News: Wettlauf mit dem Virus
Bei einer Infektion mit dem HI-Virus versucht das menschliche Immunsystem, den AIDS-Erreger mit Hilfe von Antikörpern unschädlich zu machen. Diese muss es ständig anpassen, denn der Erreger bildet kontinuierlich neue Varianten und weicht so dem Immunsystem aus. Ein verlorener Wettlauf oder ein neuer Schlüsselmechanismus für die Impfstoffentwicklung?
Prävention ist immer noch die wichtigste Maßnahme gegen das humane Immundefizienz-Virus (HIV), den Erreger der Krankheit AIDS. Denn bislang waren alle Bemühungen erfolglos, einen Impfstoff gegen das Virus zu entwickeln. Das Virus verkrüppelt nicht nur das Immunsystem, indem es dessen Zellen befällt, zur eigenen Vermehrung nutzt und zerstört. Auch die Fähigkeit des Erregers, ständig seine Virushülle zu verändern und so neue Stämme zu bilden, erschwert die Entwicklung wirksamer Medikamente und Impfstoffe.
Doch genau aus dieser Erkenntnis versuchen Forscher nun Kapital zu schlagen. Denn wie sich jetzt herausstellt, ist es eine spezielle Reaktion des menschlichen Immunsystems, die den Erreger zur Bildung neuer Virus-Varianten zwingt.
Die meisten Viren, die uns befallen, werden normalerweise von der Immunabwehr gestoppt. So genannte neutralisierende Antikörper schwärmen aus, um das Virus für andere Zellen unschädlich zu machen. Sie docken an Proteine auf der Virushülle an, den Epitopen, und verhindern, dass das Virus weitere Zellen infiziert, bis ihn schließlich die weiteren Zellen des Immunsystems zerstören – ein Vorgang, der auch als Neutralisation bezeichnet wird.
Das HI-Virus hat für solche Angriffe des Immunsystems allerdings eine erfolgreiche Überlebensstrategie entwickelt, fanden die Wissenschaftler um Douglas Richman von der University of California in La Jolla heraus [1]. Denn bevor es den Antikörpern gelingt, die gesamte Virus-Population auszulöschen, haben sich bereits durch Veränderungen in den Genen für die Virushülle neue Viren mit einer leicht veränderten Oberfläche gebildet. So entkommen einige Viruspartikel der Immunabwehr durch Mutation, infizieren neue Zellen und vermehren sich weiter. Die menschliche Immunabwehr passt ihre Antikörper daraufhin an den neuen HIV-Stamm an, das Virus verändert sich erneut durch Mutation – ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel.
Bislang war jedoch unklar, welche Rolle neutralisierende Antikörper genau bei HIV-Infektionen spielen, auch konnten Forscher das Auftreten der Antikörper bei einer HIV-Infektion nicht eindeutig nachweisen. Als Kandidat für eine Impfstoffentwicklung schienen sie den meisten Wissenschaftlern daher ungeeignet.
Zu Unrecht, meinen nun die kalifornischen Forscher. Denn genau diese Antikörper zwingen das Virus, seine Hülle immer wieder zu verändern, um der Antikörper-Attacke entkommen zu können. Sie untersuchten den Grund für die ständigen Mutationen des Virus deshalb genauer. Mit Hilfe einer neu entwickelten Methode gelang es ihnen, das HI-Virus (HIV-1) direkt aus dem Blutplasma neunzehn infizierter Patienten zu vermehren. Die Virusgene verknüpften sie mit dem Gen für ein lichterzeugendes Glühwürmchen-Enzym, um die Vermehrung der Viren genau verfolgen zu können. Anschließend vermischten sie die gentechnisch veränderten Viren mit dem Blutplasma der entsprechenden Patienten, das die Antikörper enthielten. 39 Monate lang entnahmen sie den Patienten weitere Plasmaproben und untersuchten den Einfluss der Antikörper auf die Viren.
