Kommunikation: Wo soll's hingehen, Fremder?
Auf der Suche nach Information über die Umgebung bietet es sich für gesellige Fische an, mehr als nur einer Quelle zu vertrauen. Dabei kann durchaus auch einmal die Expertise von andersartigen, aber mit gleichen Vorlieben ausgestatteten Organismen eingezogen werden.
BRRRRRUUUUUUUSCH!!schhhhhtschtschtsch. Pause. BRRRRRUUUUUUUUSCH!!schhhhhtschtschtschplitschpitsch. Pause. BRRRRRUUUUUUSCH. Und so weiter. Jahrhundertelang. Wir befinden uns unter Wasser, an den Klippen, in der Brandungszone des Meeres und hören den Wellen bei dem zu, was sie hier immer machen – also an den Fels klatschen und ablaufen. Und wir müssen verdammt aufpassen, dabei nicht selbst vom nächsten Brecher an die Klippen geworfen zu werden. Wer hier lebt, darf die Orientierung nicht verlieren und sollte stets beweglich bleiben.
Kein Problem offenbar für den Schwarm Fische, der gerade wellenbewegt vorbeiflitzt. Sie sind gemeinsam stark: In der Gruppe minimieren sie die Gefahr des Einzelnen, vom Wege abzukommen oder als Fischfutter zu enden. Ein Schwarm, der sich einmal gebildet hat, wird deshalb zunächst immer ein wenig größer und größer – man rottet sich gesellig zusammen. Dabei erkennen anschlusswillige Solitärfische aufnahmewillige Schwärme sogar halbblind am Geruch – kaum etwas funktioniert schließlich zuverlässiger im schummrigen Lösungsmittel Meer als chemische Kommunikation per verdünnter Signalmolekülcocktails.
Schwärme bieten ihren Mitgliedern aber noch mehr als Schutz – sie offerieren eine kollektiv zusammengetragene Datensammlung der Umgebung, die man nicht mühsam und gefahrenvoll ganz alleine zusammenstellen musste. Zwar bremst das Stille-Post-Prinzip, denn nicht immer kann jeder Information etwa über die Navigations-Eckpunkte der Umgebung, die ein Dritter von einem Vierten übernommen hat, blind vertraut werden – energetisch aber macht es oft Sinn, schlicht unhinterfragend in der Fischherde mitzupaddeln.
Viele Sensoren sehen mehr
Dumm nur für einen Schwarm, wenn das ständig alle täten. Und so schaltet ein Schwarmfisch nie alle Sensoren völlig ab – er verlässt sich nur eben zusätzlich auf Signale, die die Mitschwimmer abgeben, gibt selber welche ab und schafft so schließlich einen ganz typischen Schwarmsignalcocktail, an dem sich alle Mitglieder wiedererkennen, partizipieren und sich heimisch fühlen. Kodiert ist in diesem Stallgeruch bei ortstreuen Arten nicht nur das "Wer sind wir", sondern auch das "Wo sind wir" – der Duft der Schwarmheimat also, jenem Mikrohabitat der Wahl, das sich dem Kenner durch ein komplexes Reizbukett verrät. Es setzt sich aus Signalen zusammen wie den Ausdünstungen schutzversprechender Pflanzen, typischen Beimengungen der Mikroströmung aus dem östlichen Felsloch oder dem vergleichsweise niedrigen Salzgehalt, der sich aus dem von oben ins Meer strömenden Bachrinnsal erklärt.
Und, so waren Mike Webster von der Universität Leicester und seine Kollegen sicher, aus vielem mehr – prinzipiell könnte alles zum verräterischen geruchlichen Erkennungsreiz werden, den dann die aufmerksamen Schwarmgenossen annehmen und ihren Mitschwimmern weitergeben. Wenn aber nun Fische ihre Heimat am heimeligen Geruch ihrer Artgenossen erkennen, dachten sich Webster und Co – warum sollten sie dann vor der Expertise anderer Organismen haltmachen, die sich ebenfalls bevorzugt im selben Habitat aufhalten?
