch für ihre Kinder. Bei den intrinsischen Zielen fiel der Zusammenhang etwas schwächer aus. Mehr intrinsische Ziele gaben außerdem eher jene Kinder an, deren (intrinsische) Bedürfnisse nach Autonomie, Struktur und Bindung erfüllt waren. Wenn diese Bedürfnisse »frustriert« wurden, etwa weil sich die Kinder ständig kontrolliert oder abgelehnt fühlten, dann orientierten sie sich eher an extrinsischen Zielen. Zwar sagt die Studie aus methodischen Gründen nichts über Ursache und Wirkung aus; beispielsweise könnten ähnliche Ziele von Eltern und Kindern auch eine gemeinsame dritte Ursache haben. Eine Langzeitstudie habe aber bereits Hinweise auf einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang gefunden, berichten die Forschenden. Eltern geben demnach vor allem extrinsische Ziele an ihre Kinder weiter.
Das Team um Ferber empfiehlt Eltern deshalb, die eigenen Prioritäten zu prüfen: Wenn sie Geld, Ansehen oder Aussehen viel Wert beimessen, dann täten ihre Kinder ihnen das eventuell nach. »Es ist unwahrscheinlich, dass das der Weg zu einem authentischen Wohlbefinden ist«, schreiben die Autorinnen und Autoren. Menschen mit extrinsischen Zielen gehe es eher schlechter und jenen mit intrinsischen Zielen besser. Die Forschenden raten Eltern zu Zielen, die Bedürfnisse nach Autonomie und Kompetenz, Gemeinschaft und Gesundheit befriedigen, und auch ihren Kindern diese Werte zu vermitteln.
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