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Neurodegenerative Erkrankungen: Wie wir die Demenz besiegen

Drei Dinge könnten uns vor dem weltweiten Untergang der Gesundheitssysteme durch Demenz bewahren: mehr Geld für die Forschung, bessere Medikamente und erfolgreiche Studien.
Gedächtnisstützen wie diese können Demenz nicht aufhalten

Es gibt nur wenige Themen, bei denen sich die politisch sehr unterschiedlichen Kontrahenten Newt Gingrich von den Republikanern und Bob Kerrey von den Demokraten so gut verstehen. Drei Jahre lang hatte eine Kommission unter ihrer Leitung in den USA die Pflegekosten im Alter untersucht und kam schließlich 2007 zum Schluss: Der gemeinsame Feind ist die Demenz.

Zu diesem Zeitpunkt gab es weltweit noch weniger als 30 Millionen Menschen mit dieser Diagnose, doch es war absehbar, dass die Zahlen bald explodieren würden: Laut aktuellen Vorhersagen könnten es bis 2050 mehr als 130 Millionen sein. Für das amerikanische Gesundheitssystem hieße das Ausgaben in der Höhe von rund einer Billion US-Dollar allein für Erkrankungen wie Alzheimer. "Wir schauten uns damals nur an und waren uns sicher: Wenn wir Alzheimer nicht in den Griff bekommen, gerät das ganze System ins Wanken", erinnert sich Gingrich, der ehemalige Sprecher des US-Repräsentantenhauses.

"Für Alzheimer war das Interesse einfach nie so groß"
George Vradenburg

Für ihn drängt das Thema immer noch – aus gutem Grund: Die Finanzierungsmöglichkeiten haben mit dem wachsenden Problem keineswegs Schritt gehalten, und die Behandlungsziele sind wenig fundiert oder verstanden. Außerdem mussten mehr als 200 klinische Studien zu Alzheimer vorzeitig beendet werden, weil die Behandlungen allesamt kaum wirksam waren. Von den wenigen verfügbaren Therapieansätzen richtet sich keiner gegen den zu Grunde liegenden Erkrankungsprozess. "Das ist wie ein Tsunami, dem wir mit kleinen Eimern begegnen wollen", sagt Gingrich.

Doch diese Botschaft geht inzwischen um die Welt, was Medizinern und Wissenschaftlern neue Hoffnung gibt. Experten glauben, dass sich die nächste Welle mit folgenden Dingen abschwächen lässt: mehr Geld für die Forschung, bessere Diagnosemethoden und Medikamente – und ein Sieg, wie klein auch immer, der die Stimmung hebt.

"Wir brauchen ganz dringend einen Erfolg", sagt der Neurologe Ronald Petersen von der Mayo Clinic in Rochester in Minnesota. Nach so vielen Rückschlägen könnte ein klinischer Fortschritt "das Interesse der Leute wiederbeleben und ihnen vermitteln, dass wir es nicht mit einer hoffnungslosen Krankheit zu tun haben".

Kostenkalkulation

Demenz ist die fünfthäufigste Todesursache in den einkommensstarken Ländern – ihre Therapie ist aber auch die kostenintensivste, weil die Patienten ständig und über Jahre hinweg eine teure Versorgung benötigen. Und trotzdem liegt die finanzielle Förderung der Forschung an Demenzerkrankungen weit hinter der vieler anderer Krankheiten. An den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) standen ihr im Jahr 2015 nur etwa 700 Millionen US-Dollar zu Verfügung, während die Erforschung kardiovaskulärer Erkrankungen etwa zwei Milliarden US-Dollar und die Krebsforschung mehr als fünf Milliarden US-Dollar erhielten.

Eines der Probleme ist der Mangel an Fürsprechern. Andere Erkrankungen, insbesondere Brustkrebs und HIV/AIDS, haben eine starke und erfolgreiche Lobby, die sich für die Finanzierung der Forschung einsetzt. "Für Alzheimer war das Interesse einfach nie so groß", erklärt George Vradenburg, der die Non-Profit-Organisation "UsAgainstAlzheimer's" in Chevy Chase im Bundesstaat Maryland mitbegründete und leitet.

