Direkt zum Inhalt

Psychologie: Wie Traumata die Gesundheit von Asylsuchenden beeinflussen

Bei der Flucht aus ihrer Heimat machen viele Menschen traumatische Erfahrungen. Das hat Folgen für die Chancen auf einen erfolgreichen Neuanfang.
Flüchtlinge in Syrien

Wer aus seiner Heimat geflüchtet ist und anschließend in einem anderen Land Fuß fassen muss, entwickelt leichter eine psychische Erkrankung. Studien mit Asylsuchenden deuten schon länger auf diesen Zusammenhang hin. Doch noch ist unklar, welche Faktoren dabei ausschlaggebend sind. Ein Göttinger Forscherteam hat daher nun untersucht, welchen Einfluss traumatische Erfahrungen haben, die junge Asylsuchende vor, während oder nach ihrer Flucht gemacht haben. Das Ergebnis: Mit jedem Trauma steigt sowohl die Wahrscheinlichkeit für psychische Leiden, als auch deren Schwere.

Für ihre Untersuchung befragten die Wissenschaftler um Hannelore Ehrenreich vom Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin 133 Menschen in neun deutschen Flüchtlingsunterkünften. Die Studienteilnehmer waren während ihrer Flucht durchschnittlich 20 Jahre alt und hatten bisher noch keinen Kontakt mit dem deutschen Gesundheitssystem gehabt; 80 Prozent waren männlich. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, vor oder während der Flucht schlimme Erfahrungen gemacht zu haben, beispielsweise als Opfer von Missbrauch, kriegerischer Handlungen oder Folter. Ein gutes Drittel hatte zudem sichtbare Narben, etwa von Granatsplittern oder Elektroschocks.

Die Forscher ermittelten anschließend bei jedem Befragten die psychische Gesundheit. Basis hierfür bildete die so genannte Global-Assessment-of-Functioning-Skala, mit der Psychologen erfassen, wie gut Menschen den Alltag bewältigen und ob sie depressive, suizidale oder gewalttätige Neigungen haben. Studienteilnehmer mit vielen Traumata und anderen Risikofaktoren wie Alkohol- und Cannabiskonsum erzielten hier die niedrigsten Werte. Deutlich weniger Anzeichen für mentale Probleme zeigten dagegen Asylsuchende, die keine oder nur wenige negative Erfahrungen gemacht hatten, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin »Lancet«.

Wege aus der Not

Denken Sie manchmal daran, sich das Leben zu nehmen? Erscheint Ihnen das Leben sinnlos oder Ihre Situation ausweglos? Haben Sie keine Hoffnung mehr? Dann wenden Sie sich bitte an Anlaufstellen, die Menschen in Krisensituationen helfen können: an den Hausarzt, niedergelassene Psychotherapeuten oder Psychiater oder die Notdienste von Kliniken. Kontakte vermittelt der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116117.

Die Telefonseelsorge berät rund um die Uhr, anonym und kostenfrei: per Telefon unter den bundesweit gültigen Nummern 0800 1110111 und 0800 1110222 sowie per E-Mail und im Chat auf der Seite www.telefonseelsorge.de. Kinder und Jugendliche finden auch Hilfe unter der Nummer 0800 1110333 und können sich auf der Seite www.u25-deutschland.de per Mail von einem Peer beraten lassen.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.