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CRISPR-Cas: Wird die Ananaskirsche zur neuen Erdbeere?

Wenige Mutationen schufen die Zuchttomate, wie wir sie kennen. Mit CRISPR-Gentechnik könnte das auch bei einer nahen Verwandten funktionieren: der süßen Ananaskirsche.
Ananaskirsche

Die Ananaskirsche (Physalis pruinosa) ist auch hier zu Lande bei Kleingärtnern beliebt, sie schmeckt süß und exotisch, wächst aber auch im mitteleuropäischen Klima. Für den Einsatz in der Landwirtschaft ist sie allerdings eher ungeeignet. Zu klein sind die Früchte, zu gering der Ertrag, zudem fallen die Früchte teils sogar noch unreif zu Boden. Damit ähnelt sie der nah verwandten Tomate – beide sind Nachtschattengewächse – vor ihrer Domestikation.

Kann man aus der Tomatenzucht Lehren für die Ananaskirsche ziehen? Das fragten sich Wissenschaftler um Joyce Van Eck vom Boyce Thompson Institute in Ithaca, Bundesstaat New York – und beantworten diese Frage für ihre Publikation in »Nature Plants« mit einem eindeutigen Ja. Indem man die Genveränderungen in der Tomate, die den herangezüchteten Eigenschaften zu Grunde liegen, in der Physalis-Art technisch nachbaut, erhalte man innerhalb kürzester Zeit eine Art domestizierte Frucht, die im Großmaßstab angebaut werden könne.

Konkret studierten die Forscher Gene und Regulationsmechanismen, die über das Blattwachstum der Pflanze entscheiden. Die Ananaskirsche sollte so daran gehindert werden, übermäßig Blätter auf Kosten von Früchten auszubilden. Mit Hilfe der zielgenauen CRISPR-Cas-Genmanipulationsmethode führten sie dazu Mutationen ein, die in analoger Weise der Tomate einst die entsprechende Wachstumsneigung genommen hatten – damals allerdings durch viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte der Zucht. In gleicher Weise verfuhren sie mit den Genen für andere wünschenswerte Eigenschaften, wie Fruchtgröße und -anzahl.

Die Hoffnung des Wissenschaftlerteams ist, dass die Ananaskirsche oder andere Physalis-Arten, wie die Andenbeere (Physalis peruviana), als »fünfte Beere« einen Platz an der Seite von Erd-, Him-, Brom- und Blaubeere einnehmen, die sich für die großtechnische Landwirtschaft eignen. Aber auch ganz allgemein betrachtet dürfte das von ihnen verfolgte Verfahren dabei helfen, mehr neue Nutzpflanzen hervorzubringen. Die meisten genutzten Arten sind durch extrem langwierige Zucht entstanden. Sollte eine davon wegfallen, könnten leicht Lücken entstehen, die schwer zu füllen wären.

Erst die Entwicklung der CRISPR-Cas-Technologie hat solche Eingriffe möglich gemacht. Sie erlaubt eine schnelle und vergleichsweise präzise Veränderung des genetischen Materials. Allerdings wurden damit erzeugte Pflanzen im Juli 2018 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs den herkömmlich erzeugten genetisch modifizierten Organismen rechtlich gleichgestellt. Dies bedeutet unter anderem, dass sie ein aufwändiges und teures Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. Kritikern zufolge macht es das Urteil vor allem kleinen finanzschwachen Firmen und Labors unmöglich, ihre mit CRISPR-Cas erzeugten Nutzpflanzen auf den Markt zu bringen.

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