Das liegt seiner Meinung nach primär daran, dass sich die Betroffenen zurückziehen. Demenz trifft hauptsächlich ältere Menschen und wird oft als ganz normaler Teil des Alterns missverstanden. Die Patienten fühlen sich stigmatisiert, die Pflegedienste sind überarbeitet oder erschöpft. Nur wenige sind ausreichend motiviert, sich überhaupt dazu zu äußern.

Immerhin ist die Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik in den letzten fünf Jahren gestiegen. "Wir arbeiten inzwischen alle besser zusammen, was wirklich hilfreich ist", sagt Susan Peschin, die Geschäftsführerin der "Alliance for Aging Research" in Washington, D. C., einer von mehr als 50 Non-Profit-Gruppen im Zusammenschluss der Accelerate Cure/Treatments for Alzheimer’s Disease coalition.

Das zeigt sich inzwischen auch im Investitionsplan der Regierungen. Frankreich war das erste Land mit einem nationalen Aktionsplan gegen Alzheimer und stellte der Forschung schon 2008 etwa 200 Millionen Euro für die folgenden fünf Jahre zur Verfügung. Im Jahr 2009 wurde das Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn mit einem Jahresetat von 66 Millionen Euro eröffnet, und auch das Vereinigte Königreich verdoppelte seine Ausgaben für die Demenzforschung in den Jahren 2010 bis 2015 auf 66 Millionen Britische Pfund (rund 77 Millionen Euro). Die Europäische Union gibt jedes Jahr Tausende von Millionen Euro für Demenzstudien aus, und auch Australien hat inzwischen schon die Hälfte seiner veranschlagten 200 Millionen Australischer Dollar (rund 140 Millionen Euro) für einen fünfjährigen Demenzforschungsfond ausgegeben.

Demenz weltweit | Die weltweite Ausbreitung der Demenz, und wie dagegen vorgegangen wird.

"Das geht uns alle an, und kein Land wird dieses Problem alleine lösen können", sagt der Neurologe und Genetiker Philippe Amouyel von der Universitätsklinik im französischen Lille. Doch bisher ist die USA der größte Geldgeber, nicht zuletzt dank Gingrich und Kerrey. Das Jahresbudget des NIH für die Forschung an Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen schnellte 2015 schon auf etwa eine Milliarde US-Dollar, und es gibt über die verschiedenen Fraktionen hinweg Bestrebungen, diese Summe in den nächsten Jahren noch zu verdoppeln. "Der Alzheimererkrankung ist es völlig egal, welcher Partei man angehört", so Kerrey.

Zwei Milliarden ist "eine ganz ordentliche Summe", findet Petersen, der dem Regierungsgremium vorsitzt, das sich schon 2012 dieses Ziel gesetzt hatte. Nun müssten seiner Meinung nach die Wissenschaftler erst einmal sagen, "was wir mit dem Geld wirklich tun wollen, falls es tatsächlich alles zur Verfügung steht".

Die Antwort könnte zu guten Teilen vom Schicksal des Medikaments Solanezumab abhängen, welches das Unternehmen Eli Lilly aus Indianapolis in Indiana entwickelt hatte. Die antikörperbasierte Behandlung soll das β-Amyloid-Peptid entfernen, das verklumpt und die für Alzheimer typischen sehr langlebigen Plaques im Gehirn der Erkrankten bildet. Es wird erwartet, dass Lilly Ende des Jahres die Ergebnisse einer klinischen Studie mit 2100 Teilnehmern präsentiert; diese untersucht, ob das Medikament den kognitiven Verfall von Patienten mit schwacher Alzheimerkrankheit bremsen kann. In vorausgegangenen Studien hatten sich erste Anzeichen eines gewissen Vorteils der behandelten Patienten im Hinblick auf ihre kognitiven Leistung gezeigt. Dieser positive Effekt könnte aber im letzten Studienabschnitt auch wieder verschwinden, was bisher bei praktisch jedem der anfangs Erfolg versprechenden Medikamente der Fall war.

Keiner erwartet tatsächlich eine Heilung der Patienten. Wenn Solanezumab den Abbau im Gehirn wirklich hinauszögert, dann könnte dies bestenfalls dazu beitragen, dass die Patienten in den kognitiven Tests 30 bis 40 Prozent besser abschneiden als die mit Placebo behandelten Teilnehmer. Doch auch schon dies wäre ein Triumph, weil es den Wissenschaftlern und der Pharmaindustrie zeigen würde, dass eine krankheitsmodulierende Therapie zumindest möglich ist. Ein weiterer Rückschlag dagegen könnte den derzeitigen Schwung in der Therapieentwicklung stoppen.

