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Sternentstehung: Wie entstehen extrem weite Doppelsterne?

Ein Dreifach-Sternsystem (künstlerische Darstellung)

Mehr als die Hälfte aller Sterne in unserem Milchstraßensystem sind Mitglieder eines Doppel- oder Mehrfachsternsystems. Schon seit langem sind Doppelsterne bekannt, in denen sich die beiden Partner in Abständen von mehr als einem Lichtjahr umrunden. Jedoch ist es schwierig zu verstehen, wie diese weiten Sternsysteme überhaupt entstehen können. Oftmals überschreiten die Dimensionen jener Systeme die typische Größe der so genannten Wolkenkerne, in denen sich die Sterne bilden. Wolkenkerne sind kompakte Wolken aus Gas und Staub, deren Dichte ausreicht, dass sich in ihrem Inneren durch die eigene Schwerkraft durch Zusammenballung zahlreiche neue Sterne bilden. Dabei entsteht ein offener Sternhaufen mit einigen hundert Mitgliedern, der etwa die Größe des Wolkenkerns aufweist. Die Astronomen Bo Reipurth (University of Hawaii) und Seppo Mikkola (University of Turku, Finnland) untersuchten in Computersimulationen, wie sich nun die weitesten Doppelsterne bilden können.

Weite Doppelsternsysteme | Eine Auswahl von extrem weiten Doppelsternsystemen wurde mit Hilfe der Daten aus dem Sloan Digital Sky Survey genauer untersucht. Jedes Teilbild misst 50 Bogensekunden Kantenlänge. Unter den Systemen finden sich identische Zwillinge (Teilbilder a bis d mit Sternen gleicher Farbe) und Doppelsysteme aus unterschiedlichen Sternen (e bis j, unterschiedlicher Farbe). In manchen Fällen stellten sich die Doppelsterne bei näherem Hinsehen als Dreifachsysteme (l bis o) oder sogar als Vierfachstern (k) heraus. Die zu einem System gehörigen Mitglieder sind in den Teilbildern jeweils durch Pfeile markiert.
Dazu simulierten sie in 180 000 Fällen die Bewegungen neugeborener Dreifachsternsysteme, die sich noch innerhalb ihres Sternhaufens befinden, bis zu einem Alter von 100 Millionen Jahren. Diese Simulationen beinhalteten eine Vielfalt an gravitativen Störungen wie Kollosionen, Vorbeiflüge und Schleudereffekte, welche die drei miteinander wechselwirkenden Himmelskörper aufeinander ausübten. In 90 Prozent der untersuchten Fälle brachen die Dreifachsysteme auseinander, aber rund zehn Prozent überlebten. Aus der Ferne betrachtet wirken diese Überlebenden nicht wie Dreifachsysteme, sondern wie ein weites Paar: Zwei der drei Sterne bilden einen engen Doppelstern, der in weitem Abstand von einem dritten Stern umrundet wird. Aus den Simulationen geht hervor, dass diese Dreifachsysteme überleben, weil sie ursprünglich sehr kompakt waren und somit die gravitativen Störungen ihrer bis zu 1000 Nachbarn im Sternhaufen sie nicht auseinanderreißen konnten.

Über längere Zeit hinweg entwickeln sich durch gravitative Wechselwirkungen der drei Sterne untereinander hierarchische Sternsysteme mit einem engen Doppelstern und einem weit entfernten Begleiter. Letzterer weist meistens die kleinste Masse auf. Diese Systeme täuschen den Beobachtern dann weite "Doppelsterne" vor, da das enge Sternpaar im Teleskop als Einzelstern erscheint. Tatsächlich zeigte eine Untersuchung mit hoher Auflösung aus dem Jahr 2010, das rund 30 Prozent der weiten Doppelsterne in Wirklichkeit Dreifachsysteme sind. Eine weitere Möglichkeit ist, wenn sich der enge Doppelstern schon sehr früh im Inneren des Wolkenkerns gebildet hat, er mit dem Gas und Staub wechselwirkt, wobei die Partner abgebremst werden. Dabei geben sie Drehimpuls an ihre Umgebung ab und rücken immer enger zusammen. Manchmal kommen sie sich dann so nahe, dass sie miteinander zu einem Stern verschmelzen. Dann geht aus dem usprünglichen Dreifachsystem ein echter Doppelstern aus zwei weit voneinander entfernten Mitgliedern hervor.

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