Strömungsmechanik: Wie Wellen Wirbel wecken
Eigentlich sollten Strömungen in langen Rohren nicht viel Wirbel machen - einerlei, mit welcher Geschwindigkeit die Flüssigkeit durchs Rohr rauscht. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass es sehr wohl zu Turbulenzen kommt. Theoretische Modelle konnten bereits einen auslösenden Mechanismus ausmachen. Doch wie steht es mit dem Experiment?
Turbulente Strömungen sind aus dem Alltag wohlbekannt, seien es die Bewegung der uns umgebenden Luft und Wolken, die Strömung von Flüssen oder die Wirbel beim Umrühren des Kaffees. In den Naturwissenschaften ist die Turbulenz ein herausragendes Beispiel für eine komplexe, chaotische und durch Nichtlinearitäten dominierte Bewegung. Während ihre quantitative Beschreibung für Forscher nach wie vor eine große Herausforderung bleibt, bringt sie in der Praxis meist Nachteile, da der Strömungswiderstand einer turbulenten Strömung größer als der einer laminaren Strömung ist und zudem schneller mit der Strömungsgeschwindigkeit anwächst.
Der Übergang von einer laminaren zu einer turbulenten Strömung lässt sich leicht am Beispiel eines Wasserhahns demonstrieren. Bei vorsichtigem Aufdrehen kommt erst ein glatter, laminarer Strahl heraus (jedenfalls dann, wenn der Strahl nicht durch ein Sieb aufgewirbelt wird): Die Flüssigkeitsteilchen darin bewegen sich parallel und geordnet nebeneinander her. Wird der Hahn weiter geöffnet, kommt es zu einem Überschlag vom glatten zu einem verwirbelten, undurchsichtigen Strahl: Die Strömung wird turbulent.
Schon Leonardo da Vinci hielt Turbulenz in eindrucksvollen Zeichnungen fest. Eine grundlegende quantitative Untersuchung des Übergangs veröffentlichte jedoch erst Osborne Reynolds im Jahr 1883. Er beobachtete die Wirbel im turbulenten Fall und stellte fest, dass der Übergang nicht nur von der Strömungsgeschwindigkeit, sondern auch von der Stärke einer Störung abhängt. Reynolds fand auch heraus, dass verschiedene Flüssigkeiten, die durch verschieden dicke Rohre fließen, sich mit Hilfe derselben Kennzahl, der nach ihm benannten Reynoldszahl, zueinander in Bezug setzen lassen – Strömungen mit der gleichen Reynoldszahl verhalten sich gleichartig. Diese dimensionslose Zahl berechnet sich aus der mittleren Strömungsgeschwindigkeit, der kinematischen Viskosität und dem Durchmesser des Rohrs.
Apropos Rohr, hier weisen Strömungen eine Besonderheit auf: Wenn sich bei ihr das laminare Strömungsprofil einmal eingestellt hat und nur schwach gestört wird, bleibt es bei allen Strömungsgeschwindigkeiten bestehen. Erst bei Störungen genügend großer Amplitude wird der laminare Zustand verlassen und es stellt sich eine turbulente Strömung ein. Damit existieren im Falle der Rohrströmung stets gleichzeitig die laminare Bewegung und die turbulente. Zudem zeigen numerische Untersuchungen, wie sie schon seit einiger Zeit Physiker in Marburg um Bruno Eckhardt durchführen, dass der turbulente Zustand nicht dauerhaft besteht, sondern nach einer, wenn auch manchmal sehr langen Zeit, wieder zerfallen kann.
Anfang des Jahres 2003 präsentierte Eckhardt bei einem Vortrag in Delft erstmals die in numerischen Rechnungen gefundenen Strukturen: Es handelt sich um langgestreckte Wirbel, die in Strömungsrichtung orientiert sind – auch laufende Wellen genannt. Diese Wirbel transportieren Flüssigkeit, die sich langsam an den Wänden entlang bewegt, in die Mitte des Rohrs und schnelle Flüssigkeit von der Mitte hin zu den Wänden. Ein Querschnitt durch das Rohr zeigt deshalb Regionen, so genannte Streaks, in denen eine gegenüber dem laminaren Strömungsprofil erhöhte beziehungsweise erniedrigte Strömungsgeschwindigkeit herrscht. Solche Streaks gehören zu den Hauptindikatoren für den Wirbeltransport. Doch lassen sie sich auch im Experiment nachweisen?
Und tatsächlich: Induzierten die Wissenschaftler nun stromaufwärts gezielt eine Störung, indem sie einen Wasserstrahl in die Röhre spritzten, zeigten sich, während diese Störung an der Messstelle vorbeiströmt, im Querschnitt die Wirbel und vor allem die charakteristischen Streaks. Weil ihre Zahl, Breite, Position und zeitliche Entwicklung gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmen, dürfen die theoretisch vorhergesagten Strukturen nun als identifiziert gelten.
Nun wollen die Forscher die Lebensdauer der laufenden Wellen bestimmen. Hof spekuliert: "Es ist möglich, dass man diese Ergebnisse dazu nutzen kann, turbulente Strömungen zu kontrollieren oder gar zu 'relaminarisieren' – was von großem Interesse für industrielle Prozesse wäre."