"Wir stehen an einem Scheideweg", findet der Neurogenetiker John Hardy vom University College London. "Das Ergebnis der Studie ist unglaublich wichtig, weit über die Bedeutung für Lilly und den Erfolg der einzelnen Substanz hinaus."

Auf rein wissenschaftlicher Ebene könnte Solanezumab die stark diskutierte Amyloidhypothese untermauern, in deren Sicht die Bildung von β-Amyloid im Gehirn einer der Triggerfaktoren für die Alzheimerkrankheit ist. Das bisherige Versagen von amyloidauflösenden Substanzen brachte viele zu dem Schluss, dass die Plaquebildung eine Konsequenz des Erkrankungsprozesses sei und nicht die Ursache. Nach Meinung der Verfechter der Amyloidhypothese wurden die bisher getesteten Medikamente aber einfach zu spät oder an Patienten ohne Amyloidbildung verabreicht, die vielleicht eine ganz andere Form der Demenz haben.

Für die neuste Solanezumab-Studie suchte das Unternehmen Lilly Teilnehmer mit schwachen kognitiven Einschränkungen aus und untersuchte erst einmal mittels Scans und Analysen der Spinalflüssigkeit das Vorliegen von β-Amyloid im Gehirn. Auch die Firma Biogen in Cambridge in Massachusetts verfolgte denselben Ansatz und screente Teilnehmer einer Studie zu Aducanumab, einem ebenfalls gegen Amyloid gerichteten Medikament. Eine Studie vom Anfang dieses Jahres mit 165 Teilnehmern deutet an, dass der erfolgreiche Abbau von β-Amyloid durch die Substanz von Biogen mit einem verlangsamten kognitiven Verfall einhergeht.

Wenn sich dieses Ergebnis in weiteren Untersuchungen bestätigen lässt, "dann wissen wir zumindest, dass Amyloid weit genug oben in der Kaskade ist und als pharmakologisches Ziel genutzt werden könnte", sagt Giovanni Frisoni, der als klinischer Neurowissenschaftler an der Universität Genf in der Schweiz forscht und an der Medikamentenstudie beteiligt ist.

Besiegen oder verzögern

Neben der anhaltenden Debatte über die Amyloidhypothese, wird immer häufiger eine frühzeitige Intervention mit Medikamenten diskutiert. Reisa Sperling arbeitet als Neurologin am Brigham and Women's Hospital in Boston in Massachusetts und gibt zu bedenken, dass auch eine leichte Demenz schon auf irreparable Schäden der Gehirnzellen hindeutet. "Man kann natürlich das ganze Amyloid aus dem Gehirn heraussaugen, damit es sich dort nicht noch weiter ansammelt; die Neurone werden aber nicht wieder nachwachsen."

Deshalb leitet sie eine 140 Millionen Dollar schwere Studie namens A4, eigentlich Anti-Amyloid Treatment in Asymptomatic Alzheimer's genannt. In dieser placebokontrollierten Untersuchung zu Solanezumab sollen Teilnehmer mit hohen Amyloidlevels schon behandelt werden, bevor sie überhaupt irgendwelche Anzeichen für kognitive Probleme haben. Dabei ist A4 nicht die einzige Studie der Forscherin. Im März hatte sie zusammen mit dem Neurologen Paul Aisen vom Alzheimer's Therapeutic Research Institute an der University of Southern California's in San Diego eine Studie mit 1650 Teilnehmer gestartet, die zwar symptomlos sind, aber schon frühzeitig Anzeichen einer Ansammlung von β-Amyloid haben. Die Forscher wollen ein Medikament des Unternehmens Johnson&Johnson testen, welches das Enzym β-Secretase, und damit die Bildung des toxischen Proteins hemmen soll.

Ein solches Vorgehen wird als Sekundärprävention bezeichnet, weil Patienten mit bereits vorhandenen Amyloidplaques behandelt werden. Sperling und Aisen wollen nun auch eine Studie zur Primärprävention durchführen und erhielten im August Gelder vom NIH bewilligt. Hierbei geht es um Personen, die normale Gehalte des β-Amyloid im Gehirn und keine Anzeichen von kognitiven Einschränkungen zeigen, die aber eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung der Alzheimerkrankheit aufweisen, weil sie bekannte Risikofaktoren wie Alter und genetische Prädisposition aufweisen.

