Erster deutscher Fall: West-Nil-Fieber breitet sich extrem aus
Ein 31-jähriger Tierarzt aus Bayern ist wohl der erste Mensch, der sich in Deutschland mit dem tropischen West-Nil-Virus (WNV) angesteckt hat. Das berichteten am Wochenende Sabine Zange und Lothar Zöller vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Der ungewöhnliche Fall ist nur der neueste Beleg dafür, dass Europa derzeit eine beispiellose WNV-Epidemie erlebt. Insgesamt über 1300 Infektionen mit dem West-Nil-Virus registrierte die Europäische Seuchenschutzbehörde ECDC bisher – mehr als in den letzten fünf Jahren zusammen. Normal sind etwas über 200 Fälle von West-Nil-Fieber pro Jahr in den Monaten Juli bis Oktober. Der Ausbruch der von Mücken übertragenen Krankheit in diesem Jahr ist vermutlich deswegen so heftig, weil die Epidemie ungewöhnlich früh und intensiv begann. Vermutlich begünstigte das warme Wetter in Frühling und Sommer nicht nur die Vermehrung der Mücken, sondern erhöht auch die Ansteckungsfähigkeit der Erreger – viele von Insekten übertragene Tropenkrankheiten infizieren ihre Opfer bei hohen Temperaturen leichter.
Der in München infizierte Mediziner hatte sich aber vermutlich bei der Untersuchung eines Bartkauzes mit der Krankheit angesteckt. Der Vogel war zuvor am West-Nil-Virus gestorben. Dieser und andere Fälle hatten Fachleute alarmiert, denn normalerweise ist der tropische Erreger viel weiter südlich heimisch. Die erste Ansteckung eines Menschen in Deutschland ist so etwas wie eine halbe Bestätigung der Befürchtung von Seuchenfachleuten, dass sich tropische Krankheiten weiter nach Norden ausbreiten.
Das Opfer war nicht durch einen Mückenstich mit dem Erreger in Kontakt gekommen, sondern hatte, so vermuten die Münchener Fachleute, sich bei der Untersuchung angesteckt – entweder über eine offene Wunde oder durch Kontakt der Viren mit den Schleimhäuten. Wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit ist das Risiko, sich auf natürliche Weise anzustecken, in Deutschland sehr gering. In Acht nehmen sollten sich Reisende in den Ländern mit derzeit hohen Ansteckungszahlen: Serbien, Griechenland und Rumänien. Dort empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation lange Kleidung, Mückenspray und bei Dämmerung, wenn die Mücken am meisten stechen, im Haus zu bleiben.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.