Ethik: Wiederholte Verbrechen scheinen weniger verwerflich
Daniel Effron von der London Business School hat herausgefunden, dass wir ein und dasselbe Vergehen weniger streng beurteilen, wenn wir ihm wiederholt begegnen. Der Psychologe nennt das Phänomen den »moral repetition effect« (also in etwa: moralischer Wiederholungseffekt). In den Experimenten zeigte der Forscher mehr als 3000 Versuchspersonen fiktive oder reale Zeitungsüberschriften und andere Beschreibungen von unmoralischem Verhalten (zum Beispiel: »Flugbegleiter ohrfeigt sieben Monate altes Baby, weil es während des Flugs geweint hat«). Bekamen die Probanden eine solche Darstellung mehrmals zu Gesicht, so fanden sie diese anschließend weniger verwerflich als Verstöße, von denen sie nur einmal lasen.
Um zu überprüfen, welche Rolle Gefühle beim moralischen Wiederholungseffekt spielen, sollten Versuchspersonen in einem weiteren Versuch ihre emotionale Reaktion auf das Gelesene angeben. Auch diese ließ mit der Wiederholung der Beispiele nach. Die einsetzende Gefühlstaubheit schwäche unsere moralische Bewertung, so Effron. Sollten die Teilnehmer ihre Gefühle nämlich außer Acht lassen und nur auf Basis der Vernunft antworten, bewerteten sie häufiger Gelesenes nicht als weniger schlimm.
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