News: Wie Pflanzen die Kurve kriegen
Die Arbeitsgruppe um Klaus Palme vom Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung konnte bereits mehrere Komponenten eines spezielles Transportsystems aufspüren, das den gerichteten Längstransport von Auxin ermöglicht. Sie identifizierte gleich mehrere Gene, die für die Bildung spezieller Auxin-Transporter verantwortlich sind. Diese Proteine sorgen dafür, dass der Wuchsstoff von oben nach unten im Pflanzenspross verteilt wird und sich auf diese Weise schließlich in der Wurzelspitze anreichert. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler Hinweise, dass Auxin auch die Krümmungsbewegungen von Pflanzen kontrolliert: Blockierten sie den Transport des Hormons, so konnten sich Pflanzensprösslinge nicht mehr zum Licht hin krümmen und der Schwerkraft entgegen wachsen.
Der Nachweis, wie Auxin und sein Transport die Krümmung verursacht, gelang nun den Kölner Forschern zusammen mit Kollegen aus Tübingen, Konstanz und Torun bei Versuchen mit der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Auxin in sich krümmenden Pflanzengeweben ungleich verteilt vorliegt. Außerdem identifizierten sie ein Protein namens PIN3, das den Transport des Wuchsstoffes seitlich aus den Zellen heraus kontrolliert. Auf das entsprechende Gen waren die Forscher durch Sequenzvergleiche mit den bereits zuvor von ihnen entdeckten Transporter-Genen gestoßen, die den Transport von Auxin aus der Zelle regulieren und als PIN-Proteine bezeichnet werden. Der Name PIN (pin, engl. Nadel) leitet sich von einer speziellen Pflanze ab, bei der die Spitze nadelförmig weiter wächst, ohne dass die Pflanze Seitensprosse bildet. Ursache war auch hier die Mutation eines Gens, das für die Bildung eines Auxin-Transportproteins verantwortlich ist.
Bei Pflanzen, denen nun das Gen für die Bildung von PIN3 fehlte, krümmte sich der Spross im Vergleich zu normalen Keimlingen deutlich schlechter zum Licht. Und auch die Wurzel neigte sich weniger in die Richtung von seitlich einwirkender Schwerkraft. Zudem ist die Auxin-Anreicherung bei den PIN3-Mutanten gestört – der Botenstoff bleibt gleichmäßig über das Gewebe verteilt.
Mit Immunfluoreszenzmethoden spürten die Wissenschaftler dem PIN3-Protein sowohl im Sprossgewebe als auch in den Zellen der Wurzelspitze nach, welche Richtung und Stärke der Schwerkraft wahrnehmen. In den schwerkraftempfindlichen Zellen der Wurzelspitze ist der Auxin-Transporter, wenn die Schwerkraft normal von unten einwirkt, gleichmäßig an den Rändern verteilt. Wirkt die Schwerkraft dagegen nicht von unten, sondern seitlich ein, verlagern sich die PIN3-Proteine in Richtung des Schwerereizes.
Mit diesen Untersuchungen zu PIN3 konnten die Wissenschaftler eine wichtige Frage des Pflanzenwachstums beantworten. Weitere Untersuchungen zielen nun darauf ab, sowohl den molekularen Mechanismus des PIN-Protein vermittelten Auxintransports zu entschlüsseln als auch die Wirkungsweise des Auxins als "gestaltgebende" Substanz genauer zu verstehen.
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.