Wetterfühligkeit: Löst Regen Gelenkschmerzen aus?
Dem Wetter wird einiges nachgesagt – etwa dass es unsere Stimmung beeinflusst oder Schmerzen auslösen kann. Gerade Regen und feuchter Kälte wird unterstellt, Gelenke oder den Rücken zu plagen und Menschen damit zu peinigen. Einen tatsächlichen Zusammenhang konnten Mediziner bislang jedoch nicht wirklich feststellen, weswegen sogar Apps entwickelt wurden, um diese Verbindung zu testen. Einen anderen Ansatz verfolgten Wissenschaftler um Anupam Jena von der Harvard Medical School in Boston, den sie in der Weihnachtsausgabe des »British Medical Journal« vorstellten. Für ihre Studie verglichen sie Versicherungsfälle, die von Medizinern an die US-amerikanische Medicare gemeldet wurden, mit Tausenden von Wetterdaten aus dem ganzen Land, die an den jeweiligen Tagen des Arztbesuchs gesammelt worden waren.
Der Datensatz umfasste mehr als 1,5 Millionen Patienten, die innerhalb von vier Jahren 11,6 Millionen Mal bei ihrem Arzt vorstellig wurden. Mehr als zwei Millionen dieser Besuche entfielen wiederum auf Regentage. Die statistische Auswertung erbrachte eine Überraschung, denn es gab zwar einen Unterschied, doch entsprach er nicht unbedingt dem, was der Volksglaube annehmen würde. Tatsächlich hingen 6,23 Prozent aller Arztbesuche an einem Regentag mit Gelenkschmerzen zusammen – an sonnigen Tagen waren es jedoch sogar 6,42 Prozent: eine kleine, aber dennoch signifikante Differenz, so die Mediziner. Überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Wetterunterschieden und Schmerzen fanden Jena und Co zudem bei Patienten mit rheumatischer Arthritis.
»Die Quintessenz ist, dass schmerzende Gelenke und ein quälender Rücken sehr unzuverlässige Wettermelder sind«, fasst es Jena zusammen. Endgültige Gewissheit bringt die Studie aber dennoch nicht, denn unklar ist natürlich, wie viele Leute sich bei schlechtem Wetter zu Hause selbst mit Schmerzmitteln therapiert haben, und ob es Unterschiede der Pein gab. Denn die Versicherungsdaten geben keinen Aufschluss über die Intensität der Schmerzen. Die Arbeit von Jena und Co kann jedoch als leichte Bestätigung für eine andere Studie dienen, die Scott Telfer von der University of Washington in Seattle und sein Team 2017 in »PLOS One« vorgestellt hatten. Das Wetter sorge demnach wirklich für einen Anstieg bei Suchanfragen zu Knie- oder Hüftschmerzen im Internet – allerdings nahm die Zahl mit steigender Temperatur zu.
Das hänge jedoch nicht direkt mit Sonnenschein und Hitze zusammen, die den Schmerz auslösten. Stattdessen bewegen sich die Menschen bei gutem Wetter mehr und intensiver, was im Endeffekt die Gelenke belastet und die Qualen hervorruft. Aber auch diese Studie zeigt nur eine Korrelation, keine Ursache. Die Diskussion geht also sicher noch weiter.
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