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News: Widerspruch zur „nuklearen Option”

Beim Klimagipfel in Kyoto wird immer deutlicher die Karte der „nuklearen Option” als „Trumpf” im Kampf gegen den Treibhauseffekt ausgespielt. Auch der US-Energieminister Federico Pena hat sich dieser Tag wieder für Atomenergie stark gemacht. Nach Meinung von Atomkraftgegnern könnte aber weder kurz- noch mittelfristig eine Forcierung von Atomstrom irgendetwas Substantielles für den Klimaschutz bringen. Ein Hinderungsgrund seien schon allein die mindestens zehn, eher 15 Jahre, die von der Projektierung bis zum Betriebsstart vergehen.
Schon eine Erhöhung des weltweiten Nuklearstromanteiles von derzeit fünf auf zehn Prozent in 25 Jahren – bei einem nach Expertenschätzungen 50prozentigen Anstieg des Verbrauches – würde es nötig machen, daß ab jetzt jede Woche ein neuer Reaktor in Betrieb geht. Dies hat Greenpeace für ein Hintergrundpapier berechnet.

Auch die Initiative Anti Atom International (AAI) mit Sitz in Wien bezeichnet die Argumente pro Atomkraft im Hinblick auf CO2 als „nicht stichhaltig”. Erstens hätten etwa die USA mit den weltweit meisten AKW (über 100) auch den größten Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid. Zweitens würde zwar immer betont, daß Atomkraftwerke im Betrieb kein CO2 emittieren, „vergessen” werde aber auf die CO2-Bilanz der nuklearen Brennstoffkette.

Viele dieser Schritte seien mit einem hohen Verbrauch fossiler Energie verbunden. Dies beginne beim Uranabbau: Weil zehntausendmal mehr Erz abgebaut werden muß als daraus Kernbrennstoff gewonnen werden kann, müssen Unmengen Material transportiert, zerkleinert und gemahlen werden. Um das Verhältnis der Uran-Isotopen zu ändern, werden Gasdiffusionsanlagen eingesetzt, die extrem viel Energie verbrauchen.

Auch der Bau eines AKW sei wesentlich energie- und materialintensiver als jener eines konventionellen Kraftwerkes, da weit größere Mengen Stahl und Beton eingesetzt werden müßten. Analog dazu ist der Aufwand beim Abriß der Anlagen höher. Schließlich verschlinge die Lagerung hochradioaktiven Atommülls Energie, für den umfangreiche Stollen gegraben werden müssen. AAI zitiert Expertenabschätzungen, wonach etwa die Hälfte der Nennleistung eines AKW wieder zurück in den Kreislauf fließt.

Außerdem ist nur rund ein Drittel der Energie in einem Atomkraftwerk als Elektrizität nutzbar, der Rest heizt als Abwärme das Kühlwasser. Experte Bill Keepin von Amory Lovins Rocky Mountain Institute hat errechnet, daß jeder Dollar, der in Energieeffizienz investiert wird, siebenmal mehr CO2 einspart als ein Dollar für die Atomkraft. AAI: „Durch die hohen Kosten der Atomkraft werden Gelder gebunden, die für erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden könnten. Atomkraft heizt dadruch den Treibhauseffekt an.”

Abschließend ein Praxisbeispiel, das laut AAI drastisch zeigt, wie unvorteilhaft die Energiebilanz der Atomkraft sein kann: Um den Bau des einzigen AKW von Mexiko (Laguna Verde) zu finanzieren, mußte Mexiko Erdöl in so hohem Ausmaß exportieren, daß dessen Energieausbeute höher war als jene Energie, die je in der Nuklearanlage erzeugt werden kann.

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