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Luftverschmutzung: Feinstaub schlägt sich direkt im Gehirn nieder

Luftschadstoffe belasten die Lunge und damit die Versorgung mit Sauerstoff. Den braucht das Gehirn, um optimal zu arbeiten. Aber auch ohne Lungenschäden stören ultrafeine Staubpartikel beim Denken: Sie gelangen übers Blut direkt ins Gehirn.
Eine Kolonne Autos, die Abgase produziert.

Schätzungen zufolge kostet die Luftverschmutzung die Menschen weltweit mehr als 100 Millionen gesunde Lebensjahre. Zu den Todesursachen zählen Herz-Kreislauf- und Lungen-Erkrankungen. Auch das Demenzrisiko steigt. Das Einatmen von Feinstaub mit einer Partikelgröße bis 2,5 Mikrometer (PM2.5) wird unter anderem mit Hirnschwund verbunden, und bereits eine kurzfristige Exposition mindert die geistige Leistungsfähigkeit.

Wie genau das Denkvermögen unter Feinstaub leidet, hat ein deutsch-niederländisches Forschungsteam untersucht. Gelangt er über den Riechnerv oder die Lunge ins Blut und auf diesem Weg auch ins Gehirn? Oder entsteht der Schaden indirekt, indem eine verminderte Lungenfunktion den Sauerstoffgehalt im Blut senkt und so Gefäßschäden verursacht?

Die Gruppe um Gabriele Doblhammer von der Universität Rostock sichtete Daten aus Lungenfunktions- und kognitiven Tests von knapp 50 000 Erwachsenen aus einer Langzeitstudie in drei nördlichen Provinzen der Niederlande. Die Feinstaubwerte am Wohnort wurden für mindestens zehn Jahre anhand der Landnutzung und Messungen aus dem Jahr 2010 geschätzt. Etwaige weitere Einflüsse wurden mitberücksichtigt, darunter Alter, Geschlecht, Einkommen und Vorerkrankungen.

Ultrafeinstaub gelangt über das Blut ins Gehirn

Wie erwartet bremste die Luftverschmutzung die geistige Leistungsfähigkeit. Die mittlere Feinstaubkonzentration lag mit 15 Mikrogramm PM2.5 pro Kubikmeter Luft deutlich unter dem EU-weiten Grenzwert von 25. Bei schlechterer Luft – obwohl unter dem EU-Grenzwert – fiel die Leistung in den kognitiven Tests schlechter aus. Genauer: Zehn Mikrogramm PM2.5 mehr bedeuteten eine um 20 Prozent langsamere Verarbeitung, ein Maß für die kognitive Leistungsfähigkeit.

Und dazu musste der Feinstaub nicht erst die Lunge schädigen: Er könne die vitalen Organe direkt beeinflussen, so das Fazit des Forschungsteams in der Zeitschrift »Environmental Research«. Dieser direkte Effekt machte rund 98 bis 99 Prozent aus, der indirekte Effekt über die Lunge nur 1 bis 2 Prozent. Der Ultrafeinstaub (mit einem Durchmesser unter 0,01 Mikrometer) könne von der Lunge ins Blut und ins Zentralnervensystem eindringen und dort Entzündungen hervorrufen – ein Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.

Feinstaub bremst die kognitive Entwicklung von Kindern

Die Folgen sind bereits bei Kindern nachweisbar: Ihre kognitive Entwicklung leidet, wie Forschende aus Barcelona und Rotterdam zeigten. Die Gruppe hatte Kinder an 39 Grundschulen in Barcelona in vier Jahren fünfmal getestet. »Wir fanden eine langsamere Entwicklung des Arbeitsgedächtnisses bei Kindern, die Schulen mit hoher Luftverschmutzung besuchten.« Am schlimmsten waren erhöhte Konzentrationen von Stickstoffdioxid im Freien und von Ultrafeinstaub im Gebäude.

Feinstaub kann einem Kind schon im Bauch der Mutter zusetzen. In Rotterdam hing die Luftverschmutzung am Wohnort von Schwangeren zusammen mit den kognitiven Leistungen ihrer Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren. Bei im Mittel mehr als 20 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft hatten die Kinder später in mehreren Regionen des Großhirns eine dünnere Rinde, unabhängig von anderen Einflüssen wie dem sozioökonomischen Hintergrund.

Die Weltgesundheitsorganisation hat ihre empfohlenen Grenzwerte kürzlich gesenkt: von 10 auf 5 Mikrogramm PM2.5 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. Der EU-Grenzwert liegt bei 25 und damit um ein Vielfaches höher. Die meisten großen europäischen Städte können ihn einhalten – sie überschreiten jedoch die Schwelle der WHO, die dem Forschungsstand zu den Folgen der Feinstaubbelastung viel besser gerecht wird.

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