"Eigentlich müssten wir die ganze Menschheit mit einbeziehen, um diese Erkrankungen zu besiegen"
Paul Aisen

"Der größtmögliche Erfolg wäre es, dass die Krankheit verzögert beginnt", sagt David Holtzman. Er arbeitet als Neurologe an der Washington University School of Medicine in St. Louis in Missouri und beteiligt sich an einem Netzwerk zur Erforschung der dominant vererbten Alzheimerkrankheit (Dominantly Inherited Alzheimer Network). Die Mitglieder des Netzwerks wollen auch herausfinden, ob Solanezumab und andere Anti-Amyloid-Therapien hilfreich sind, wenn Patienten Genmutationen mit Prädisposition für eine frühe Entwicklung von Alzheimer geerbt haben.

Eine Sekundärprävention kann letzten Endes auch bedeuten, alle jenseits der 50 auf Zeichen von β-Amyloid zu testen; allerdings sind die derzeit möglichen Tests entweder teuer, weil jeder Gehirnscan rund 2800 Euro kostet, oder sie erfordern einen invasiven Eingriff wie die Spinalpunktion. Die Forschung hat inzwischen ein Dutzend möglicher Blutmarker beschrieben, von denen sich jedoch noch keiner als besonders interessant hervorgetan habe, so der Neurologe Dennis Selkoe vom Brigham and Women's Hospital in Boston, Massachusetts.

Ein günstiger und einfacher diagnostischer Test auf β-Amyloid könnte vielleicht sogar hinfällig sein, wenn man sich an anderen Therapien orientiert. So wurde einst vorgeschlagen, allen Leuten mit einem gewissen Risiko für eine Herzerkrankung einfach Cholesterinsenker zu verordnen – genauso könnte irgendwann allen Patienten mit einem gewissen Risiko für Alzheimer, auch wenn sie gar nicht positiv getestet sind, einfach ein Anti-Amyloid-Medikament gegeben werden, erklärt Sperling.

Neue Ziele

Genauso wie Cholesterin nicht die einzige Ursache für alle Herzerkrankungen ist, so ist auch β-Amyloid nicht der einzige Driver für die Alzheimerkrankheit. Da gibt es noch das tau-Protein, das bei den meisten Patienten zur neurofibrillären Bündelbildung im Gehirn führt und von einigen Pharmafirmen zur Therapie in Betracht gezogen wird. Andere Pharmafirmen haben sogar schon Medikamentenkandidaten gegen weitere Faktoren parat. Nach β-Amyloid und tau-Protein interessiert sich die Forschung derzeit für das Thema Neuroinflammation, also die Entzündung des Nervengewebes. Laut Ansicht des Neurogenetikers Rudy Tanzi vom Massachusetts General Hospital in Boston bietet sich hier das dritte Standbein in der Behandlung der Alzheimerkrankheit.

Er vergleicht Alzheimer mit einem Waldbrand im Gehirn. Plaques und Tau-Bündel verursachen das initiale Buschfeuer, das durch die begleitende Entzündung weiter angefacht wird. Wenn die Flammen erst einmal toben, reicht es nicht mehr, das anfängliche Buschfeuer zu löschen", sagt Tanzi. Das erklärt auch, warum Anti-Amyloid-Medikamente bei fulminanter Demenz keine Wirkung zeigen. Bei diesen Patienten wäre es vielleicht besser, die Entzündungsaktivität der Immunzellen im Gehirn, der so genannten Mikroglia, einzudämmen. Die Forschung fokussiert sich hier inzwischen auf die zwei Gene CD33 und TREM2, die an der Funktion der Mikroglia beteiligt sind. Tanzi weiß aber auch, dass es "zwei Dutzend anderer interessanter Gene gibt. Vielleicht führt ja eines dieser neuen, noch unerforschten Gene zum entscheidenden Medikament?"

Behandlung ohne Medikamente?

