Wetter: Sonnenreichster Platz der Erde entdeckt
Es hat seinen Grund, dass in den Hochlagen der chilenischen Atacama-Wüste so viele Teleskope stehen: Die saubere, extrem trockene und meist wolkenfreie Atmosphäre in mehr als 4000 bis 5000 Meter Höhe über dem Meer lässt fast das ganze Jahr einen ungetrübten Blick auf den Sternenhimmel zu. Im Umfeld eines Observatoriums auf dem Chajnantor-Plateau maßen Forscher um Raùl Cordero zwischen 2016 und 2021 einen Rekordwert der Sonneneinstrahlung, der sie tatsächlich an einen anderen Planeten erinnerte: Wie sie im »Bulletin of the American Meteorological Society« schreiben, strahlte die Sonne während der Messperiode mit maximal 2177 Watt pro Quadratmeter auf die Oberfläche ein. Das entspricht Werten, die man sonst deutlich näher zur Sonne erwarten würde: auf der Venus (wenn sie wolkenfrei wäre).
Der Durchschnitt liegt mit 308 Watt pro Quadratmeter zwar deutlich niedriger, aber über das Jahr summiert sich dies zu 2,7 Megawattstunden pro Quadratmeter, was ebenfalls einem Weltrekord entspricht. Zum Vergleich: Selbst an der Oberseite unserer Atmosphäre treffen durchschnittlich nur 1360 Watt pro Quadratmeter ein. Das Potenzial für Solarenergie liegt damit in diesem Teil der Atacama doppelt so hoch wie in Mitteleuropa oder dem Nordosten der USA.
Satellitendaten hatten zuvor bereits angedeutet, dass die Region in Chile die stärkste Sonneneinstrahlung der Erde aufweist, doch mit Hilfe der neuen Messdaten können Cordero und Co auch eine Begründung dafür liefern. Entgegen allgemeiner Annahmen spielen dabei auch dünne Wolken hoch oben in der Atmosphäre eine Rolle: Sie schirmen in diesem Fall die Erde nicht vor der Sonneneinstrahlung ab und reflektieren diese ins All, sondern konzentrieren sie sogar noch in Richtung Erdoberfläche: Das als Vorwärtsstreuung (forward scattering) bezeichnete Phänomen lenkt Streulicht zusätzlich nach unten zum Altiplano.
Dies geschieht, wenn die verantwortlichen Kumulus-, Cirrus- oder Cirrostratus-Wolken nicht flächendeckend, sondern lückig auftreten. Dann verstärken sie die Sonneneinstrahlung zur Erdoberfläche um 80 Prozent verglichen mit wolkenfreien Bedingungen. Am häufigsten stellt sich diese Wetterlage im Südsommer in den Monaten Januar und Februar ein, wenn feuchte Luftmassen aus Amazonien weit nach Südwesten ziehen und selbst noch die Atacama erreichen, wo sie letzte Wolkenreste bilden können.
Für den Rekord spielen allerdings weitere lokale Besonderheiten eine Rolle, die zum Beispiel auf dem Tibetanischen Hochplateau nicht vorkommen. Während des Südsommers kommt die Erde der Sonne näher als im Nordsommer. Bereits dieser Effekt verstärkt die Sonneneinstrahlung um sieben Prozent. Zudem liegen die Ozonkonzentrationen in der Nordhemisphäre höher als südlich des Äquators, was die Einstrahlung entsprechend im Norden schwächt und im Süden verstärkt. Wegen der großen Höhe sorgt die starke Einstrahlung allerdings nicht für Hitzewellen: Es bleibt vergleichsweise kühl, was manche Besucher in die Irre leitet: Sie verzichten auf ausreichend Sonnenschutz, was für ihre Haut fatal sein kann.
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