Erziehung: Wie Väter den Testosteronhaushalt ihrer Söhne beeinflussen
Wenn Männer Vater werden, sinkt ihr Testosteronspiegel. Ein niedriger Wert des Hormons geht dabei mit mehr Fürsorge und Haushaltsarbeit einher. Wie stark der Einfluss ist, soll mit der Beziehung zum eigenen Vater zusammenzuhängen, berichtet eine Forschungsgruppe um den Anthropologen Lee Gettler von der University of Notre Dame in Indiana. Väter weisen vor allem dann einen niedrigen Testosteronspiegel auf, wenn schon ihr eigener Vater maßgeblich an der Kindererziehung beteiligt war. Die Pubertät spielt dabei eine besondere Rolle, heißt es in der Studie.
Die Forschenden analysierten Daten von knapp 1000 Männern auf den Philippinen aus den Jahren 1983 bis 2014. Der Fokus der Untersuchung lag auf dem Säuglingsalter, der mittleren Kindheit (6 bis 11 Jahre) und der Jugend (12 bis 19 Jahre): Inwieweit hatten sich die Väter der Teilnehmer in diesen Phasen in die Erziehung eingebracht? Lebten sie zu der Zeit überhaupt mit der Familie zusammen? Speichelproben gaben außerdem Aufschluss über den Testosteronspiegel der Versuchspersonen, nachdem diese selbst Kinder bekommen hatten.
Das Ergebnis: Hatten die Männer in ihrer Jugend einen Vater erlebt, der sich um sie gekümmert hatte, produzierten sie als Väter im Mittel weniger Testosteron als Männer, die in der Jugend ohne engagierten Vater aufwuchsen. Wie sehr sich der Vater im Säuglingsalter und in der Kindheit eingebracht hatte, zeigte laut den Daten keine Auswirkung.
Die Forscher hatten allerdings keine Informationen über den Hormonspiegel der Väter der ersten Generation. Möglicherweise kümmerten sich jene Männer mehr um ihre Kinder, die von Natur aus weniger testosterongeladen waren? Die Erklärung für den Hormonspiegel der Söhne läge damit in den väterlichen Genen. In der Tat gebe es bei der Testosteronproduktion eine erbliche Komponente, schreiben die Autoren.
Also alles eine Frage des Erbguts? Wohl kaum, sagt Gettler: »Es ist unwahrscheinlich, dass das väterliche Testosteron nur in der Jugend Einfluss auf die Erziehung hat und nicht in der frühen und mittleren Kindheit.« Er vermutet vielmehr, soziale Einflüsse vor allem während der Pubertät würden die Hypothalamus-Hypophysen-Achse und damit die spätere Testosteronproduktion verändern. »Das zeigt, wie Elternschaft und insbesondere Vaterschaft über Generationen hinweg nachhaltige Auswirkungen haben können«, sagt der Anthropologe.
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