Planetenforschung: Wo sind all die großen Krater hin?
Die Oberfläche des Zwergplaneten Ceres ist ein Rätsel. Nicht nur, dass es dort merkwürdige helle Flecken gibt, für die Wissenschaftler noch keine abschließende Erklärung gefunden haben. Auch ist sein Antlitz nur von relativ kleinen Einschlagkratern versehrt. Das zeigen Aufnahmen der NASA-Sonde Dawn. Diese war zuvor in eine Umlaufbahn um den Asteroiden Vesta eingeschwenkt – und hatte dort eine wesentlich zerklüftetere Oberfläche vorgefunden. Forscher um Simone Marchi vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado, stellen nun eine Studie vor, die mittels Computersimulationen das Fehlen der Krater ergründet hat. Innere vulkanische und topografische Prozesse könnten laut dieser die Größten der Krater unkenntlich gemacht haben.
Denn auf den Dawn-Aufnahmen zeigt sich: Keiner der Krater auf Ceres durchmisst mehr als 285 Kilometer. Es müsste während der 4,5 Milliarden Jahre, die Ceres schon im Asteroidengürtel unterwegs ist, aber einige schwerere Einschläge gegeben haben, die mächtigere Krater aufgerissen haben. Die Simulationen von Marchi und Kollegen ergaben, dass man auf dem Himmelskörper 10 bis 15 Krater mit mehr als 400 Kilometer Durchmesser finden müsste und mindestens 40 Krater, die größer als 100 Kilometer sind. Tatsächlich gibt es keinen einzigen Schaden der größeren Klasse. Von der kleineren sind es nur 16 Stück.
Allerdings finden sich auf Ceres drei große Senken mit jeweils etwa 800 Kilometer Durchmesser. In ihnen gibt es kleinere Krater, die offensichtlich jüngeren Datums sind. Diese Vertiefungen könnten Überbleibsel der fehlenden alten, großen Krater sein. Bleibt die Frage, was sie so flach gemacht hat, dass man sie heute kaum noch erkennt. Die Antwort von Marchi und Co.: Drei Mechanismen könnten Ceres' Erscheinungsbild erklären.
Erstens wusste man schon bevor Dawn einen Blick aus der Nähe riskierte, dass die Oberfläche des Zwergplaneten nicht nur felsig ist, sondern zu einem guten Teil aus Eis besteht. Eine so zusammengesetzte Kruste kann sich nach einem Einschlag schneller wieder entspannen, insbesondere wenn das Eis auch Salze enthält, worauf es bei Ceres starke Hinweise gibt. Zweitens sehen die Forscher eine innere Erwärmung auf Grund radioaktiver Zerfallsprozesse am Werk, die die Krater aufgeweicht haben könnte. Drittens deuten die mysteriösen weißen Flecken auf einen "Kryovulkanismus" hin, eine kalte Form des Phänomens, bei der geschmolzenes, womöglich salzhaltiges Eis an die Oberfläche gelangt und sie so formt. "Ceres verrät die Antworten auf ihre vielen Geheimnisse nur langsam", sagt David Williams von der Arizona State University, der an der Forschung beteiligt war. 2018 wird der Zwergplanet seinen sonnennächsten Punkt erreichen. Die Forscher hoffen, dass sich dabei auch etwas an der Oberfläche tut und sie so weitere Hinweise erhalten.
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