Erosion: Wie alt ist der Grand Canyon wirklich?
Die letzten November veröffentlichte These eines Teams um Rebecca Flowers von der University of Colorado, der Grand Canyon sei etwa 70 Millionen Jahre alt [1], hat eine heftige Diskussion ausgelöst. Mit Hilfe von Heliumisotopen hatten die Forscher die Tiefe und Temperatur bestimmt, in der Mineralkörner zu bestimmten Zeiten lagerten, und waren zu dem Schluss gekommen, dass schon in der Kreidezeit vor 70 Millionen Jahren ein mehrere hundert Meter tiefer Canyon entstanden war. Dem widersprechen nun mehrere Forscher in zwei Kommentaren.
Ein Team um Karl Karlstrom von der University of New Mexico kritisiert die Annahmen, die das ursprüngliche Forscherteam machte, um aus dem Verhältnis der Heliumisotope die Temperaturgeschichte von Proben in hohen und tiefen Schichten abzuleiten [2]. Karlstrom und seine Kollegen sind der Ansicht, dass die geologische Struktur der Region zu komplex sei, um das gleiche Modell für Proben aus verschiedenen Regionen zu verwenden. Außerdem zitieren sie Ergebnisse, die andere Teams mit der gleichen Methode gewannen und die den jüngeren Befunden von Flowers und Kollegen ihrer Ansicht nach widersprechen.
Umstrittene Sedimente
Auch die Befunde im Gelände stünden der Hypothese vom 70 Millionen Jahre alten Grand Canyon entgegen, schreibt in einem weiteren Artikel Ivo Lucchitta vom U.S. Geological Survey [3]. Er beruft sich auf Daten aus dem Grand-Wash-Trog, einer Grabenstruktur, in die der Grand Canyon heute mündet. Dort seien Sedimente aus der Zeit vor 17 bis 5 Millionen Jahren aufgeschlossen, und diese zeigen keinen Hinweis darauf, dass ein Canyon von den Ausmaßen des Grand Canyon zu jener Zeit dort existier hat. Tatsächlich schneidet der Colorado River heute dort sogar durch einen Schwemmfächer aus jener Zeit, der dementsprechend älter sein müsse als der Canyon.
Flowers und ihr Kollege Kenneth Farley vertreten in einer Antwort auf diese Kritik die Meinung, die Spuren des Canyons im Grand-Wash-Trog habe es sehr wohl gegeben, der zugehörige Fluss jedoch sei so klein gewesen, dass der moderne Colorado River diese Spuren später schlicht verwischt habe [4]. Außerdem verweisen sie auf die Existenz mehrerer kleinerer Canyons im Colorado-Plateau, die nachweislich kreidezeitlichen Alters seien. Der Grand Canyon habe zu diesem System gehört.
Erst in den letzten fünf Millionen Jahren sei er durch den Colorado River weiter eingetieft und so größer und enger als die anderen alten Canyons geworden. Karlstrom und Kollegen werfen sie ihrerseits vor, die von ihnen als Widerlegung zitierte Veröffentlichung gar nicht gelesen zu haben und Daten aus Heliumanalysen selektiv zu verwenden – tatsächlich würden die Befunde anderer Arbeitsgruppen gut zu einem alten Grand Canyon passen, vorausgesetzt, man interpretiere die Daten richtig.
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