Tourette-Syndrom: Wie sich das Gehirn gegen den Kontrollverlust wehrt
Menschen mit dem Tourette-Syndrom leiden unter unwillkürlichen, stereotypen Bewegungen oder fallen durch verbale Ausbrüche auf, die sie nicht kontrollieren können. Ein Grund für diese so genannten Tics könnte sein, dass bestimmte Hirnregionen bei den Betroffenen besonders leicht erregbar sind. Darauf deuten beispielsweise Studien hin, die zeigen, dass das Gleichgewicht des Neurotransmitters Dopamin bei Tourette-Patienten aus der Balance geraten ist. Um die ungewollten Bewegungen in den Griff zu bekommen, scheint das Hirn allerdings von sich aus auch mit einem anderen, hemmenden Botenstoff entgegenzusteuern. Das zeigt nun eine Studie von Stephen Jackson von der University of Nottingham und seinen Kollegen.
Die Forscher untersuchten die Konzentration verschiedener Stoffe im Gehirn mehrerer Probanden mit dem Tourette-Syndrom. Ihr besonderes Augenmerk richteten sie dabei vor allem auf GABA, den wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter des Zentralnervensystems. Dieser war ungewöhnlich stark in der supplementär-motorischen Rinde im Motorcortex vertreten, einem Areal, das für das Planen und Ausführen von Bewegungen zuständig ist. Eigentlich hatten die Forscher eher das gegenteilige Ergebnis erwartet – nämlich dass Menschen mit den ungewollten Tics weniger GABA im Gehirn aufweisen. "Es sieht so aus, als würde sich das Gehirn beim Tourette-Syndrom, wie bei vielen anderen Störungen auch, anpassen und seine Arbeitsweise so umorganisieren, dass es die Auswirkungen der Erkrankung abmildern oder ausgleichen kann", so Jackson. "In diesem Fall wird der Effekt von erregenden Signalen, die zu ungewollten Bewegungen führen, offenbar durch erhöhte GABA-Konzentrationen kompensiert, welche die Erregbarkeit in einem bestimmten Hirnareal dämpfen." Das könnte auch erklären, warum bei vielen Patienten, bei denen das Syndrom bereits in der Kindheit auftritt, die Tics später wieder abklingen.
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