Kometen: Wo wurden die Kometenkristalle gebacken?
Es war für die Wissenschaft schon seit langem ein Rätsel, wie kleine Silikatkristalle, deren Bildung eine brennend heiße Umgebung erfordert, ihren Weg ins Innere der eiskalten Kometen gefunden haben, die weit draußen in den tiefgekühlten Außenbereichen des Sonnensystems entstanden sind.
Ursprünglich sollten diese Kristalle in der dichten Wolke aus Gas und Staub, aus der sich das Sonnensystem bildete, als amorphe Silikatteilchen existiert haben. Dieses Rätsel haben nun Forscher aus Heidelberg, Budapest und Leiden mit Hilfe von Infrarotbeobachtungen des Weltraumteleskops Spitzer gelöst. Ihre Ergebnisse erschienen am 14. Mai 2009 in der Zeitschrift Nature.
EX Lupi ist ein junger Stern, der unserer Sonne in ihrem Zustand vor viereinhalb Milliarden Jahre sehr ähnlich sieht. Der Stern weist zwei Merkmale auf, die für sehr junge Sterne typisch sind: Zum einen ist er von einer dichten Scheibe aus Staub und Gas umgeben, in der sich nach den heutigen Vorstellungen gegenwärtig sein Planetensystem bildet.
Zum anderen zeigt er etwa alle vier bis fünf Jahre einen bis zu einigen Monaten andauernden Helligkeitsausbruch, bei dem seine Leuchtkraft um das Fünf- bis Zehnfache ansteigt. Solche Ausbrüche werden dadurch ausgelöst, dass die zirkumstellare Scheibe instabil wird und aus ihr größere Mengen Materie auf den Stern einstürzen; und etwa alle 50 Jahre kommt es zu einem besonders starken Ausbruch. Die Sonne hat wahrscheinlich in ihrer frühesten Kindheit eine solche aktive Phase mit unregelmäßigen Helligkeitsausbrüchen variabler Intensität durchlaufen.
Von EX Lupi hatten die Astronomen mit Spitzer bereits 2005 ein Infrarotspektrum aufgenommen, während der Stern in seinem ruhigen Zustand verweilte. Dieses Spektrum enthielt keinerlei Hinweise auf die Anwesenheit kristalliner Silikate. Aber im April 2008 erwischten sie den Stern während eines seiner Helligkeitsausbrüche: Zwar hatte der damalige Ausbruch sein Maximum bereits überschritten, aber der Stern war immer noch 30mal so hell wie im Normalzustand.
Das neue Spektrum unterschied sich deutlich vom alten und zeigte nun, dass zusätzlich zu den amorphen Silikaten auch eine kristalline Form vorhanden sein musste – und zwar Forsterit, ein Mineral, das sowohl in zirkumstellaren Scheiben junger Sterne, als auch in Kometen in unserem Sonnensystem beobachtet wird. Und die Temperatur der Kristalle zum Zeitpunkt der Beobachtung war wesentlich höher als die Temperatur der Scheibe im Ruhezustand des Sterns.
"Wir sind vermutlich erstmals Zeugen des Kristallisationsprozesses geworden", sagte Attila Juhász vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, einer der Autoren der hier beschriebenen Arbeit. "Offenbar entstehen die Kristalle durch Aufheizen und Ausglühen der Silikatteilchen nahe der Oberfläche der inneren, dicken Staub- und Gasscheibe während der Helligkeitsausbrüche von EX Lupi: Beim Ausglühen wird das Material auf eine Temperatur erhitzt, bei der seine chemischen Bindungen aufgebrochen werden und neue, andersartige entstehen: Dadurch verändern sich auch die physikalischen Eigenschaften der Teilchen."
Dieses Ergebnis bietet einen völlig neuen Ansatz zum Verständnis der Entstehung der Kometenkristalle. Unmittelbar nach der Entstehung der Kristalle in der Scheibe, solange sie noch an deren Oberfläche konzentriert sind, prägen sie dem beobachteten Spektrum ihr charakteristisches Merkmal auf.
