Milchwirtschaft: Wie kommen die Löcher wirklich in den Käse?
Löcher gehören zum Emmentaler wie die Berge zur Schweiz. Doch in den letzten 10 bis 15 Jahren nahm die Zahl und Größe der Hohlräume in dem Milchprodukt deutlich ab – ein Vorgang, der wohl nicht nur Marketingexperten unter dem Begriff "Löcherschwund" Sorgen bereitete. Verantwortlich für diese Entwicklung war offensichtlich die Technik der Milchgewinnung, die im gleichen Zeitraum zunehmend steriler wurde, was die Zahl der lochproduzierenden Bakterien reduziert habe, so eine gängige These. Aber das ist nur ein Teil der Erklärung, berichten nun Forscher um Dominik Guggisberg vom Agroscope-Institut für Lebensmittelwissenschaften in Bern. Es fehlten beim Käsen mittlerweile auch die früher gängigen Heupartikel in der Milch, welche die Löcher mitverursachen, so die Wissenschaftler.
Bereits 1912 hatte sich der US-Amerikaner in einer großen Übersichtsarbeit den Emmentalerhohlräumen gewidmet und die These aufgestellt, dass Mikroben Kohlendioxid produzieren und so über Gasblasen die Löcher erzeugen. Nie geklärt wurde jedoch, ob der Entstehungsort dieser Löcher zufällig ist oder nicht – bis Guggisberg und Co nun deren Entwicklung mit einem Computertomografen beobachteten, während die Käselaibe 130 Tage lang reiften. Sie hatten zuvor vermutet, dass Mikropartikel in der Milch die Lochbildung als eine Art Kondensationskern auslösen. Ihre These erwies sich als richtig, denn je nach Dosierung der künstlich zugesetzten Heupartikel konnten sie die Zahl der Löcher im Emmentaler fast nach Belieben steuern. "Schuld" am Lochverlust haben deshalb tatsächlich die hygienischeren Produktionsbedingungen, denn in die nahezu geschlossenen Melksysteme gelangen auch kaum mehr Heustäube, während sie sich früher in den offenen Kesseln absetzten. Weniger Lochansatzstellen bedeuten allerdings weniger Löcher, weshalb das Charakteristikum langsam verschwand. Und es erklärt vielleicht, warum im Winter erzeugter Emmentaler früher fast zu viele Löcher aufwies: Das Vieh stand ausschließlich im Stall und wurde dort gemolken, während der Boden und der Futtertrog mit reichlich Heu bestückt waren. Um den charakteristischen Schweizer Lochemmentaler zu erhalten, bräuchten Käsereien zukünftig wohl neben Milch, Lab und Bakterienkulturen auch eine Prise Heustaub, so die Wissenschaftler, deren Studie bislang nicht veröffentlicht ist.
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