Agrarwirtschaft und Konsum: Wird die Hälfte aller Lebensmittel verschwendet?
Die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie arbeitet ineffizient, und zu viele Lebensmittel werden vom Konsumenten verschwendet. Beide Erkenntnisse sind nicht neu – und trotzdem ist es schwer, den tatsächlichen Verlust von Nahrungsmitteln auf dem Weg vom Saatgut bis zum Magen oder Mülleimer in verlässlichen Zahlen nachzuvollziehen. Das belegt auch eine aktuelle Studie eines internationalen Forscherteams. Demnach kommen rund 44 Prozent der angebauten Agrarprodukte nie beim Konsumenten an, 6 Prozent werden verspeist – und um die 20 Prozent gehen verloren, weil einige deutlich mehr essen als nötig und fast jeder zu viele Lebensmittel wegwirft.
Es kommt allerdings auch darauf an, was gemessen wird, so die Forscher: Die Verlustrate kann sich auf das Trockengewicht von ausgewachsenen Anbauprodukten, auf das Nassgewicht sowie auf den Energie- oder Proteingehalt beziehen, was zum Teil wesentliche Unterschiede macht. Die größten Einbußen an Agrarbiomasse fallen dennoch eindeutig und nach jedem Berechnungsmodell während der wenig effizienten landwirtschaftlichen Produktionsprozesse an. Das gelte vor allem in der Viehwirtschaft mit fast 80 Prozent Trockenbiomasse-Verlust, aber auch beim Anbau von Nutzpflanzen: Hier verschwinden 44 Prozent der Biomasse schon, bevor sie verkauft werden könnten. Die Forscher beziehen sich bei ihren Berechnungen im Wesentlichen auf Daten der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO. Dieser zufolge gehen in absoluten Zahlen jährlich rund 2,1 Milliarden Tonnen produzierter Biomasse ungenutzt verloren.
Auch Lebensmittelverschwendung – also das Wegwerfen von Nahrung durch Konsumenten – spielt eine wichtige Rolle. Rechnerisch mindestens ebenso viel eingesetzte Biomasse wird aber deshalb nicht sinnvoll genutzt, weil viele Menschen mehr Nahrung zu sich nehmen, als sie eigentlich brauchen, so die Wissenschaftler. Wenn dieser Faktor mit in die Berechnung einfließt, gehen unter dem Strich rund 50 Prozent an Trockenmasse und Energie verloren. Gerade der letzte Faktor werde zu selten beachtet, wenn das Problem der Lebensmittelverschwendung in öffentlichen Kampagnen thematisiert wird.
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