Es zeigte sich, dass die Antikörper tatsächlich in der Lage sind, die Viren-Vermehrung zu hemmen und kontinuierlich ihr Spektrum zu ändern, um mit den neuen HIV-Stämmen mitzuhalten. "Die schlechte Nachricht ist jedoch", räumt Richman ein, "dass das Virus den neutralisierenden Antikörpern immer einen Schritt voraus ist und diese daher nicht in der Lage sind, die Infektion zu kontrollieren." In nur einem Patienten können sich bespielweise bis zu einem Dutzend verschiedene Stämme entwickeln.
George Shaw von der University of Alabama in Birmingahm und seine Kollegen sehen nun eine mögliche Ursache für die enorme Mutationsgeschwindigkeit, mit der das HI-Virus dem Immunsystem davonläuft [2]. Sie liegt in den besonderen Eigenschaften der HI-Virushülle: Während andere Viren lediglich die Proteine auf ihrer Virushülle verändern, an welche die Antikörper bei ihrem Angriff andocken, besitzt das HI-Virus zusätzliche Zuckermoleküle auf diesen Proteinen, die es variiert. Dieses Zuckerschild verändert sich dadurch so rasant, dass die Immunabwehr Probleme hat, die passenden Antikörper nachzuliefern.
Trotzdem geben sich die Wissenschaftler optimistisch. Neutralisierende Antikörper, meint Richman, könnten sehr wirksam für eine Therapie oder zur Impfstoffentwicklung eingesetzt werden. Sie müßten gentechnisch nur so verändert werden, dass sie in der Lage sind, verschiedene HIV-Stämme zu erkennen.
In der Fähigkeit des HI-Virus, so schnell zu mutieren, sehen einige Wissenschaftler einen ganz anderen Aspekt. So bezweifelt der Schweizer Immunologe und Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel zwar, dass es je einen Impfstoff gegen HIV geben werde, man könne aber hoffen, dass sich das Virus "zu Tode mutiere". Er vermutet, dass der Erreger gegenüber dem Menschen so aggressiv ist, weil es sich noch nicht lange genug an seinen Wirt anpassen konnte. Seinen Wirt lange am Leben zu erhalten, sei schließlich auch im Interesse des Virus. Möglicherweise könnte sich demnach ganz von selbst eine Variante des Virus entwickeln, die letztendlich nicht zum Tode führt. So tragen einige Affenarten beispielsweise abgeänderte Varianten des Virus in sich, sterben aber nicht daran.
Doch genau aus dieser Erkenntnis versuchen Forscher nun Kapital zu schlagen. Denn wie sich jetzt herausstellt, ist es eine spezielle Reaktion des menschlichen Immunsystems, die den Erreger zur Bildung neuer Virus-Varianten zwingt.
Die meisten Viren, die uns befallen, werden normalerweise von der Immunabwehr gestoppt. So genannte neutralisierende Antikörper schwärmen aus, um das Virus für andere Zellen unschädlich zu machen. Sie docken an Proteine auf der Virushülle an, den Epitopen, und verhindern, dass das Virus weitere Zellen infiziert, bis ihn schließlich die weiteren Zellen des Immunsystems zerstören – ein Vorgang, der auch als Neutralisation bezeichnet wird.
Das HI-Virus hat für solche Angriffe des Immunsystems allerdings eine erfolgreiche Überlebensstrategie entwickelt, fanden die Wissenschaftler um Douglas Richman von der University of California in La Jolla heraus [1]. Denn bevor es den Antikörpern gelingt, die gesamte Virus-Population auszulöschen, haben sich bereits durch Veränderungen in den Genen für die Virushülle neue Viren mit einer leicht veränderten Oberfläche gebildet. So entkommen einige Viruspartikel der Immunabwehr durch Mutation, infizieren neue Zellen und vermehren sich weiter. Die menschliche Immunabwehr passt ihre Antikörper daraufhin an den neuen HIV-Stamm an, das Virus verändert sich erneut durch Mutation – ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel.
