Wetter: Cerberus bringt Höllenhitze
Bislang steht der offizielle europäische Temperaturrekord bei 48,8 Grad Celsius, die am 11. August 2021 in der italienischen Stadt Floridia auf Sizilien gemessen wurden. Ein mit dem passenden Namen »Cerberus« versehenes Hochdruckgebiet könnte jedoch am 12. Juli 2023 neue Höchstwerte gebracht haben. Satellitendaten der ESA zeigen, dass auf Sardinien und Sizilien stellenweise mindestens 48 Celsius und mehr erreicht wurden, wie die Europäische Raumfahrtbehörde meldete.
Der Copernicus-Sentinel-3-Satellit erfasste dabei mit Hilfe seines Radiometer-Instruments die Temperatur der Landoberfläche in Italien zwischen dem 9. und 10. Juli. Sie überschritt in einigen Städten die Marke von 45 Grad Celsius, darunter Rom, Neapel, Tarent und Foggia. Entlang der Osthänge des Ätna in Sizilien wurden in vielen Fällen sogar Temperaturen von mehr als 50 Celsius gemessen. Diese Daten müssen noch mit Wetterstationen am Boden abgeglichen und auch bei der Lufttemperatur bestätigt werden. Da die letzten Daten des Satelliten am späten Vormittag gegen 11.30 Uhr aufgezeichnet wurden, könnten die Werte im Lauf des Tages noch weiter angestiegen sein. Der Hitzepeak wird normalerweise immer im Verlauf des späteren Nachmittags erreicht.
Während Wettervorhersagen auf vorhergesagten Lufttemperaturen beruhen, misst dieses Satelliteninstrument die tatsächliche Energiemenge, die von der Erde abgestrahlt wird. Daraus wird die Temperatur der Landoberfläche abgeleitet. Daher zeigt die Karte die reale Temperatur der Landoberfläche, die deutlich wärmer ist als die Lufttemperatur.
Die Hitzewelle trifft zudem andere Städte in Europa: In Teilen Spaniens werden im Lauf dieser Woche Lufttemperaturen von bis zu 44 Grad Celsius erwartet. Die Oberflächentemperaturen erreichten beispielsweise in Rom und Madrid 46, in Sevilla sogar 47 Grad Celsius. Die hohen Temperaturen und vor allem der lang anhaltende hohe Luftdruck über Südeuropa verschärfen die dort herrschende Dürre, die auch durch die zwischenzeitlichen Niederschläge im Frühjahr und Frühsommer nur teilweise gelindert werden konnte.
Die Hitzewelle ist eine von mehreren, die gegenwärtig Teile der Nordhalbkugel heimsuchen; im Südwesten der USA beispielsweise könnten im kalifornischen Central Valley mehr als 50 Grad Celsius erreicht werden. Der Juli folgt damit auf den Juni, der im globalen Mittel der wärmste seit Beginn moderner Aufzeichnungen war. Anfang Juli wieder wurden in rascher Folge die heißesten Tage weltweit erfasst, seit Temperaturen standardisiert aufgezeichnet werden. Der im Pazifik einsetzende El Niño sorgt dabei für einen weiteren Wärmeschub.
Ausgedehnte Hitzewellen führen auch zu einer starken gesundheitlichen Belastung. Rund 62 000 Menschen starben laut einer Studie im Sommer 2022, dem heißesten, der jemals in Europa beobachtet wurde, an den hohen Temperaturen. Ein Team um Joan Ballester vom Barcelona Institute for Global Health berichtete in »Nature Medicine«, dass es die meisten Opfer in Italien (18 000 Menschen) und Spanien (11 000 Menschen) gab. In Deutschland starben den Daten zufolge etwas mehr als 8000 Personen durch die hohen Temperaturen. Im »Jahrhundertsommer« 2003 könnte es sogar 70 000 Todesopfer in Europa gegeben haben.
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