Farbwahrnehmung: Wie der Fisch mit seiner Haut sieht
Die Hautfarbe blitzschnell an die Umgebungsverhältnisse anpassen – das ist eine Fähigkeit, die man eher bei Tintenfischen erwartet. Doch auch der an der US-Atlantikküste beheimatete Eber-Lippfisch (Lachnolaimus maximus) ist dazu in der Lage. Möglich machen es in beiden Fällen so genannte Chromatophoren. Diese mit Pigmenten gefüllten Zellen lassen durch Formveränderung mal mehr, mal weniger Farbe sichtbar werden. Wie der Fisch seine Farbgebung steuert, hat jetzt ein Team um Lori Schweikert von der Duke University in Durham untersucht.
Denn genau wie Tintenfische orientiert sich der im Flachwasser lebende Fisch dabei nicht nur an den Informationen, die ihm seine Augen liefern. Lichtempfindliche Sinneszellen in seiner Haut tragen offenbar ebenfalls ihren Teil zur Steuerung bei. Bei der Untersuchung der Haut stießen Schweikert und Kollegen auf Lichtrezeptoren, die gänzlich anders aufgebaut sind als die Rezeptoren in der Netzhaut des Tiers.
Demnach dürfte es sich aus evolutionärer Sicht um voneinander unabhängige Entwicklungen handeln, schreiben die Wissenschaftler im "Journal of Comparative Physiology A". Während Lachnolaimus maximus in seiner Netzhaut die fischtypische Anordnung aus fünf Farbrezeptoren habe, die mit Hilfe des Moleküls cGMP funktionieren, gebe es in den Hautzellen nur ein einzelnes, auf kurze Wellenlängen spezialisiertes lichtempfindliches Protein, das mit Hilfe von cAMP operiere, so die Forscher. Für ihre Untersuchung hatten sie Proben aus den beiden Geweben genommen und analysiert, welche Gene darin aktiv waren.
Was genau der Fisch mit seinen Hautzellen "sieht", ist unklar. Sicher kann er damit keine Formen oder gar Objekte erkennen, dafür fehlt ein System aus Linse und Pupille. Vermutlich detektiert er vor allem die Helligkeitsverhältnisse in der Umgebung. Die Lichtsinneszellen seiner Haut könnten Informationen aus Bereichen liefern, die sich außerhalb seines Sichtfelds befinden, oder die Sehwahrnehmung in Wellenlängenbereichen ergänzen, die der Eber-Lippfisch nicht mit seinen Augen erfassen kann.
Lachnolaimus maximus, der auch bei Anglern und Speerfischern als Beute beliebt ist, kann die Farbe seiner Haut von einem unauffälligen Weiß über verschiedene Stufen rot-brauner Musterung bis hin zu Dunkelbraun variieren. Die kräftige Färbung dient vielleicht dazu, potenzielle Angreifer abzuschrecken oder mit den Artgenossen zu kommunizieren. Die helle Farbgebung hilft ihm vermutlich, sich im sandigen Meeresboden zu verstecken. Der deutsche Name Eber-Lippfisch spielt ebenso wie die englische Bezeichnung "hogfish" auf die charakteristische lange "Schweineschnauze" an.
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