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Parasitismus: Wespe frisst Wespen absichtlich nur halb

Die Erzwespen machen bei den Gallwespen keine Gefangenen: Erst lassen sie sie arbeiten, dann fressen sie sie auf. Obwohl: eigentlich beides gleichzeitig.
Planzengallen an Eichenblättern

Die parasitischen Gallwespen haben einen cleveren Weg gefunden, ihren Nachwuchs sicher, satt und wohlbehalten groß werden zu lassen: Sie legen ihre Eier in Pflanzen ab und erzeugen mit biochemischen Tricks tumorartige Wohnhöhlen im Gewebe. In diesen Pflanzengallen können die jungen Wespen dann in Ruhe heranwachsen. Aber natürlich gibt es in der Biologie keine Tricks ohne Konter der Konkurrenz: Einige Pflanzen wehren sich und stellen dem Gallwespen-Schmarotzer gezielt tödliche Fallen. Und dann gibt es auch noch Parasiten des Parasiten wie die Erzwespen. Diese infizieren ihrerseits von Gallwespen besiedelte Gallen mit Erzwespen: Letztere schaffen es dort, Erstere zu töten und zu fressen. Die gruseligen Details über das Vorgehen der Erzwespen liefern nun Forscher um Andrew Forbes von der University of Iowa in »Biology Letters«.

Das Team hatte die in Nordamerika heimische Gallwespe Bassettia pallida untersucht, deren Nachwuchs in den an Eichen induzierten Gallen nicht selten von der Gallenwächter-Erzwespe Euderus set parasitiert wird: Die Erzwespen bohren sich nach und nach in die Körper der Gallwespen und fressen sie von innen auf. Dabei gehen die Schmarotzer allerdings alles andere als planlos vor – sondern im Gegenteil hochmanipulativ. Die Erzwespen verändern das Verhalten der von ihnen parasitierten Gallwespen: Diese beginnen rasch damit, sich aus den Gallen nach außen zu fressen, stoppen diesen Prozess aber, nachdem sie ein kleines Loch gebissen haben, durch das gerade einmal ihr Kopf passt. Darin bleiben sie dann stecken – für immer, denn nun fressen die Erzwespen sie vollständig auf, um dann die Gallen am Ende, satt, durch den in der Gallenwand steckenden Kopfrest zu verlassen.

Ohne den von den todgeweihten Gallwespen angelegten Ausgang könnte die Erzwespen den Gallen nicht entfliehen. Forscher spekulierten daher, dass die Erzwespen das Verhalten der Gallwespen sehr gezielt manipulieren, um sie zunächst als Öffnungswerkzeug einsetzen zu können und erst dann zu verspeisen. Dies könnte bedeuten, dass eine Erzwespenart sich auf eine Gallwespenart spezialisieren muss. Doch das ist nach den neuen Untersuchungen von Forbes' Team nicht der Fall: Die Wissenschaftler haben in 23 000 untersuchten, von Euderus set besiedelten Gallen nun teilweise bis zu 100 verschiedene Gallwespenarten gefunden – die allesamt auch von der Erzwespe infiziert werden konnten. Dabei kam es vor, dass die Erzwespen bis zu fünf unterschiedliche, nicht näher miteinander verwandte Gallwespenspezies befielen.

Womöglich handelt es sich demnach um eine Verhaltensmanipulation, gegen die sich keine Gallwespenart wehren kann. Denkbar wäre zudem, dass die Erzwespen nur sehr genau abschätzen, wann die Kräfte der sich nach außen beißenden Gallwespen nachlassen – um sie gezielt dann zu töten, wenn sie im Kopfloch feststeckt. Offenbar sind die bezüglich ihrer Wirtsart wenig wählerischen Erzwespen aber von anderen Faktoren ihres Ökosystems abhängig: Sie infizieren deutlich lieber Gallen auf Pflanzen ohne behaarte oder mit Dornen versehenen Oberflächen, ganz unabhängig davon, welche leckeren Gallwespenarten in diesen Gallen dann auf sie warten würden. Dass sie häufig Bassettia pallida infizieren, ist damit wohl Zufall – eher befallen sie eben alle Arten, die in den glatten Gallen von Eichen zu finden sind, schlussfolgert das Parasitologenteam um Forbes.

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