Schwarmfische, so ihre Hypothese, folgen beim Navigieren in vertrauten Gewässern nicht nur Schwarmfischen, sondern auch den typischen Signalen anderer Tieren, die sich auf der Suche nach dem günstigen gemeinsamen Habitat bewährt haben. Vielleicht, zum Beispiel, – einer Sägegarnele? Sie gesellte sich neben dem Dreistachligen Stichling zum Laborexperiment des Wissenschaftlerteams, weil das Krebschen Leander serratus sich in der Natur ihr Mikrohabitat mit dem Fisch Gasterosteus aculeatus, teilt – in flachen, durch Vegetation Schutz bietenden Bächen sowie Salz- und Brackgewässern der Küstenregionen.
Heimat, die sie meinen
Die Forscher hielten Garnele und Stichlinge zunächst in einer wohligen Komfortecke des Aquariums, entfernten die Tiere jedoch nach einiger Zeit und setzten sie getrennt und verstreut, mitsamt einiger unvertrauter Krebse und Stichlinge von anderswo, in ein neutrales Becken. Sogleich begannen die Fische erwartungsgemäß, einen Schwarm mit Duftgleichen zu bilden. Einzeln eingesetzte Stichlinge aber gruppierten sich, in Ermangelung anderer Kameraden, um jene Garnelen, mit denen sie zuvor gehalten worden waren – offenbar erkannten sie sie als typische Vertreter ihrer früheren Heimat. Dieses Heimatgefühl war ihnen dabei so wichtig, dass sie auch lieber von der vertrauten Duftumgebung aus Streifzüge nach Beute unternahmen und dabei ebenso reichhaltige Angebote ausließen, die nur von neutralen Ecken erreichbar waren.
Das Ganze, so schließen die Forscher, ist übrigens eine einseitige Sache: Garnelen rotten sich zwar mit ihnen geruchlich Bekannten am liebsten zusammen – sammeln sich aber nie besonders bevorzugt dort, wo Stichlinge den vertrauten Geruch der einst gemeinsamen Wohngegend verströmten. Garnelen nutzen demnach nicht die Ortskenntnis anderer Spezies – Stichlinge sehr wohl. Der Vorteil liegt auf der Hand, meinen Webster und Co: Unter natürlichen Bedingungen dürfte ihre Sehnsucht nach Vertrautem sie immer wieder verlässlich dorthin bringen, wo sie sich auskennen. Ein guter Grund, sich an Garnelen-Leuchttürme heranzuschnuppern.
Kein Problem offenbar für den Schwarm Fische, der gerade wellenbewegt vorbeiflitzt. Sie sind gemeinsam stark: In der Gruppe minimieren sie die Gefahr des Einzelnen, vom Wege abzukommen oder als Fischfutter zu enden. Ein Schwarm, der sich einmal gebildet hat, wird deshalb zunächst immer ein wenig größer und größer – man rottet sich gesellig zusammen. Dabei erkennen anschlusswillige Solitärfische aufnahmewillige Schwärme sogar halbblind am Geruch – kaum etwas funktioniert schließlich zuverlässiger im schummrigen Lösungsmittel Meer als chemische Kommunikation per verdünnter Signalmolekülcocktails.
Schwärme bieten ihren Mitgliedern aber noch mehr als Schutz – sie offerieren eine kollektiv zusammengetragene Datensammlung der Umgebung, die man nicht mühsam und gefahrenvoll ganz alleine zusammenstellen musste. Zwar bremst das Stille-Post-Prinzip, denn nicht immer kann jeder Information etwa über die Navigations-Eckpunkte der Umgebung, die ein Dritter von einem Vierten übernommen hat, blind vertraut werden – energetisch aber macht es oft Sinn, schlicht unhinterfragend in der Fischherde mitzupaddeln.
