Ernährungschemie: Wie Stevia zu seiner Süße kommt
Fachleute haben den entscheidenden chemischen Schritt aufgeklärt, mit dem das Süßkraut Stevia rebaudiana seine extrem süßen Inhaltsstoffe herstellt. Wie ein Team um Joseph M. Jez von der Washington University in St. Louis berichtet, hat das Enzym für diese letzte Reaktion eine einzigartige Form, durch die eine baumartig verzweigte Kette von Zuckerbausteinen möglich wird. Die Fachleute isolierten das für die Reaktion verantwortliche Enzym und analysierten seine Struktur. Wie die Gruppe in »PNAS« schreibt, ist die besondere Form des Enzyms für die ungewöhnliche Süßkraft der als Steviaglykosiden bezeichneten Süßstoffe notwendig. In verwandten Arten erzeugen diese Enzyme nur Moleküle mit unverzweigten Zuckerketten, die nicht süß schmecken.
Steviaglykoside sind recht komplex aufgebaute Moleküle, in denen verzweigte Zuckerketten aus Glukose an einen chemisch ganz anders aufgebauten Partner namens Steviol gekoppelt sind. Dieser Kohlenwasserstoff gehört zu den Diterpenen, einer enorm weit verbreiteten Klasse von Pflanzenstoffen, auf der zum Beispiel auch das Krebsmedikament Taxol basiert. Um aus so einem Allerweltsmolekül einen Süßstoff zu machen, müssen Zuckerbausteine in der richtigen Anordnung an das Molekül gehängt werden. Das übernimmt das nun von Jez und seinem Team erforschte Protein UGT76G1, das mit Hilfe des energiereichen Moleküls Uridindiphosphat Glukosebausteine an das werdende Steviaglykosid hängt. Neben der speziellen Form, dank der das Enzym die verzweigte Kette aufnehmen kann, sei auch die Gegenwart der Aminosäure Histidin im Herzen der Reaktionskammer für den Vorgang entscheidend. Die neuen Erkenntnisse sollen Fachleuten helfen, künstliche Süßstoffe zu entwickeln, die zum Beispiel nicht bitter schmecken – was bei Stevia gelegentlich vorkommt.
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