Verscherbelte Weltraumartefakte : Wie die NASA Mondstaub und Mondauto verlor
In regelmäßigen Abständen muss die US-Weltraumbehörde NASA sich betriebsinternen Untersuchungen stellen, deren Erkenntnisse dann unangenehmerweise durch die verantwortliche Generalinspektion transparent für die Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden. Im Oktober 2018 war es wieder so weit: Ein Audit hatte herauszufinden, wie sehr die Weltraumbehörde auf wertvolle Artefakte und Überbleibsel aus historischen Weltraummissionen aufpasst. Fazit: nicht immer gut, so der Abschlussbericht, der einige der bemerkenswertesten Pannen zusammenfasst. Verloren gingen früher zum Beispiel ein Apollo-11-Sammelbeutel mit Mondstaubresten oder ein originaler Mondauto-Prototyp, der bei einem Schrottplatzbesitzer landete und dann verschwand.
Im überprüften Pflichtenheft der NASA steht unter anderem, Hardware, Raumanzüge oder andere Restbestände aus früheren Missionen mit historischem Wert zu erhalten oder zu archivieren. Dabei sind im Lauf der Zeit durchaus Fortschritte erzielt worden, so das Audit-Review – offensichtlich aber auch deshalb, weil diese Pflicht anfangs gar nicht ernst genommen wurde. So hatten Astronauten in den Programmen der 1960er Jahre wie etwa Gemini oder den ersten Apollo-Flügen durchaus noch weltraumerprobte Sammlerstücke als Geschenk nach Hause mitbekommen, wo sie dann allmählich, meist nicht nachvollziehbar, verschwanden.
Später gab es dann auf dem Papier strengere Richtlinien, die gelegentlich aber wohl nicht ausreichen. Besonders augenfällig sind, so der Bericht, Vorfälle wie der 2014 bemerkte und damals auch schon bekannt gewordene Verlust eines Mondauto-Prototyps: Der Rover war auf unbekannten Umwegen in einem privaten Hinterhof in Alabama gelandet, dann jedoch per Zufall aufgespürt worden und sollte eigentlich zurückgegeben werden – bevor die NASA nach vier Monaten offiziell reagierte, hatte ein Schrotthaufenbesitzer das Gefährt allerdings gekauft und weiterversteigert.
Bei einem anderen Fall verlor die NASA wegen mangelhafter Dokumentationspraxis einen Sammelsack von Apollo 11, in dem noch Reste von Mondstaub enthalten waren. Auf Grund von Verwicklungen war er zwar vom FBI beschlagnahmt, dann aber öffentlich versteigert worden. Trotz intensiver juristischer Bemühungen blieb der Beutel danach im Privatbesitz. Ähnlich lief dies bei drei ebenfalls aus der Apollo-11-Mission stammenden Joysticks, die nach einer Auktion den Besitzer wechselten – die NASA ging hier erfolglos in mehrere Berufungsverfahren.
Solche Vorfälle sind zuletzt nicht aufgetreten, fassen die Auditoren der NASA zusammen – weiterhin dürfe jedoch im Umgang mit historischen Artefakten nicht zu lax vorgegangen werden. Besorgnis erregend sei etwa die derzeitige Praxis der NASA, Trümmerteile und Bruchstücke der Spaceshuttles Columbia und Challenger für Analysen und Forschungszwecke auszuleihen. Bislang sind dabei noch keine Teile verloren gegangen, die etwa für Gewährleistungsansprüche ausreichenden Formalitäten seien allerdings nicht immer strikt eingehalten worden.
Insgesamt empfiehlt das NASA-Audit in einem abschließenden Fünfpunkteplan daher vor allem eine sorgfältige formale Dokumentation und nachvollziehbare Archivierung. Größere Sorgfalt sei zudem geboten, wenn eine Zusammenarbeit mit Dritten beim Erhalt von Startrampen oder Gebäuden von historischem Wert nötig ist. Als Beispiel beschreibt der Bericht den Versuch der Behörde, die 1948 eröffnete private Field-Testanlage in Santa Susana in Kalifornien zu sanieren. Sie stand einst unter der Leitung von NASA-Rechtsvorgängern, die Forschungsarbeiten zur zivilen Nutzung der Kernenergie durchgeführt hatten; später kamen dann Raketentriebwerkstests hinzu. Nun ist die NASA zuständig für den Erhalt des teilweise chemisch verseuchten und verstrahlten Geländes. Zudem finden sich auf dem Areal aber auch die für die lokale Community der amerikanische Ureinwohner heiligen Burro-Flat-Höhlen mit wertvollen Malereien. Der Abschlussbericht mahnt in solchen Fällen zu hoher Sensibilität.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.