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Wirbelsturm vor Florida: Wie gefährlich wird Hurrikan »Idalia«?

Der Hurrikan »Idalia« hat das Potenzial für enorme Schäden. Doch wie verheerend der Sturm tatsächlich wird - oder ob er gar unerwartet glimpflich ausgeht -, hängt von mehreren Faktoren ab.
Überschwemmtes Wohngebiet in Florida
Ein durch Starkregen überschwemmtes Wohngebiet in Florida nach Hurrikan »Ian« im September 2022. Durch den extrem warmen Ozean wird der Wirbelsturm »Idalia« wahrscheinlich überdurchschnittlich viel Regen bringen - die Niederschläge durch Wirbelstürme steigen durch den Klimawandel an.

Die Hurrikansaison im Atlantik hat ihre ersten wirklich großen Stürme. Draußen auf dem Atlantik, nordöstlich von Bermuda, zieht der Wirbelsturm »Franklin« als erster schwerer Hurrikan der Saison Richtung Norden. Gefährlicher allerdings erscheint Sturm »Idalia«, der in der Karibik zwar gerade erst zum Hurrikan geworden ist, doch schon in Kuba Überschwemmungen verursachte und wohl mit Wucht am Mittwoch auf das US-amerikanische Festland treffen wird. Fachleute warnen vor verheerender Sturmflut, Starkwind und heftigen Regenfällen.

Allerdings ist noch recht unsicher, wie viel Schaden der Sturm anrichten kann. Gleich mehrere Faktoren könnten den Sturm verheerender machen. Sorgen macht Fachleuten vor allem das sehr warme Wasser im Golf von Mexiko. Das Meer ist an der Oberfläche teilweise mehr als 30 Grad Celsius warm, und die hohe Temperatur liefert dem Sturm zusätzliche Energie. Die warme Wasserschicht reicht außerdem weit in die Tiefe. Dadurch zieht die vom Sturm verursachte Turbulenz weniger kühles Wasser aus tieferen Wasserschichten, das den Sturm abschwächen könnte.

Fachleute rechnen außerdem damit, dass »Idalia« sich auf dem Weg nach Norden rasant verstärken wird. Dieser als »rapid intensification« bezeichnete Prozess trat in den letzten Jahren immer wieder bei verheerenden Hurrikanen auf, zuletzt bei Wirbelsturm »Ian«, der im September 2022 einer der stärksten Hurrikane in der Geschichte von Florida war. Die sehr hohen Wassertemperaturen machen sehr wahrscheinlich, dass das passieren wird – was den Sturm schwer vorherzusagen und gefährlich macht.

El Niño schwächt »Idalia«

Es gibt aber auch einen Faktor, der gegen den Wirbelsturm arbeitet: El Niño. Das Wetterphänomen reduziert normalerweise die Chance auf schwere Hurrikane, denn in El-Niño-Jahren sind die Scherwinde über dem Atlantik stärker. Starke Winde in der Höhe zerstören die Struktur des Sturms und hindern Luftpakete am Aufsteigen. Dadurch kann der Sturm seine Energie nicht voll entfalten. Laut Wettervorhersagen sollen die Scherwinde bis Mittwoch stärker werden – potenziell eine gute Nachricht für die betroffenen Regionen. Nach aktuellen Projektionen könnte der Sturm nur Stufe 3 auf der fünfstufigen Saffir-Simpson-Skala erreichen – unklar ist aber, ob die Scherwinde gegen die ungewöhnlich hohe Energie im Meer etwas ausrichten können.

Über die entstehenden Schäden entscheidet auch die Zugbahn des Hurrikans. Laut aktuellen Vorhersagen soll »Idalia« eine vergleichsweise gering besiedelte Küstenregion treffen. Sollte sich der Weg des Sturms noch verändern, drohen jedoch weit größere Schäden. Dreht er nach Nordwesten, könnte er die Großstadt Tallahassee treffen. Zieht er rund 100 Kilometer weiter südlich, bedroht er die dicht besiedelte Region um die Tampa Bay – aus Sicht von Fachleuten eines der schlimmsten denkbaren Szenarien.

Dabei ist es nicht die reine Stärke des Wirbelsturms, die die größte Gefahr darstellt. Während der extrem starke Wind große Schäden anrichten kann, verursacht Wasser die schwersten Verheerungen. Die Stürme drücken einen Wasserberg vor sich her, der Küsten meterhoch überschwemmen kann. Wie schwer eine Sturmflut wird, hängt von mehreren Faktoren ab – etwa der Form der Küste oder ob Ebbe oder Flut herrscht. Auf Seiten des Sturms spielen neben der Stärke des Windes die Größe des Wirbelsturms und seine Zuggeschwindigkeit eine Rolle.

Gefahr durch heftigen Regen

Diese Faktoren sind noch für einen weiteren, oft unterschätzten zerstörerischen Effekt großer Wirbelstürme wichtig: die schweren Regenfälle. Die Stürme tragen immense Mengen Feuchtigkeit vom Meer weit ins Land hinein und bringen heftige Niederschläge, die ganze Regionen fluten können. So brachte Hurrikan »Ian« 2022 neben Zerstörungen an der Küste verheerende Überschwemmungen in die Region von Orlando hunderte Kilometer von der Küste. Noch gravierender waren die Auswirkungen des Hurrikans »Harvey«, der 2017 quasi über der Stadt Houston parkte und sie mit beispiellosen Regenmengen überflutete.

Es steht zu befürchten, dass auch »Idalia« sehr viel Niederschlag bringt – der warme Ozean lässt reichlich Wasser verdunsten. Studien zufolge bringen tropische Wirbelstürme im Mittel mit jedem Jahr etwa 1,3 Prozent mehr Niederschläge. Doch über die Auswirkungen entscheiden auch Zuggeschwindigkeit und Größe des Sturms. Je größer, desto größer ist die betroffene Region – und je langsamer der Hurrikan zieht, desto länger und ergiebiger regnet es an einem Ort, bevor der Sturm weiterzieht. Derzeit bewegt sich »Idalia« mit etwa 22 Kilometern pro Stunde nordwärts und soll sich noch beschleunigen, wenn sich der Sturm der Küste nähert. Das ist nach Hurrikan-Standards vergleichsweise zügig und zum Beispiel deutlich schneller als Hurrikan »Ian«.

Schließlich hängen die tatsächlichen Auswirkungen des Wirbelsturms »Idalia« auch stark davon ab, wie und wo die drei zerstörerischen Mechanismen des Sturms – extremer Wind, hohe Sturmflut und starke Regenfälle – zum Tragen kommen. Zieht »Idalia« über eine dünn besiedelte Küstenregion schnell landeinwärts, würden sich die Schäden durch Sturmflut und Wind in Grenzen halten und der Regen könnte sich über eine große Region verteilen. Treffen dagegen alle drei gemeinsam eine dicht besiedelte Region, zum Beispiel wenn der Hurrikan langsam über ein Gebiet wie Tampa zieht, können die Folgen verheerend sein.

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