Störenfriede am Arbeitsplatz: Was den Chef am meisten nervt
Team und Teamleitung: Wenn diese Beziehung nicht stimmt, haben in der Regel die Rangniederen das Nachsehen. Umgekehrt können aber auch Vorgesetzte unter ihren Angestellten leiden. Nur was genau bringt sie zur Verzweiflung? Dazu haben zwei Psychologinnen von der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar und Düsseldorf mehr als 1200 Führungskräfte befragt. Wie sie in der Zeitschrift »The Leadership Quarterly« schildern, fanden sie fünf Arten von Problemverhalten – darunter eines, an dem sich die Befragten besonders störten.
Zunächst interviewten Anna van der Velde und Fabiola Gerpott 20 weibliche und 20 männliche Führungskräfte zwischen 29 und 61 Jahren. Gefragt wurden sie unter anderem nach Beispielen für destruktives Verhalten ihrer Untergebenen. Die Antworten ließen sich fünf Problemkategorien zuordnen:
- Störung des Teams: Antihaltung, Unzuverlässigkeit, Isolation, anderen die Schuld zuschieben
- Arbeitsvermeidung: absichtlich wenig oder schlecht arbeiten, an andere delegieren, Veränderungen ablehnen
- Selbstüberhöhung: sich selbst ins beste Licht stellen, andere schlecht machen, Rechthaberei
- Emotionale Instabilität: empfindliche und unberechenbare Reaktionen, persönliche Probleme priorisieren
- Extremes Kontaktverhalten: ständig den Kontakt zu Vorgesetzten suchen oder vermeiden – oder wechselnd
Am häufigsten berichteten die Führungskräfte von Verhaltensweisen, die in die Kategorie Selbstüberhöhung fielen. Am seltensten klagten sie über Teamstörungen, fanden diese zugleich aber besonders destruktiv. Je gewissenhafter und je weniger emotional stabil sie nach eigener Aussage waren, desto negativer beurteilten sie ein Problemverhalten. Die älteren und (laut Test) klügeren Chefinnen und Chefs störten sich dagegen weniger an den Problemfällen – vielleicht weil sie über mehr Erfahrung und kognitive Fähigkeiten verfügen, um damit umzugehen, vermuten die Autorinnen. Kluge, aber auch extravertierte, verträgliche und bescheidene Führungskräfte schienen überhaupt auf weniger Probleme zu treffen.
Einige dieser Zusammenhänge lassen sich allerdings ebenso mit einer Tendenz zu sozial erwünschten Antworten erklären. Wer sich aus diesem Grund zum Beispiel als emotional stabil darstellt, wird weniger Probleme mit Mitarbeitern zugeben wollen. Künftige Studien sollten deshalb solche Antworttendenzen miterfassen. Außerdem empfehlen die Autorinnen, die Häufigkeit von Problemen genauer abzufragen und ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Interaktionen zu setzen.
Nicht zuletzt ermuntern sie zu einem konstruktiven Umgang mit Problemen. Sie warnen Führungskräfte davor, sich persönlich angegriffen zu fühlen und in einen Teufelskreis aus Schuldzuweisungen, Kontrollversuchen und Widerstand zu geraten. Vielmehr sollten die Unternehmen Probleme mit Mitarbeitern als Zeichen deuten, dass irgendwo etwas schiefläuft, und daran wachsen.
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