Später vermischen sie sich mit dem weiter innen liegenden Material und reichern es auf diese Weise bei jedem Ausbruch des Zentralsterns etwas stärker mit kristallinen Silikaten an. Solange das System noch sehr jung ist, sind die kristallinen Silikate nur während der Ausbrüche beobachtbar, wenn sie an der Oberfläche der Scheibe konzentriert sind.
Bisher hatten die Forscher zwei andere Möglichkeiten in Betracht gezogen, die in Kometen und zirkumstellaren Scheiben beobachteten kristallinen Silikate durch Ausglühen zu erzeugen: Entweder das Material im innersten Bereich der Scheibe wird durch die Strahlung des jungen Sterns über längere Zeit erhitzt – aber dies widerspricht dem Befund, dass das im Normalzustand des Sterns aufgenommene Spektrum keinen Hinweis auf kritalline Silikate enthält.
Oder ein größerer Körper, etwa ein heranwachsender Planet, löst innerhalb der Scheibe eine Schockwelle aus, welche auf die Staubteilchen kurzzeitig viel Energie überträgt. Dadurch werden sie plötzlich auf die zur Kristallisation erforderliche Temperatur erhitzt und kühlen anschließend ähnlich schnell wieder ab. Aber die hohe Temperatur der während des Ausbruchs beobachteten Kristalle steht im Widerspruch zu diesem zweiten Modell, denn man würde erwarten, dass die Temperatur der Silikatteilchen unmittelbar nach dem Schock auf ihren Normalwert zurückfällt.
Die Beobachtungen von Juhász und Kollegen passen also zu keinem der beiden bisherigen Szenarien. "Wir kamen deshalb zu dem Ergebnis, dass ein dritter, bisher noch nicht in Betracht gezogener Prozess die Kristallisation durch Ausglühen bewirkt – nämlich die Aufheizung der amorphen Silikate durch den Helligkeitsausbruch des Zentralsterns«, sagt Péter Ábrahám vom Konkoly-Observatorium Budapest, der erste Autor der hier beschriebenen Arbeit. »Während der aktiven, durch zahlreiche Ausbrüche gekennzeichneten Phase der jungen Sterne reichern sich die kristallinen Silikate in deren zirkumstellarer Scheibe an und gehen dann in die sich bildenden Kometenkerne ein."
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie
Ursprünglich sollten diese Kristalle in der dichten Wolke aus Gas und Staub, aus der sich das Sonnensystem bildete, als amorphe Silikatteilchen existiert haben. Dieses Rätsel haben nun Forscher aus Heidelberg, Budapest und Leiden mit Hilfe von Infrarotbeobachtungen des Weltraumteleskops Spitzer gelöst. Ihre Ergebnisse erschienen am 14. Mai 2009 in der Zeitschrift Nature.
EX Lupi ist ein junger Stern, der unserer Sonne in ihrem Zustand vor viereinhalb Milliarden Jahre sehr ähnlich sieht. Der Stern weist zwei Merkmale auf, die für sehr junge Sterne typisch sind: Zum einen ist er von einer dichten Scheibe aus Staub und Gas umgeben, in der sich nach den heutigen Vorstellungen gegenwärtig sein Planetensystem bildet.
Zum anderen zeigt er etwa alle vier bis fünf Jahre einen bis zu einigen Monaten andauernden Helligkeitsausbruch, bei dem seine Leuchtkraft um das Fünf- bis Zehnfache ansteigt. Solche Ausbrüche werden dadurch ausgelöst, dass die zirkumstellare Scheibe instabil wird und aus ihr größere Mengen Materie auf den Stern einstürzen; und etwa alle 50 Jahre kommt es zu einem besonders starken Ausbruch. Die Sonne hat wahrscheinlich in ihrer frühesten Kindheit eine solche aktive Phase mit unregelmäßigen Helligkeitsausbrüchen variabler Intensität durchlaufen.
Von EX Lupi hatten die Astronomen mit Spitzer bereits 2005 ein Infrarotspektrum aufgenommen, während der Stern in seinem ruhigen Zustand verweilte. Dieses Spektrum enthielt keinerlei Hinweise auf die Anwesenheit kristalliner Silikate. Aber im April 2008 erwischten sie den Stern während eines seiner Helligkeitsausbrüche: Zwar hatte der damalige Ausbruch sein Maximum bereits überschritten, aber der Stern war immer noch 30mal so hell wie im Normalzustand.
