News: Wimmernd und unwiderstehlich
Machen Kinder-Krokodilstränen Frauen zu hilflosen Erpressungsopfern und lassen Männer gänzlich unberührt - oder ist dies nur Klischee? Und macht eigene Elternerfahrung vielleicht nachsichtiger?
Heulender Nachtwind, zum Glück jenseits der eisblumengeschmückten Fensterscheibe, man selbst unter weichen Lagen kuscheliger Bettdecken. Der elektronische Wecker blinkt erst "4:29" – Zeit genug, um sich vor unausweichlichem Windschutzscheiben-Kratzen oder Haltestellen-Herumgefriere noch einmal gemütlich in die Bettwärme zu kuscheln und die kalte Schlafzimmer-Außenwelt auszusperren. Genau jetzt: Der Augenblick ist gekommen für forderndes Babygewimmer aus dem Kinderbett nebenan. Und die Zeit für klassische Reaktionen. Bist nicht Du dran, Schatz? Verdammt ...
Trotz des Fluchs: Fast alle Eltern in dieser Situation würde es mehr quälen, nicht nach dem Wohl ihres Babys zu sehen, als sich aus dem Bett zu schleppen – irgendetwas kaum Ignorierbares scheint das Jammern eines Kleinkindes im Gehirn des Menschen auszulösen. Genaueres darüber wollten nun Erich Seifritz und seine Kollegen von der Universität Basel herausfinden: Sie untersuchten, welche Reaktion im Gehirn von Männern und Frauen, Eltern und Kinderlosen auf das Hören von Babygeräuschen folgt.
Zu diesem Zweck spielten sie 40 menschlichen Probanden standardisierte Audioaufzeichnungen von Kleinkindergeräuschen vor – einem glucksenden Lachen sowie einem hilflosen Wimmern –, und zeichneten dabei mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) die Gehirnaktivität der Testpersonen auf.
Lachen und Weinen ließ dabei zumindest eine Hälfte des Testfeldes alles andere als kalt: die Frauen. Sie versetzte Babylachen und -weinen vom Band in eine Art inneren Alarmzustand, bei dem Abschnitte ihres präfrontalen Cortex deaktiviert wurden. Diese Region fungiert im Normalfall als Reizfiltersystem, mit dem die vermeintlich unwichtigeren der ständig auf uns einströmenden Umweltsignale ausgeblendet werden können – machen sich Babys akustisch bemerkbar, so werden für Frauen offenbar alle Signale zunächst einmal wichtiger.
Für Männer gelte dies eindeutig nicht, so die Forscher: ihr präfrontal Cortex bleibt eher ungerührt gegenüber Jammern und Glucksen – und dies unabhängig davon, ob es sich bei den getesteten Männer um eingefleischte und kinderlose Junggesellen oder eigentlich liebevolle Papas handelte.
Elterliche Erfahrung machte sich dagegen im Versuch in einem anderen Hirnbereich umso deutlicher bemerkbar. Die Amygdala, das mandelförmige Emotionszentrum des Gehirns, und daran angrenzende limbische Gehirnareale wurden bei Eltern beiderlei Geschlechts stark durch das Weinen von Babys aktiviert. Die gleichen Hirnareale von kinderlosen Probanden reagierten dagegen vielmehr auf lachende Babygeräusche.
Seifritz und seine Kollegen ziehen aus ihren Beobachtungen mehrere Schlüsse: Generell sei die Reaktion auf Babygeräusche Frauen, nicht aber Männern, wohl angeboren und fest in deren präfrontalen Cortices verdrahtet. Für Menschen mit Elternerfahrung ist zudem das Weinen des Nachwuchses deutlich alarmierend – Mama wie Papa reagieren darauf prompt und automatisch. Diese Reaktion aber ist eindeutig nicht genetisch festgelegt, sondern erst erlernt, nachdem einmal eigener Nachwuchs zu versorgen war. Kinderlose Frauen und Männer fühlen sich indes vom Lachen eines Kleinkindes zwar meist emotional berührt – denn die Angst fürsorglicher Eltern plagt ja nun einmal nicht von eigener Geburt an.
