News: Wie ein stellares Feuerrad
Die gewaltige Helligkeit bringt es mit sich, daß das Strahlungsfeld eines Wolf-Rayet-Sterns ein seltsames Eigenleben führt: Durch den Druck der Photonen schleudert es die äußere Atmosphäre des Sterns in das Weltall. Die Objekte fliegen geradezu auseinander vor lauter Leuchtkraft. Als Folge entsteht ein starker Sternenwind, der die Aufmerksamkeit von Astronomen erweckt hat.
Mit dem großen Teleskop Keck I auf Hawaii offenbart der Stern WR 104 eine Spiralstruktur, die mit einem Durchmesser von etwa 160 Astronomischen Einheiten so groß wie unser Planetensystem ist. Mit konventionellen Beobachtungsmethoden wäre diese Form nicht zu erkennen gewesen. Stattdessen nutzten Peter G. Tuthill, John D. Monnier und William C. Danchi von der University of California in Berkeley die Technik der Aperture Masking Interferometry. Dazu wird der größte Teil des Teleskopspiegels abgedeckt, so daß nur ein Äquivalent von 36 kleinen runden Regionen freiblieb. Das von dort reflektierte Licht interferierte miteinander, und die Near-Infrared Camera (NIRC) im Brennpunkt des Teleskops nahm das Interferenzmuster auf. Ein Programm, das ursprünglich für Radiointerferometrie-Messungen gedacht war, berechnete aus den Daten Bilder. Das Verfahren ist viel weniger anfällig für atmosphärische Störungen als direkte Beobachtungen, die lediglich ein zehnmal größeres, aber verwischtes Bild ergeben hätten.
Die Besonderheit von WR 104 liegt in seiner infrarot leuchtenden Staubfahne. Normalerweise hätte der Staub direkt nach seiner Entstehung verbrannt sein müssen. Über zwei Jahrzehnte haben Atsronomen sich gewundert, wie die Teilchen das Höllenfeuer so nahe am Stern überstehen. Die Berkeley-Wissenschaftler schlossen aus ihren Aufnahmen, daß es noch einen zweiten Stern in dem System geben müsse. Zwar handelt es sich nicht um einen weiteren Wolf-Rayet-Stern, doch verfügt auch der angenommene OB-Stern ("O" und "B" stehen für spezielle Spektralklassen) über einen eigenen starken Sternenwind. Wo die Sternenwinde der beiden Giganten aufeinanderprallen, entsteht eine Schockwellenfront, welche die Materie komprimiert und abkühlt. In diesem "Kokon" ist sie vor der direkten Strahlung geschützt und kann sich zu den Staubteilchen zusammenfinden.
Die Spiralform entsteht, weil Doppelsternsysteme in ständiger Bewegung sind. Es dauert 220 Tage, bis die Sterne sich einmal umeinander gedreht haben. Dabei transportieren sie die Region der Staubbildung mit sich im Kreis. Der schon vorhandene Staub wird vom Sternenwind nach außen gedrückt – wie das Wasser bei einem Rasensprenger.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 11.2.1999
"Staub von der planetaren Säuglingsstation" - Spektrum Ticker vom 22.4.1998
"Ein Doppelsternsystem mit Planeten?"
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