Der Übergang von einer laminaren zu einer turbulenten Strömung lässt sich leicht am Beispiel eines Wasserhahns demonstrieren. Bei vorsichtigem Aufdrehen kommt erst ein glatter, laminarer Strahl heraus (jedenfalls dann, wenn der Strahl nicht durch ein Sieb aufgewirbelt wird): Die Flüssigkeitsteilchen darin bewegen sich parallel und geordnet nebeneinander her. Wird der Hahn weiter geöffnet, kommt es zu einem Überschlag vom glatten zu einem verwirbelten, undurchsichtigen Strahl: Die Strömung wird turbulent.
Schon Leonardo da Vinci hielt Turbulenz in eindrucksvollen Zeichnungen fest. Eine grundlegende quantitative Untersuchung des Übergangs veröffentlichte jedoch erst Osborne Reynolds im Jahr 1883. Er beobachtete die Wirbel im turbulenten Fall und stellte fest, dass der Übergang nicht nur von der Strömungsgeschwindigkeit, sondern auch von der Stärke einer Störung abhängt. Reynolds fand auch heraus, dass verschiedene Flüssigkeiten, die durch verschieden dicke Rohre fließen, sich mit Hilfe derselben Kennzahl, der nach ihm benannten Reynoldszahl, zueinander in Bezug setzen lassen – Strömungen mit der gleichen Reynoldszahl verhalten sich gleichartig. Diese dimensionslose Zahl berechnet sich aus der mittleren Strömungsgeschwindigkeit, der kinematischen Viskosität und dem Durchmesser des Rohrs.
Apropos Rohr, hier weisen Strömungen eine Besonderheit auf: Wenn sich bei ihr das laminare Strömungsprofil einmal eingestellt hat und nur schwach gestört wird, bleibt es bei allen Strömungsgeschwindigkeiten bestehen. Erst bei Störungen genügend großer Amplitude wird der laminare Zustand verlassen und es stellt sich eine turbulente Strömung ein. Damit existieren im Falle der Rohrströmung stets gleichzeitig die laminare Bewegung und die turbulente. Zudem zeigen numerische Untersuchungen, wie sie schon seit einiger Zeit Physiker in Marburg um Bruno Eckhardt durchführen, dass der turbulente Zustand nicht dauerhaft besteht, sondern nach einer, wenn auch manchmal sehr langen Zeit, wieder zerfallen kann.
Wie die Marburger weiterhin herausfanden, fällt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Strömung nach einer bestimmten Zeit noch turbulent ist, exponentiell mit der Zeit ab, wobei die Halbwertszeit einer turbulenten Strömung sehr schnell mit der Reynoldszahl ansteigt. Dieses Verhalten ist von anderen chaotischen Systemen bekannt und deutet auf die Existenz eines so genannten chaotischen Sattels hin. Entscheidend für die weitere Bestätigung dieses Bildes war die Identifikation der Zustände, um die herum sich dieser Sattel bildet.
Anfang des Jahres 2003 präsentierte Eckhardt bei einem Vortrag in Delft erstmals die in numerischen Rechnungen gefundenen Strukturen: Es handelt sich um langgestreckte Wirbel, die in Strömungsrichtung orientiert sind – auch laufende Wellen genannt. Diese Wirbel transportieren Flüssigkeit, die sich langsam an den Wänden entlang bewegt, in die Mitte des Rohrs und schnelle Flüssigkeit von der Mitte hin zu den Wänden. Ein Querschnitt durch das Rohr zeigt deshalb Regionen, so genannte Streaks, in denen eine gegenüber dem laminaren Strömungsprofil erhöhte beziehungsweise erniedrigte Strömungsgeschwindigkeit herrscht. Solche Streaks gehören zu den Hauptindikatoren für den Wirbeltransport. Doch lassen sie sich auch im Experiment nachweisen?
Im Labor für Aero- und Hydrodynamik der Technischen Universität Delft haben Casimir van Doorne und Björn Hof ein Experiment aufgebaut, mit dem sich die Rohrströmung genau vermessen lässt. An einer Messstelle des etwa dreißig Meter langen Aufbaus werden die Flüssigkeitspartikel mit einem aufgefächerten Laserstrahl beleuchtet und stereoskopisch mit zwei Hochgeschwindigkeitskameras fotografiert. Aus zwei kurz hintereinander aufgenommenen Bildern lassen sich dann die Orte und Geschwindigkeitsvektoren der Teilchen rekonstruieren. Mit Hilfe dieser stereoskopischen Particle Image Velocimetry (PIV) lässt sich das lokale Geschwindigkeitsfeld in einer Querschnittsfläche vermessen.
Und tatsächlich: Induzierten die Wissenschaftler nun stromaufwärts gezielt eine Störung, indem sie einen Wasserstrahl in die Röhre spritzten, zeigten sich, während diese Störung an der Messstelle vorbeiströmt, im Querschnitt die Wirbel und vor allem die charakteristischen Streaks. Weil ihre Zahl, Breite, Position und zeitliche Entwicklung gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmen, dürfen die theoretisch vorhergesagten Strukturen nun als identifiziert gelten.
Nun wollen die Forscher die Lebensdauer der laufenden Wellen bestimmen. Hof spekuliert: "Es ist möglich, dass man diese Ergebnisse dazu nutzen kann, turbulente Strömungen zu kontrollieren oder gar zu 'relaminarisieren' – was von großem Interesse für industrielle Prozesse wäre."
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