Das neue Spektrum unterschied sich deutlich vom alten und zeigte nun, dass zusätzlich zu den amorphen Silikaten auch eine kristalline Form vorhanden sein musste – und zwar Forsterit, ein Mineral, das sowohl in zirkumstellaren Scheiben junger Sterne, als auch in Kometen in unserem Sonnensystem beobachtet wird. Und die Temperatur der Kristalle zum Zeitpunkt der Beobachtung war wesentlich höher als die Temperatur der Scheibe im Ruhezustand des Sterns.
"Wir sind vermutlich erstmals Zeugen des Kristallisationsprozesses geworden", sagte Attila Juhász vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, einer der Autoren der hier beschriebenen Arbeit. "Offenbar entstehen die Kristalle durch Aufheizen und Ausglühen der Silikatteilchen nahe der Oberfläche der inneren, dicken Staub- und Gasscheibe während der Helligkeitsausbrüche von EX Lupi: Beim Ausglühen wird das Material auf eine Temperatur erhitzt, bei der seine chemischen Bindungen aufgebrochen werden und neue, andersartige entstehen: Dadurch verändern sich auch die physikalischen Eigenschaften der Teilchen."
Dieses Ergebnis bietet einen völlig neuen Ansatz zum Verständnis der Entstehung der Kometenkristalle. Unmittelbar nach der Entstehung der Kristalle in der Scheibe, solange sie noch an deren Oberfläche konzentriert sind, prägen sie dem beobachteten Spektrum ihr charakteristisches Merkmal auf.
Später vermischen sie sich mit dem weiter innen liegenden Material und reichern es auf diese Weise bei jedem Ausbruch des Zentralsterns etwas stärker mit kristallinen Silikaten an. Solange das System noch sehr jung ist, sind die kristallinen Silikate nur während der Ausbrüche beobachtbar, wenn sie an der Oberfläche der Scheibe konzentriert sind.
Bisher hatten die Forscher zwei andere Möglichkeiten in Betracht gezogen, die in Kometen und zirkumstellaren Scheiben beobachteten kristallinen Silikate durch Ausglühen zu erzeugen: Entweder das Material im innersten Bereich der Scheibe wird durch die Strahlung des jungen Sterns über längere Zeit erhitzt – aber dies widerspricht dem Befund, dass das im Normalzustand des Sterns aufgenommene Spektrum keinen Hinweis auf kritalline Silikate enthält.
Oder ein größerer Körper, etwa ein heranwachsender Planet, löst innerhalb der Scheibe eine Schockwelle aus, welche auf die Staubteilchen kurzzeitig viel Energie überträgt. Dadurch werden sie plötzlich auf die zur Kristallisation erforderliche Temperatur erhitzt und kühlen anschließend ähnlich schnell wieder ab. Aber die hohe Temperatur der während des Ausbruchs beobachteten Kristalle steht im Widerspruch zu diesem zweiten Modell, denn man würde erwarten, dass die Temperatur der Silikatteilchen unmittelbar nach dem Schock auf ihren Normalwert zurückfällt.
Die Beobachtungen von Juhász und Kollegen passen also zu keinem der beiden bisherigen Szenarien. "Wir kamen deshalb zu dem Ergebnis, dass ein dritter, bisher noch nicht in Betracht gezogener Prozess die Kristallisation durch Ausglühen bewirkt – nämlich die Aufheizung der amorphen Silikate durch den Helligkeitsausbruch des Zentralsterns«, sagt Péter Ábrahám vom Konkoly-Observatorium Budapest, der erste Autor der hier beschriebenen Arbeit. »Während der aktiven, durch zahlreiche Ausbrüche gekennzeichneten Phase der jungen Sterne reichern sich die kristallinen Silikate in deren zirkumstellarer Scheibe an und gehen dann in die sich bildenden Kometenkerne ein."
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie
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