News: Wie effektiv sind Sonnenschutzmittel?
Richard Setlow vom Brookhaven National Laboratory fand heraus, daß ultraviolette Strahlung im UV-A sowie im energiereicheren UV-B-Bereich zur Bildung von Melanomen in Fischen beitragen kann. Weil UV-B die Hauptursache anderer Formen von Hautkrebs und Sonnenbrand ist, wird oft angenommen, daß es auch die Ursache von Melanomen ist. Aber wenn UV-A für Menschen genauso schädlich ist wie für Fische, dann ist der mangelnde Schutz gegen UV-A in den meisten Sonnencremes sehr beunruhigend.
Marianne Berwick vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York geht sogar noch weiter. "Es gibt keine Beweise, daß Sonnencremes helfen, Melanome zu vermeiden", behauptet sie. Es stimmt, daß epidemiologische Indizien darauf hindeuten, daß es wenig oder keinen Nutzen hat, Sonnencremes aufzutragen. Aber die Interpretation epidemiologischer Hinweise allein wirft auch Probleme auf. Um die Schwierigkeit zu veranschaulichen: Die selben Daten können auch benutzt werden, um zu zeigen, daß das Tragen eines Hutes mit einem Anstieg der Melanom-Häufigkeit zusammenhängt. Intuitiv würden wir sagen, daß ein Hut uns gegen die Sonnenstrahlen schützt. Also besteht hier offensichtlich ein Widerspruch.
Das Problem liegt im Datenmaterial. Menschen mit dunkler Haut bekommen nicht so schnell einen Sonnenbrand und die Wahrscheinlichkeit, daß sie einen Hut tragen oder Sonnencremes auftragen, ist geringer. Diese Menschen neigen auch aus genetischen Gründen weniger dazu, Melanome zu bilden. Zur Gruppe mit hohem Risiko gehören Menschen mit blonden Haaren, blasser Haut und Leberflecken. Sie neigen dazu, Hüte zu tragen und Sonnencremes zu benutzen, um so einen Sonnenbrand zu vermeiden. Trotz des Tragens von Hüten und der Anwendung von Sonnencremes bekommen sie aber schneller Krebs. Diese gegenseitige Abhängigkeit bedeutet nicht, daß es eine kausale Verknüpfung gibt.
Berwick verwendet die Daten allerdings, um Argumentationen zu stützten, daß die Entwicklung von Krebs genetisch bestimmt sei und Sonnencremes keinen Schutz bieten. Wenn überhaupt, so glaubt sie, verleiten sie Menschen dazu, zu lange in der Sonne zu verweilen. Sollten wir jedoch nicht auch in Betracht ziehen, daß ohne Sonnencremes noch mehr Menschen, die aus genetischen Gründen anfällig sind, Krebs entwickeln würden?
Die beunruhigendste Beobachtung, die auf der Konferenz beschrieben wurde, stammt von John Knowland von der University of Oxford in England. Er erklärte, daß obwohl Sonnencremes gegen Sonnenbrand schützen, weil sie die UV-Energie absorbieren, sie diese Energie nicht in eine unschädlich Form umwandeln können. Die Pigmente in der Sonnencreme "werden in chemisch reaktive Zustände versetzt und können die überschüssige Energie, die sie absorbieren, an andere Moleküle weitergeben. Wenn die DNA in Zellen durch diese Energie beschädigt würde, dann hätte dies ernsthafte Folgen."
Bisher hat Knowland Hinweise gefunden, daß die Substanz, die in Sonnencremes verwendet wird – para-Aminobenzoesäure (PABA) – isolierte DNA und Erbsubstanz in Zellkulturen beschädigen kann. Ob dieser Prozeß auch in Menschen abläuft ist unklar, aber Knowland empfiehlt, daß wir Sonnencremes, die PABA enthalten möglichst vermeiden sollten.
Die Wissenschaftler scheinen übereinzustimmen, daß die "erste Verteidigungslinie" gegen die schädlichen Auswirkungen der Sonne "deren Meidung ist". Die Frage jedoch, ob Sonnencremes benutzt werden sollen oder nicht, führt zu unterschiedlichen Ratschlägen. Während manche meinen, daß wir nichts besseres haben und wir Sonnencremes sicherlich benutzen sollten, empfiehlt Setlow Cremes, die sowohl gegen UV-A und UV-B schützen, sowie angemessene Kleidung. Berwick argumentiert, daß Menschen mit blasser Haut sich nicht auf Sonnencremes verlassen können und daher die Sonne meiden sollten.
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