Hydrodynamik: Wie Turbulenz in Rohren entsteht
Wenn ein laues Lüftchen zum Sturm wird, bricht quasi die "Ordnung" der Luftströmung zusammen: Aus gleichmäßigen Bewegungen entstehen chaotische Wirbel, Turbulenzen genannt. Im letzten Jahrhundert fanden Physiker für unterschiedlichste Strömungen heraus, bei welcher Geschwindigkeit sie umkippen und turbulent werden – zahlenmäßig ausgedrückt als so genannte kritische Reynolds-Zahl. Ausgerechnet für eine technisch und wirtschaftlich besonders wichtige Art von Strömung scheiterten allerdings bis jetzt alle Versuche, diesen Wert zu bestimmen: für Massebewegungen durch Rohre. Turbulenzen wie etwa in Öl-Pipelines kosten eine Menge Energie, und ohne sie könnte der Druck, mit dem die Flüssigkeit durch die Rohre gepresst werden muss, deutlich gesenkt werden.
Nun konnten Forscher um Björn Hof vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen das Jahrzehnte alte Rätsel lösen. Sie ließen Wasser durch ein 15 Meter langes und vier Millimeter dünnes Rohr strömen, erzeugten darin immer wieder kleine Wirbelchen und beobachteten bei verschiedenen Fließgeschwindigkeiten mit Hilfe von Drucksensoren, ob und wann sie sich zu Turbulenzen entwickelten. Zwei konkurrierende Effekte treten dabei offensichtlich auf: Manche Wirbelchen verschwinden selbstständig, andere spalten sich in zwei neue auf – Ersteres dominiert bei kleinen Fließgeschwindigkeiten. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit, die dann der kritischen Reynolds-Zahl entspricht, halten sich beide Effekte die Waage. Jede weitere Erhöhung des Tempos sorgt dann dafür, dass der Aufspaltungsmechanismus überhand nimmt: Es tritt eine Art Lawineneffekt ein, und die Wirbelchen verschmelzen zu einer ausgewachsenen Turbulenz.
Wie das Aufspalten und Verschwinden der Wirbel allerdings im Detail vor sich geht, können die Göttinger Forscher allerdings noch nicht erklären. Technische Lösungen für das Turbulenzproblem in Rohrleitungen harren also vorerst weiter der Entwicklung. (cm)
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