Humor: Wie Lachen in schweren Zeiten helfen kann
Gehen drei Psychologen in eine Bar, um einen originellen Lobgesang auf die Macht des Humors zu verfassen. Oder besser gesagt: Ich habe zum Telefon gegriffen und mich mit drei Psychologen über dieses Thema unterhalten. (Ich kann einfach keine Witze erzählen.) Denn Humor kann eine große Rolle bei der Bewältigung von Stress, Wut, Angst, Unruhe und anderen schwierigen Gefühlen spielen. Manchmal bedeutet das, dass man Humor gezielt einsetzt, wenn es einem gut geht, um sich gegen kommende schwere Zeiten zu wappnen. Manchmal bedeutet das, spontan zu lachen, wenn man weinen möchte. Und manchmal bedeutet das, einen absurden Witz zu reißen, wenn man das Gefühl hat, dass der Himmel über einem einstürzt und die Erde in Flammen steht.
»Es gibt diese automatische, unabsichtliche Art und Weise, auf die viele Menschen Humor einsetzen, ohne darüber nachzudenken«, sagt Steven Sultanoff, klinischer Psychologe und Professor an der Pepperdine University in Kalifornien. »Es ist ein strategischer Bewältigungsmechanismus, aber kein bewusster.« Das könnten bestimmte Verhaltensweisen sein oder auch Gedanken, die jemand einsetzt, um mit Stress umzugehen. Nicht alle diese Strategien seien vorteilhaft, merkt Janet Gibson an, Psychologin und emeritierte Professorin am Grinnell College in Iowa: »Starker Alkoholkonsum oder Fressattacken sind zum Beispiel gefährliche Bewältigungsmechanismen.«
Humor hilft heilen
Humor jedoch sei in der Tat ein wirksames Mittel, um mit Stressoren umzugehen, die »unsere Gefühle, unser Denken, unser Handeln – und unsere Physiologie« aktivieren, sagt Sultanoff. Humor bewirkt genau das Gleiche, nur eben in die andere Richtung.
Stress kann dazu führen, dass sich jemand ängstlich oder wütend fühlt; Humor ersetzt dieses Gefühl durch einen Moment der Freude, Leichtigkeit, Überraschung oder Verbundenheit. In den meisten Situationen, »in denen man Humor erlebt, ist kein Platz mehr für belastende Emotionen«, sagt Sultanoff. »Diese negativen Gefühle lösen sich auf.« Stress kann das Denken einer Person über eine Situation einengen, wohingegen Humor die Kreativität anregt, die einen Perspektivenwechsel ermöglicht.
»Der Stress ist noch da, man spürt ihn nur nicht mehr so stark«Janet Gibson, Psychologin
Und natürlich gibt es auch die physische Verkörperung des Humors: Lachen. Es lässt einen besser atmen, die Muskeln entspannen sich und die Freisetzung von Endorphinen erhöht die Schmerztoleranz. »Der Stress ist noch da, man spürt ihn nur nicht mehr so stark«, sagt Gibson.
Außerdem ist Humor von Natur aus sozial. »Wir sehnen uns nach Verbindung, besonders wenn wir ein erhöhtes Maß an Stress empfinden«, sagt Michele Tugade, Psychologin am Vassar College in New York.
Humor kann man trainieren
Natürlich ist Humor nicht idiotensicher: Wenn man den falschen Witz auf die falsche Art und Weise reißt, kann das den Stress und die Distanz noch verstärken. »Gemeiner oder herabsetzender Humor führt dazu, dass Menschen sich voneinander entfernen und die Unterschiede größer werden«, sagt Tugade.
Humor kann in stressigen Momenten zufällig entstehen, ohne dass eine Person sich darum bemüht, ihn hervorzurufen, oder unbedingt versteht, woher er kommt und warum. Humor könne aber auch trainiert werden, sagt Sultanoff. Er selbst setze ihn bewusst ein, um die Stimmung aufzulockern und Verbindungen zu seinen Mitmenschen aufzubauen. Er habe stets eine Clownsnase dabei, um leichter in den alltäglichen Momenten des Lebens Spaß zu finden. »Der fröhliche Einsatz von Humor baut psychologische Antikörper auf«, sagt er.
»Wenn man sich zu früh dem Humor zuwendet, kann das hinderlich dabei sein, Emotionen auf gesunde Weise zu verarbeiten«Michele Tugade, Psychologin
Ungeachtet der gelegentlich aufgesetzten Clownsnase bedeutet all das nicht, dass man sich einer toxischen Positivität verschreiben sollte. »Es geht nicht darum, niemals negative Gefühle zu haben«, sagt Tugade. »Stress ist aus einem bestimmten Grund da, und zwar, um die Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken, das gelöst werden muss.« Wenn man Trauer, Wut oder Frustration erlebe, sei es wichtig zu erkennen, warum sie da ist. »Wenn man sich zu früh dem Humor zuwendet, kann das hinderlich dabei sein, Emotionen auf gesunde Weise zu verarbeiten«, sagt sie. Das erhöhe den Stress eher, als ihn zu verringern.
Stattdessen sollte man Humor in Maßen einsetzen und als einen Moment der Erleichterung nutzen inmitten des scheinbar ständigen Stroms düsterer Schlagzeilen und negativer Emotionen. »Sie müssen nicht leugnen, dass es Probleme in der Welt gibt und große Verzweiflung und Trauer«, sagt Tugade. »Vielmehr gönnt man sich einfach mal eine Pause. Und wir alle brauchen Pausen.«
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