Viele Sensoren sehen mehr
Dumm nur für einen Schwarm, wenn das ständig alle täten. Und so schaltet ein Schwarmfisch nie alle Sensoren völlig ab – er verlässt sich nur eben zusätzlich auf Signale, die die Mitschwimmer abgeben, gibt selber welche ab und schafft so schließlich einen ganz typischen Schwarmsignalcocktail, an dem sich alle Mitglieder wiedererkennen, partizipieren und sich heimisch fühlen. Kodiert ist in diesem Stallgeruch bei ortstreuen Arten nicht nur das "Wer sind wir", sondern auch das "Wo sind wir" – der Duft der Schwarmheimat also, jenem Mikrohabitat der Wahl, das sich dem Kenner durch ein komplexes Reizbukett verrät. Es setzt sich aus Signalen zusammen wie den Ausdünstungen schutzversprechender Pflanzen, typischen Beimengungen der Mikroströmung aus dem östlichen Felsloch oder dem vergleichsweise niedrigen Salzgehalt, der sich aus dem von oben ins Meer strömenden Bachrinnsal erklärt.
Und, so waren Mike Webster von der Universität Leicester und seine Kollegen sicher, aus vielem mehr – prinzipiell könnte alles zum verräterischen geruchlichen Erkennungsreiz werden, den dann die aufmerksamen Schwarmgenossen annehmen und ihren Mitschwimmern weitergeben. Wenn aber nun Fische ihre Heimat am heimeligen Geruch ihrer Artgenossen erkennen, dachten sich Webster und Co – warum sollten sie dann vor der Expertise anderer Organismen haltmachen, die sich ebenfalls bevorzugt im selben Habitat aufhalten?
Schwarmfische, so ihre Hypothese, folgen beim Navigieren in vertrauten Gewässern nicht nur Schwarmfischen, sondern auch den typischen Signalen anderer Tieren, die sich auf der Suche nach dem günstigen gemeinsamen Habitat bewährt haben. Vielleicht, zum Beispiel, – einer Sägegarnele? Sie gesellte sich neben dem Dreistachligen Stichling zum Laborexperiment des Wissenschaftlerteams, weil das Krebschen Leander serratus sich in der Natur ihr Mikrohabitat mit dem Fisch Gasterosteus aculeatus, teilt – in flachen, durch Vegetation Schutz bietenden Bächen sowie Salz- und Brackgewässern der Küstenregionen.
Heimat, die sie meinen
Die Forscher hielten Garnele und Stichlinge zunächst in einer wohligen Komfortecke des Aquariums, entfernten die Tiere jedoch nach einiger Zeit und setzten sie getrennt und verstreut, mitsamt einiger unvertrauter Krebse und Stichlinge von anderswo, in ein neutrales Becken. Sogleich begannen die Fische erwartungsgemäß, einen Schwarm mit Duftgleichen zu bilden. Einzeln eingesetzte Stichlinge aber gruppierten sich, in Ermangelung anderer Kameraden, um jene Garnelen, mit denen sie zuvor gehalten worden waren – offenbar erkannten sie sie als typische Vertreter ihrer früheren Heimat. Dieses Heimatgefühl war ihnen dabei so wichtig, dass sie auch lieber von der vertrauten Duftumgebung aus Streifzüge nach Beute unternahmen und dabei ebenso reichhaltige Angebote ausließen, die nur von neutralen Ecken erreichbar waren.
Das Ganze, so schließen die Forscher, ist übrigens eine einseitige Sache: Garnelen rotten sich zwar mit ihnen geruchlich Bekannten am liebsten zusammen – sammeln sich aber nie besonders bevorzugt dort, wo Stichlinge den vertrauten Geruch der einst gemeinsamen Wohngegend verströmten. Garnelen nutzen demnach nicht die Ortskenntnis anderer Spezies – Stichlinge sehr wohl. Der Vorteil liegt auf der Hand, meinen Webster und Co: Unter natürlichen Bedingungen dürfte ihre Sehnsucht nach Vertrautem sie immer wieder verlässlich dorthin bringen, wo sie sich auskennen. Ein guter Grund, sich an Garnelen-Leuchttürme heranzuschnuppern.
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