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Extreme Orte: Viel Wind um Braune Zwerge

Wie stürmisch geht es auf Gasplaneten und Braunen Zwergsternen zu? Diese Frage können Astronomen nun mit einer neuen Methode beantworten.
Ein Brauner Zwerg und sein Magnetfeld

Braune Zwerge sind zu leicht, als dass es bei ihnen zur Produktion von Sonnenschein reicht. Dafür liefern diese gescheiterten Sterne andere spektakuläre Wetterphänomene: Denn in ihren Atmosphären kann es ziemlich windig werden – wie stürmisch genau, hat nun ein Forscherteam um Katelyn Allers von der US-amerikanischen Bucknell University bestimmt. In »Science« veröffentlichten sie ihre Ergebnisse zum Braunen Zwerg 2MASS J1047+21: Mit 2340 Kilometer pro Stunde oder umgerechnet Windstärke 85 bläst es in der Hülle des Zwergsterns.

Bei der Messung griffen die Astronomen auf eine Methode zurück, die sich beim Jupiter bewährt hatte: Seine Wolken reflektieren unterschiedlich stark das einfallende Sonnenlicht. Mit Drehung um die eigene Achse wandert ein charakteristisches Reflexionsmuster der Wolken mit und wiederholt sich periodisch bei jeder Umdrehung. Diese Veränderung verrät also, wie schnell die Atmosphäre rotiert. Wenn die Astronomen auch die Röntgenemission des Planeten betrachten, dann offenbart sie gleichzeitig die Drehgeschwindigkeit in seinem Inneren. Denn Jupiters Röntgenstrahlung entstammt seinem Magnetfeld, das 7000 Kilometer unter der äußersten Gasschicht liegt. Ein Vergleich der beiden Werte zeigt: Am Außenrand benötigt Jupiter für eine Umdrehung etwa fünf Minuten weniger als weit darunter. Davon unabhängige Messungen der Windgeschwindigkeit mit der Raumsonde Juno beweisen, dass dieser Geschwindigkeitsvorsprung der Atmosphäre an stürmischen Böen hängt.

Wenn ein solches Verfahren bei Jupiter funktioniert, dachten sich nun Allers und ihre Kollegen, dann könnten sie es ebenso bei Braunen Zwergen klappen, deren Winde den Strömungen auf Gasriesen sehr ähneln. Astronomen messen häufig die Rotationsperioden im Radiobereich. Ein Vergleich der Beobachtungen mit Modellen bestätigt, dass auch bei Braunen Zwergen das Magnetfeld im Inneren dahinter steckt. Infrarotmessungen gestatten es, ihre Rotationsperiode auf die Minute genau zu bestimmen. Also pickten die Forscher sich zwei Kandidaten heraus, die sie mit den Infrarotinstrumenten des Weltraumteleskops Spitzer und mit dem Radioteleskop Very Large Array in New Mexico anvisierten. Nur einer von beiden wies wie erwartet einen periodischen Helligkeitseinbruch auf.

2MASS J1047+21 liegt ungefähr 35 Lichtjahre von uns entfernt. Das Zwitterobjekt zwischen Planet und Stern hat etwa die Größe von Jupiter, allerdings die vielfache Masse, und ist mit zirka 630 Grad Celsius für einen Braunen Zwerg kühler als gewöhnlich. Dafür ist er schnell: Nur eine Stunde, 44 Minuten und 28 Sekunden benötigt seine Atmosphäre, um sich einmal um sich selbst zu drehen, wie die Forscher nun mit einer Genauigkeit von 25 Sekunden bestimmten. Unter der Oberfläche dauerte es allerdings rund ein bis zwei Minuten etwas länger. Umgerechnet ergibt sich so eine Windgeschwindigkeit von 2340 Kilometern pro Stunde – auf Grund der hohen Unsicherheiten jedoch plus/minus der Hälfte dieses Werts.

So wirklich sicher sagt uns das nur: Auf diesem Braunen Zwerg herrscht Westwind, und zwar ein ziemlich stürmischer. Trotzdem sind Allers und ihr Team zuversichtlich, dass ihre Methode eines Tages auch zur Messung der Winde auf Exoplaneten taugt. Das ist mit anderen Verfahren schon heute möglich, nämlich mittels Dopplereffekt: Während ein Gasriese vor seinem Heimatstern vorüberzieht und dessen Licht durch die Planetenatmosphäre scheint, zeigen sich Absorptionslinien im Spektrum, die je nach Windgeschwindigkeit durch den Dopplereffekt verschoben werden. Diese Methode funktioniert nur bei schweren Planeten, die ihrem Stern sehr nahe sind, so dass die fortwährende Einwirkung von Gezeitenkräften die Eigendrehung des Planeten mit seinem Umlauf synchronisiert hat. Die Folge: Der Planet wendet seinem Stern immer dieselbe Seite zu, der Wind lässt sich unabhängig von Rotationseffekten betrachten. Das neue Verfahren ist auf ein weiteres Feld von Objekten anwendbar – bei der jetzigen Genauigkeit sind verlässliche Werte aber eher Zukunftsmusik.

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