Bislang war jedoch unklar, welche Rolle neutralisierende Antikörper genau bei HIV-Infektionen spielen, auch konnten Forscher das Auftreten der Antikörper bei einer HIV-Infektion nicht eindeutig nachweisen. Als Kandidat für eine Impfstoffentwicklung schienen sie den meisten Wissenschaftlern daher ungeeignet.
Zu Unrecht, meinen nun die kalifornischen Forscher. Denn genau diese Antikörper zwingen das Virus, seine Hülle immer wieder zu verändern, um der Antikörper-Attacke entkommen zu können. Sie untersuchten den Grund für die ständigen Mutationen des Virus deshalb genauer. Mit Hilfe einer neu entwickelten Methode gelang es ihnen, das HI-Virus (HIV-1) direkt aus dem Blutplasma neunzehn infizierter Patienten zu vermehren. Die Virusgene verknüpften sie mit dem Gen für ein lichterzeugendes Glühwürmchen-Enzym, um die Vermehrung der Viren genau verfolgen zu können. Anschließend vermischten sie die gentechnisch veränderten Viren mit dem Blutplasma der entsprechenden Patienten, das die Antikörper enthielten. 39 Monate lang entnahmen sie den Patienten weitere Plasmaproben und untersuchten den Einfluss der Antikörper auf die Viren.
Es zeigte sich, dass die Antikörper tatsächlich in der Lage sind, die Viren-Vermehrung zu hemmen und kontinuierlich ihr Spektrum zu ändern, um mit den neuen HIV-Stämmen mitzuhalten. "Die schlechte Nachricht ist jedoch", räumt Richman ein, "dass das Virus den neutralisierenden Antikörpern immer einen Schritt voraus ist und diese daher nicht in der Lage sind, die Infektion zu kontrollieren." In nur einem Patienten können sich bespielweise bis zu einem Dutzend verschiedene Stämme entwickeln.
George Shaw von der University of Alabama in Birmingahm und seine Kollegen sehen nun eine mögliche Ursache für die enorme Mutationsgeschwindigkeit, mit der das HI-Virus dem Immunsystem davonläuft [2]. Sie liegt in den besonderen Eigenschaften der HI-Virushülle: Während andere Viren lediglich die Proteine auf ihrer Virushülle verändern, an welche die Antikörper bei ihrem Angriff andocken, besitzt das HI-Virus zusätzliche Zuckermoleküle auf diesen Proteinen, die es variiert. Dieses Zuckerschild verändert sich dadurch so rasant, dass die Immunabwehr Probleme hat, die passenden Antikörper nachzuliefern.
Trotzdem geben sich die Wissenschaftler optimistisch. Neutralisierende Antikörper, meint Richman, könnten sehr wirksam für eine Therapie oder zur Impfstoffentwicklung eingesetzt werden. Sie müßten gentechnisch nur so verändert werden, dass sie in der Lage sind, verschiedene HIV-Stämme zu erkennen.
In der Fähigkeit des HI-Virus, so schnell zu mutieren, sehen einige Wissenschaftler einen ganz anderen Aspekt. So bezweifelt der Schweizer Immunologe und Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel zwar, dass es je einen Impfstoff gegen HIV geben werde, man könne aber hoffen, dass sich das Virus "zu Tode mutiere". Er vermutet, dass der Erreger gegenüber dem Menschen so aggressiv ist, weil es sich noch nicht lange genug an seinen Wirt anpassen konnte. Seinen Wirt lange am Leben zu erhalten, sei schließlich auch im Interesse des Virus. Möglicherweise könnte sich demnach ganz von selbst eine Variante des Virus entwickeln, die letztendlich nicht zum Tode führt. So tragen einige Affenarten beispielsweise abgeänderte Varianten des Virus in sich, sterben aber nicht daran.
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