Eine effiziente und an biologischen Erfordernissen ökonomisch orientierte Reaktion des menschlichen Gehirns also auf Lautäußerungen des Nachwuchses; und eine emotionale Investition, die sich im Laufe der menschlichen Evolution wohl in einer vermehrten Lebenserwartung des Nachwuchses lohnend niederschlug. Sicherlich zudem eine Investition, die Eltern auch jenseits evolutionärer Bilanzen Gewinn zu bringen scheint – ablesbar etwa im abwesenden Lächeln vieler Eltern, die gerade an ihr um 5:12 wieder sanft eingeschlafenes Kind unter den weichen Lagen kuscheliger Babydecken denken. In solchen verträumten Augenblicken ist offenbar selbst beim Windschutzscheiben-Kratzen oder Haltestellen-Herumgefriere nie jemandem wirklich kalt. Ein wirklich schönes Geschenk unseres Gehirns.
Trotz des Fluchs: Fast alle Eltern in dieser Situation würde es mehr quälen, nicht nach dem Wohl ihres Babys zu sehen, als sich aus dem Bett zu schleppen – irgendetwas kaum Ignorierbares scheint das Jammern eines Kleinkindes im Gehirn des Menschen auszulösen. Genaueres darüber wollten nun Erich Seifritz und seine Kollegen von der Universität Basel herausfinden: Sie untersuchten, welche Reaktion im Gehirn von Männern und Frauen, Eltern und Kinderlosen auf das Hören von Babygeräuschen folgt.
Zu diesem Zweck spielten sie 40 menschlichen Probanden standardisierte Audioaufzeichnungen von Kleinkindergeräuschen vor – einem glucksenden Lachen sowie einem hilflosen Wimmern –, und zeichneten dabei mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) die Gehirnaktivität der Testpersonen auf.
Lachen und Weinen ließ dabei zumindest eine Hälfte des Testfeldes alles andere als kalt: die Frauen. Sie versetzte Babylachen und -weinen vom Band in eine Art inneren Alarmzustand, bei dem Abschnitte ihres präfrontalen Cortex deaktiviert wurden. Diese Region fungiert im Normalfall als Reizfiltersystem, mit dem die vermeintlich unwichtigeren der ständig auf uns einströmenden Umweltsignale ausgeblendet werden können – machen sich Babys akustisch bemerkbar, so werden für Frauen offenbar alle Signale zunächst einmal wichtiger.
Für Männer gelte dies eindeutig nicht, so die Forscher: ihr präfrontal Cortex bleibt eher ungerührt gegenüber Jammern und Glucksen – und dies unabhängig davon, ob es sich bei den getesteten Männer um eingefleischte und kinderlose Junggesellen oder eigentlich liebevolle Papas handelte.
Elterliche Erfahrung machte sich dagegen im Versuch in einem anderen Hirnbereich umso deutlicher bemerkbar. Die Amygdala, das mandelförmige Emotionszentrum des Gehirns, und daran angrenzende limbische Gehirnareale wurden bei Eltern beiderlei Geschlechts stark durch das Weinen von Babys aktiviert. Die gleichen Hirnareale von kinderlosen Probanden reagierten dagegen vielmehr auf lachende Babygeräusche.
Seifritz und seine Kollegen ziehen aus ihren Beobachtungen mehrere Schlüsse: Generell sei die Reaktion auf Babygeräusche Frauen, nicht aber Männern, wohl angeboren und fest in deren präfrontalen Cortices verdrahtet. Für Menschen mit Elternerfahrung ist zudem das Weinen des Nachwuchses deutlich alarmierend – Mama wie Papa reagieren darauf prompt und automatisch. Diese Reaktion aber ist eindeutig nicht genetisch festgelegt, sondern erst erlernt, nachdem einmal eigener Nachwuchs zu versorgen war. Kinderlose Frauen und Männer fühlen sich indes vom Lachen eines Kleinkindes zwar meist emotional berührt – denn die Angst fürsorglicher Eltern plagt ja nun einmal nicht von eigener Geburt an.
Eine effiziente und an biologischen Erfordernissen ökonomisch orientierte Reaktion des menschlichen Gehirns also auf Lautäußerungen des Nachwuchses; und eine emotionale Investition, die sich im Laufe der menschlichen Evolution wohl in einer vermehrten Lebenserwartung des Nachwuchses lohnend niederschlug. Sicherlich zudem eine Investition, die Eltern auch jenseits evolutionärer Bilanzen Gewinn zu bringen scheint – ablesbar etwa im abwesenden Lächeln vieler Eltern, die gerade an ihr um 5:12 wieder sanft eingeschlafenes Kind unter den weichen Lagen kuscheliger Babydecken denken. In solchen verträumten Augenblicken ist offenbar selbst beim Windschutzscheiben-Kratzen oder Haltestellen-Herumgefriere nie jemandem wirklich kalt. Ein wirklich schönes Geschenk unseres Gehirns.
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