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Paläontologie: Wie die Tiere laufen lernten

Der Urzeitfisch <em>Tiktaalik roseae</em>

Seit zehn Jahren gilt Tiktaalik roseae als spannendes Übergangsmodell vom Fisch zum vierbeinigen Landlebewesen – obwohl bislang Forscher rund um Neil Shubin von der Universität Chicago leider nur die vordere Hälfte des alten Fossils kannten. Nun hat ein Glücksfund im Archiv das fehlende Hinterteil des amphibienähnlichen Fleischflossers zu Tage gefördert. Es liefert endlich auch Aufschluss über das Becken und Teile der hinteren Flossen des Tieres – und lässt somit Rückschlüsse auf die Entwicklung der hinteren Gliedmaßen von Vierfüßern und den ersten Landgang der Wirbeltiere zu.

Der Urfisch Tiktaalik roseae gilt als Bindeglied zwischen Fischen und Vierfüßern. | Das Urzeitwesen Tiktaalik roseae konnte in seiner natürlichen Umgebung sowohl paddeln als auch laufen.

Der rund 375 Millionen Jahre alte Tiktaalik war etwa einen Meter lang und erinnert an ein Krokodil. Aus den gefundenen Beckenknochen lässt sich schließen, dass die Hinterbeine sich einst wohl aus verlängerten Hinterflossen entwickelt haben – was den Theorien widerspricht, die besagen, dass die hinteren beweglichen Extremitäten erst auf dem Festland entstanden sind.

Am Fossil faszinieren die Wissenschaftswelt besonders die fortschrittlichen Merkmale: Der Beckengürtel ist beinah genauso groß wie der Schultergürtel – eine bekannte Eigenschaft moderner Vierfüßer, für die damalige Zeit aber revolutionär. Auch fanden die Forscher am Tiktaalik-Skelett ein Kugelhüftgelenk, an dem ein beweglicher Oberschenkelknochen ansetzt. Die hinteren Flossen des urtümlichen Fischs waren vermutlich genauso lang und komplex wie die Brustflossen, auf denen das Tier auftreten konnte. Größe, Beweglichkeit und Robustheit des Beckengürtels erlaubten eine große Bandbreite an Bewegungen: Tiktaalik konnte wohl paddeln und laufen – und das nicht nur auf den Vorderbeinen.

"Frühere Studien, basierend auf den bis dahin bekannten Daten, sprechen von einem Wechsel vom 'Vorderradantrieb' bei Fischen zu einer Art 'Allradantrieb' bei Vierfüßern", erzählt Neil Shubin – alle vier Gliedmaßen wurden nun kräftig bewegt, um sich laufend fortzubewegen. Nach dem neuen Fund sehe es nun so aus, so der Forscher, "als hätte dieser Umbruch tatsächlich schon bei den Fischen begonnen – und nicht erst bei den Landlebewesen."

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