Hirnforschung: Wo Hirne "rot" sehen
Wem die Namen für Farben fehlen, hat offenbar eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Denn erst wenn Kinder lernen, Farben zu benennen, baut ihre linke Gehirnhälfte das bunte Kategoriensystem der Erwachsenen auf.
"Linguistisches: links!" heißt, auf Eselsbrückenform getrimmt, eine ebenso zentrale wie altbekannte Erkenntnis der Neurowissenschaften: Sprache wird – zumindest bei den meisten Menschen – vornehmlich mit der linken Gehirnhälfte verarbeitet. Doch damit nicht genug, glauben etwa Forscher um den Linguisten Paul Kay von der Universität von Kalifornien in Berkeley: Der Umgang mit dem gesprochenen Wort dominiere auch gleich noch eine Anzahl weiterer Vorgänge in dieser Hemisphäre.
Zum Beispiel die Farbwahrnehmung: Wenn das Kind die verschiedenen Ausdrücke für Farben lerne, führe in der linken Hemisphäre ab sofort der Wortschatz das Szepter, meint Kay. Die Fähigkeit dieser Hirnhälfte, Farben zu unterscheiden, werde regelrecht umgekrempelt und auf Begriffe wie "blau", "grün" oder "violett" kalibriert.
Da jede Hälfte des Gesichtsfelds in der gegenüberliegenden Hirnhemisphäre verarbeitet wird und einige Zeit vergeht, bis sich die Signale über das gesamte Denkorgan ausbreiten, ist die erste Reaktion ausschließlich von dieser Region bestimmt. Gemessen wurde, wie schnell die Versuchsteilnehmer den Blick auf den Farbtupfer fixierten.
Wie erwartet tat sich die linke Hemisphäre deutlich schwerer damit, etwa einen "dunkelblauen" Farbklecks auf einem "hellblauen" Hintergrund auszumachen, als einen "grünen" auf einem "blauen". Auf der rechten Seite des Probandengehirns war der Effekt deutlich schwächer ausgeprägt.
Die Unterscheidung zwischen "blau" und "grün" könnte aber lediglich auf eine sprachlich vermittelte und damit willkürliche Einteilung des eigentlich kontinuierlichen Farbspektrums beruhen. Mit anderen Worten: Der Wortschatz prägt das Farbempfinden. Wie schnitten nun die ebenfalls getesteten Kleinkinder ab, die mit ihrem Alter von vier bis sechs Monaten begreiflicherweise noch nicht sprechen können?
Zwar ließ sich auch bei den Kleinen ein ähnlicher Effekt aufweisen, allerdings beschränkte er sich auf die ohnehin sprachlose rechte Hemisphäre. Auf der linken Seite war von einem Farbnamen-Effekt keine Spur. Die Ergebnisse bestätigten demnach Kays Vermutung: Der Spracherwerb überprägt nicht eine bereits angeborene linkshemisphärische Kategorisierung, wie einige Forscher meinten, sondern strukturiert stattdessen die linke Hälfte des Denkapparats komplett neu.
Was genau die beobachteten rechtshemisphärischen Wahrnehmungseffekte im Kindesalter bewirkt, bleibt unklar. Möglicherweise entstehen sie durch allgemeine physiologische Organisationsprinzipien, vermuten die Forscher. Dann blieben lediglich die Abstufungen selbst übrig: grün, blau, violett und rosa.
Zum Beispiel die Farbwahrnehmung: Wenn das Kind die verschiedenen Ausdrücke für Farben lerne, führe in der linken Hemisphäre ab sofort der Wortschatz das Szepter, meint Kay. Die Fähigkeit dieser Hirnhälfte, Farben zu unterscheiden, werde regelrecht umgekrempelt und auf Begriffe wie "blau", "grün" oder "violett" kalibriert.
Zunächst ließen sich die Forscher an Erwachsenen das schon länger bekannte Phänomen der kategorialen Farbwahrnehmung bestätigen: In einem Experiment pickten er und sein Team jeweils zwei Farben mit festem Abstand auf einer Farbskala heraus. Eine diente als Hintergrund, die andere wurde als Farbtupfer in der rechten oder linken Hälfte des Gesichtsfelds präsentiert – ein Trick, der die Verarbeitung jeweils entweder der linken oder der rechten Gehirnhälfte zuschob.
Da jede Hälfte des Gesichtsfelds in der gegenüberliegenden Hirnhemisphäre verarbeitet wird und einige Zeit vergeht, bis sich die Signale über das gesamte Denkorgan ausbreiten, ist die erste Reaktion ausschließlich von dieser Region bestimmt. Gemessen wurde, wie schnell die Versuchsteilnehmer den Blick auf den Farbtupfer fixierten.
Wie erwartet tat sich die linke Hemisphäre deutlich schwerer damit, etwa einen "dunkelblauen" Farbklecks auf einem "hellblauen" Hintergrund auszumachen, als einen "grünen" auf einem "blauen". Auf der rechten Seite des Probandengehirns war der Effekt deutlich schwächer ausgeprägt.
Die Unterscheidung zwischen "blau" und "grün" könnte aber lediglich auf eine sprachlich vermittelte und damit willkürliche Einteilung des eigentlich kontinuierlichen Farbspektrums beruhen. Mit anderen Worten: Der Wortschatz prägt das Farbempfinden. Wie schnitten nun die ebenfalls getesteten Kleinkinder ab, die mit ihrem Alter von vier bis sechs Monaten begreiflicherweise noch nicht sprechen können?
Zwar ließ sich auch bei den Kleinen ein ähnlicher Effekt aufweisen, allerdings beschränkte er sich auf die ohnehin sprachlose rechte Hemisphäre. Auf der linken Seite war von einem Farbnamen-Effekt keine Spur. Die Ergebnisse bestätigten demnach Kays Vermutung: Der Spracherwerb überprägt nicht eine bereits angeborene linkshemisphärische Kategorisierung, wie einige Forscher meinten, sondern strukturiert stattdessen die linke Hälfte des Denkapparats komplett neu.
Was genau die beobachteten rechtshemisphärischen Wahrnehmungseffekte im Kindesalter bewirkt, bleibt unklar. Möglicherweise entstehen sie durch allgemeine physiologische Organisationsprinzipien, vermuten die Forscher. Dann blieben lediglich die Abstufungen selbst übrig: grün, blau, violett und rosa.
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