Laut vielen Alzheimerexperten müssten bessere und kostengünstige Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden, die ohne Medikamentenforschung auskommen. An der University of New South Wales in Sydney in Australien untersucht beispielsweise der Psychiater und Spezialist für Geriatrie Henry Brodaty, ob ein internetbasiertes Coachingtool mit Blick auf Ernährung, Sport, kognitives Training und den Gemütszustand das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten kann. "Wir wissen, dass zwei Drittel der Demenzpatienten der ganzen Welt in Entwicklungsländern leben", sagt er. Seiner Meinung nach lassen sich dort Maßnahmen zum Lebensstil besser anwenden als teure Medikamente.

Die Wissenschaftler müssen aber auch über Alzheimer hinausschauen und die vielen anderen Formen von Demenz betrachten. Eine so genannte vaskuläre Demenz entsteht beispielsweise durch Verletzung der Gefäße, die das Gehirn mit Blut versorgen. Klumpen aus dem Protein α-Synuclein sind die Ursache für kognitive Probleme bei Parkinson und Lewy-Körperchen-Demenz. Ablagerungen von tau liegen oft einem Nervenzellverlust zu Grunde, der für die Frontotemporale Demenz verantwortlich ist. Und es gibt noch viele andere Ursachen und Antreiber weiterer, ebenso zerstörerischer Gehirnerkrankungen.

"Wir dürfen all diese anderen Erkrankungen nicht vernachlässigen", warnt der Neurologe Nick Fox vom University College London, insbesondere weil viele doch gemeinsame biologische Grundlagen haben. Wenn wir eine der Krankheiten in den Griff bekommen, könnte das nämlich auch bei der Entwicklung von Behandlungsstrategien für die anderen helfen.

Das größte Hindernis in der Medikamentenentwicklung scheint heute aber eher logistischer als wissenschaftlicher Natur zu sein. So dauern klinische Studien zur Demenz viele Jahre, und die Studienleiter haben oftmals Schwierigkeiten, ausreichend Studienteilnehmer zu finden. "Wir müssen in Zukunft schneller zu Ergebnissen kommen", sagt Marilyn Albert, die Direktorin des Johns Hopkins Alzheimer's Disease Research Center in Baltimore in Maryland.

Eine Möglichkeit wären Studienregister im Vorfeld der Studien zu erstellen. Auf diese Weise ließen sich schon frühzeitig interessierte Teilnehmer akquirieren und die Untersuchungen gleich starten, sobald ein neues Medikament entwickelt ist. "Eigentlich müssten wir die ganze Menschheit mit einbeziehen, um diese Erkrankungen zu besiegen", sagt Aisen.

Das COMPASS-ND-Register mit 1600 Personen wird von dem kanadischen Verbund Canadian Consortium on Neurodegeneration in Aging finanziert. Der Neurologe Serge Gauthier von der McGill University in Montreal ist dort Mitglied und weiß um die Schwierigkeiten, Studienteilnehmer zu finden – und dies obwohl ein Drittel seiner Patienten in der Neurologie an subjektiven Gedächtnisstörungen leiden. Die Patienten können sich keine Namen merken oder haben immer wieder altersbedingte Gedächtnislücken, ohne im Sinne der klinischen Definition als dement zu gelten.

Für Gauthier sind sie die perfekten Kandidaten für ein Vorstudienregister: Sie haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, und sie machen sich Sorgen. Gauthier sucht nun nach weiteren ähnlichen Fällen. Er selbst passt auch zu diesem Profil und ließ sich schon in das von Forschern der University of California in San Francisco geführte Brain Health Registry eintragen, zusammen mit 40 000 anderen Menschen. Er nimmt regelmäßig an kognitiven Tests teil und steht auch für weitere Untersuchungen mit neuen Diagnostiktools und Therapien zur Verfügung. "Das macht richtig Spaß", sagt er.

Sei es freiwillig oder nicht – wir müssen uns mit dem Thema Demenz auseinandersetzen, nicht zuletzt, weil schon in ein paar Jahrzehnten wohl jeder von uns einen Freund oder lieben Menschen kennt, der davon betroffen ist. Die Alarmglocken sind schon deutlich zu hören, und wir sollten etwas tun, sagt Robert Egge, der bei der Alzheimer's Association in Chicago in Illinois für öffentliche Angelegenheiten verantwortlich ist. "Unser Ziel ist klar", sagt er. "Die Frage ist doch, ob wir es schnell genug erreichen."

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