Kollektive Intelligenz: Wie man die richtige Antwort unter lauter falschen findet
Lässt man eine Gruppe von Menschen beispielsweise das Gewicht eines Jumbojets schätzen, kommt der Mittelwert ihrer Antworten dem tatsächlichen Ergebnis oft erstaunlich nahe. Der klassische Publikumsjoker bei Quizsendungen trifft, was die Mehrheitsverhältnisse angeht, oft ebenfalls genau ins Schwarze. Problematisch wird das bei Fragen wie der nach der Hauptstadt von Australien. Wenn sich eine falsche Antwort (zum Beispiel Sydney) geradezu aufdrängt, gerät die richtige Antwort (Canberra) ins Hintertreffen.
Wie man in solchen Fällen doch noch die richtige Antwort identifizieren kann, haben nun Forscher um Dražen Prelec vom Massachusetts Institute of Technology untersucht – und dabei ein verblüffend simples Verfahren gefunden: Sie lassen die Befragten zusätzlich einschätzen, wie wohl die anderen Gruppenmitglieder antworten. Dann vergleichen sie die tatsächliche Verteilung der Antworten mit den Vermutungen der Teilnehmer.
Gibt es keine Unterschiede, hat die Mehrheit vermutlich Recht. Findet sich allerdings eine Antwort, die die Erwartungen übertrifft, ist man einem Mehrheitsirrtum auf der Spur: Denn dann dürfte die Antwort, die häufiger genannt wird als geschätzt, die richtige sein.
Der Unterschied kommt durch eine kleine Gruppe von "Experten" zu Stande, die sowohl wissen, dass sie die richtige Antwort kennen, als auch, dass eine falsche Antwort verbreiteter ist. Entsprechend preisen sie dies in ihre Abschätzung der Antwortverteilung ein. Die falschen Antworten sammeln dadurch in der Schätzung mehr Stimmen, als sie dann tatsächlich bekommen.
Ihre Methode habe sich bei unterschiedlichsten Tests mit Gruppen von 20 bis 51 Personen bewährt, meinen Prelec und Kollegen. Sie gaben beispielsweise Laien allgemeine Quizfragen, ließen aber auch Hautärzte Bilder von Hautveränderungen beurteilen.
21 bis 36 Prozent effektiver sei ihr Vorgehen gewesen, je nachdem, mit welchem Verfahren man es vergleiche – zum Beispiel mit einer ähnlichen Methode, bei der Probanden zu jeder Antwort noch angeben müssen, wie sicher sie sich sind. Dieses ältere Verfahren hat den Nachteil, dass die Experten, die sich zwar sehr sicher sind, aber nur einen kleinen Teil der Gruppe ausmachen, in der Masse falscher Antworten untergehen.
Leider funktioniere das Verfahren nur bei Fragen, auf die es eine klare Antwort gibt, meinen die Forscher. Die schweren Probleme im Leben müsse man – Stichwort: Demokratie – auf althergebrachte Weise lösen.
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