Direkt zum Inhalt

News: Wie geschmiert?

Das Klima hat fast überall seine Finger im Spiel. Dass es aber auch die Anden in die Höhe trieb, wirkt auf den ersten Blick verblüffend.
Bild
Über 6000 Meter hoch ragen die mächtigen Gipfel der Anden auf. Am beeindruckendsten ist das "steinerne Rückgrat" des südamerikanischen Kontinents in Peru, Bolivien und Argentinien, wo die beiden sonst parallelen Kordillerenketten nicht nur ihre Rekordhöhe erreichen, sondern auch auseinander weichen und zwischen sich auf etwa 4000 Meter die trockene Hochebene des Altiplano einschließen. Nördlich und südlich davon fallen die Gebirgsketten deutlich niedriger aus.

Das Gebirge zeugt von einer gewaltigen Bewegung tief unter der Erde: Die ozeanische Nazca-Platte des Pazifik taucht hier unter den südamerikanischen Kontinent ab. Dabei schiebt sich der westliche Rand dieser kontinentalen Platte zusammen und türmt sich auf. Vor etwa 40 Millionen Jahren begannen die Anden sich auf diese Weise zu heben – und der Prozess hält, wenn auch auf kleinerem Maßstab, bis heute an.

Allerdings stellt sich die Frage: Warum sind die Anden um 1000 bis 2000 Meter höher als andere, ebenso entstandene Gebirgsketten? Alles eine Frage der Reibung, meinen Simon Lamb von der University of Oxford und Paul Davis von der University of California in Los Angeles. Die Wissenschaftler zogen die Menge an Sediment in Betracht, das im Gebiet der Subduktionszone – wo die Nazca-Platte unter die Südamerikanische Platte abtaucht – zur Verfügung steht. Denn frisch vom Kontinent eingetragenes Material würde zwischen den aneinander reibenden Platten wie ein Schmiermittel wirken, das die Bewegung erleichtert und daher das Zusammenschieben der oben liegenden Platte schwächt.

Und tatsächlich ist die Versorgung mit steinigem Schmiermaterial im Bereich der zentralen Anden ausgesprochen schlecht: Die Region ist zu trocken, kaum ein Fluss mündet hier in den Pazifik, und die hohen Gebirgsketten lassen feuchte Luft aus dem Hinterland des Kontinents nicht passieren. Verstärkend hinzu kommt die aus der Region um die Antarktis stammende kalte Meeresströmung vor der südamerikanischen Küste, die dem Land nur trockenes Klima bringt: Fließt die kalte Luft über dem Meer mit ihrem geringen Feuchtigkaltsgehalt auf den Kontinent und erwärmt sich dort, reduziert sich die relative Luftfeuchtigkeit – am deutlichsten zu sehen an der chilenischen Küstenwüste Atacama. Diese kalte Küstenströmung entstand vor etwa 50 Millionen Jahren, als sich das globale Klima abkühlte. Zehn Millionen Jahre später begannen die Eisfelder in der Antarktis zu wachsen – und die Anden sich zu recken. Vor 14 Millionen Jahren schließlich erlebten die Anden den deutlichsten Schub, und das gleichzeitig mit einer rasanten Ausdehnung der antarktischen Eisbedeckung, die auch für entsprechend sehr kalte Verhältnisse vor der südamerikanischen Pazifikküste führte: Extreme Trockenheit war dort die Folge, und der wenn überhaupt vorhandene magere Sedimenteintrag dürfte ganz zum Erliegen gekommen sein. Derart ungeschmiert waren dann die nötigen Kräfte da, die Gipfel so schnell und so hoch zu heben.

Neu ist die Idee allerdings nicht, kommentiert John Dewey, Geologe an der University of California in Davis. Dasselbe Prinzip werde beispielsweise auch für die Südlichen Alpen Neuseelands vermutet. Und auch Richard Allmendinger von der Cornell University bleibt skeptisch: "Die Idee hat etwas für sich und lohnt, weiter untersucht zu werden." Da es aber schwer sei, genaue zeitliche Abfolgen für Klimaereignisse zum einen und die Hebungsvorgänge zum anderen zu erhalten, könnte das ganze Gebilde in sich zusammenfallen, wenn noch mehr Daten berücksichtigt werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.