Schwarze Löcher: WISE entdeckt 200 Blazare
Der inzwischen stillgelegte Infrarotsatellit WISE der US-Raumfahrtbehörde NASA ermöglicht auch nach seinem Abschalten weiterhin Entdeckungen. Astronomen nutzten die Daten nun, um nach den Spuren eines der energiereichsten Phänomene im Universum zu fahnden. Sie waren erfolgreich: Rund 200 zuvor unbekannte so genannte Blazare entdeckten die Forscher nun in den Himmelsaufnahmen der WISE-Mission.
Blazare entstehen, wenn Materie auf ein extrem massereiches Schwarzes Loch im Zentrum einer fernen Galaxie strömt. Dabei bildet sich eine flache Scheibe um das zentrale Schwarze Loch, in der das Gas auf mehrere Millionen Grad Celsius erhitzt wird. Ein Teil der Materie wird in einem engen Strahl, einem so genannten Jet, senkrecht zur Scheibe ausgestoßen. Die Teilchen aus dem Gas werden dabei nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Zeigt der schmale Jet nun in Richtung Erde, ist das Schwarze Loch als so genannter Blazar sichtbar. Der Begriff ist dem Englischen entlehnt, wo er eine Kontraktion aus "blazing quasi-stellar object", also "flackerndes sternartiges Objekt" ist. Die Helligkeit von Blazaren kann im Verlauf von Stunden oder Wochen variieren, ein Zeichen des wechselnden Gasstroms auf das Schwarze Loch.
Blazare sind vergleichsweise selten zu beobachten, denn nur in den wenigsten Fällen zeigt der schmale Jet des Schwarzen Lochs in Richtung der Erde. Francesco Massaro vom Kavli-Institut für Astroteilchenphysik und Kosmologie kam daher mit seinen Kollegen auf die Idee, im gewaltigen Himmelskatalog der WISE-Mission nach Blazaren zu suchen. WISE hatte den Himmel im Jahr 2010 in vier Infrarotwellenlängen kartiert (wir berichteten) und einen Katalog mit rund 560 Millionen Himmelsobjekten erstellt. Bereits im April 2011 war ein Teilkatalog veröffentlicht worden, der etwas mehr als eine Hälfte des Himmels abdeckte. Diese Daten durchsuchten die Wissenschaftler nach Blazaren.
Infrarotteleskope werden meist verwendet, um besonders kühle Objekte im Universum zu untersuchen; doch Massaro und seine Kollegen zeigten, dass auch die extrem heißen Blazare charakteristische Signaturen in den Infrarotdaten von WISE hinterlassen. Die neue Methode der Astronomen funktionierte: Sie beobacheten mer als 1000 bereits bekannte Blazare und identifizierten rund 150 neue sowie 50 weitere Kandidatenobjekte.
Die Astronomen nutzten dabei auch die Beobachtungen des Gamma-Satelliten Fermi der NASA. Die heißen Blazare strahlen ihre Energie auch in energiereichen Gammaphotonen ab. Fermi hat hunderte von Gammaquellen am Himmel identifiziert, doch in vielen Fällen ist die Natur dieser Objekte noch unbekannt. Das Forscherteam um Massaro suchte nach den Infrarotspuren von Blazaren an den Himmelspositionen von 300 dieser Gammaquellen. In rund der Hälfte der Fälle konnten die Wissenschaftler einen Blazar identifizieren. "Der Infrarotblick von WISE hilft uns so, die Vorgänge am Gammastrahlen-Himmel zu verstehen", sagt Raffaele D'Abrusco, einer der an der Untersuchung beteiligten Astronomen.
Die Wissenschaftler planen bereits ihre nächsten Schritte. Sie wollen ihre neue Methode auf den im März 2012 veröffentlichten vollständigen WISE-Katalog anzuwenden. Die Astronomen sind sich sicher, dass sie damit tausende weiterer Blazare entdecken können.
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