Direkt zum Inhalt

Wochenende: Seltene Vb-Wetterlage bringt ausgiebigen Regen

So genannte Fünf-B-Wetterlagen brachten in der Vergangenheit schon häufiger große Wassermassen nach Deutschland. Nun ist erneut ein solches Tief im Anmarsch.
Mit Regenschirm bei heftigem Niederschlag
Am ersten Juniwochenende 2024 ist in weiten Teilen Deutschlands mit ergiebigem Dauerregen zu rechnen. Grund dafür ist eine Wetterlage, die schon häufiger zu großen Überschwemmungen geführt hat.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor einer Dauerregenlage für das Wochenende vom 1. und 2. Juni. Durch das Tief »Orinoco« könnten an einigen Stellen, vor allem im Süden und Osten Deutschlands, binnen 48 Stunden bis zu 150 Liter abregnen. Weil der Boden durch einen besonders feuchten Mai bereits mit Wasser gesättigt ist, sei mit Hochwasser an Bächen und Flüssen sowie mit Überschwemmungen zu rechnen.

Amtliche Unwetterwarnungen vor erheblichem Dauerregen gab der DWD für große Teile Bayerns und Baden-Württembergs heraus. Sie galten vorläufig von Freitag an, teils bis in die Nacht auf Montag hinein. Darüber hinaus gab es eine so genannte Vorabinformation für einen breiten Streifen in Thüringen und Sachsen, wo es ab Freitagmittag bis Sonntagnachmittag zu ergiebigem Dauerregen kommen soll.

Hinter dem feuchten Juni-Beginn steckt ein vergleichsweise seltenes Phänomen, das von Fachleuten als Vb-Wetterlage (gesprochen: Fünf-B) bezeichnet wird. Der Name geht auf ein altes Klassifizierungssystem für Tiefdruckgebiete zurück. Es handelt sich um Tiefs, die nicht die viel häufigere Zugbahn von West nach Ost über Europa nehmen, sondern aus dem Süden kommend feuchte Luft aus dem Mittelmeergebiet an der Alpenostseite vorbei nordwärts schleusen.

Je wärmer das Mittelmeer und die darüber befindliche Luft, desto mehr Wasser zieht mit dem Tiefdruckgebiet Richtung Norden. Vb-Lagen im Hochsommer haben darum in der Vergangenheit bereits zu katastrophalen Überschwemmungen geführt, bekanntestes Beispiel ist die »Jahrhundertflut« an der Elbe im August 2002. Auch hinter den verheerenden Niederschlägen der »Magdalenenflut« vom Juli 1342 könnte eine Vb-Wetterlage gesteckt haben. Das Hochwasser gilt als eine der größten Natur- und Umweltkatastrophen, die sich je auf dem Boden des heutigen Deutschlands ereigneten.

Aufsummierte Niederschlagsmengen | Die Diagramme zeigen die Niederschlagsmengen über einen Zeitraum von 48 Stunden. Die vier betrachteten Wettermodelle unterscheiden sich dabei leicht in der Lage der prognostizierten Niederschlagsspitzen.

Aktuell ist es jedoch noch vergleichsweise früh im Sommer, darum führe das Tief »Orinoco« auch deutlich geringere Wassermengen mit sich. Die Niederschlagsspitzen würden darum deutlich geringer ausfallen, schreibt der DWD.

Die Wirkung der Vb-Tiefdruckgebiete ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass sie so viel Wasser mit sich führen, sondern auch aus ihrer langsamen Zuggeschwindigkeit. Dadurch fällt der Regen dauerhaft auf ein und dasselbe Gebiet. Dort, wo die deutschen Mittelgebirge oder auch die Alpen die Luft zum Aufsteigen zwingen, finden die ausgiebigsten Niederschläge statt. Die Wetterstation Zinnwald-Georgenfeld, die im Stau des Erzgebirges liegt, hält bis heute den Tagesrekord der höchsten Niederschlagssumme Deutschlands. Im August 2002 kamen dort innerhalb von nur 24 Stunden 312 Liter pro Quadratmeter zusammen. Zum Vergleich: In Berlin fällt im ganzen Jahr gerade einmal knapp doppelt so viel Wasser vom Himmel.

Dass Vb-Tiefs überhaupt so eine auffällige Zugbahn nehmen, liegt wiederum an den Windverhältnissen in großer Höhe. Der Jetstream, das breite Band starker Westwinde, das die Arktis umgibt, schlägt derzeit weit nach Süden aus. Am Ostrand dieser Schleife, wo die Höhenströmung wieder nordwärts zieht, bewegt sich das Vb-Tief, eingeklemmt zwischen zwei Hochdruckgebieten. Diese befinden sich derzeit über dem Ostatlantik und über Nordwestrussland.

Ein Mäandern des Jetstreams führt auch hier zu Lande häufig zu markanten, lang anhaltenden Wettererscheinungen, wie etwa wochenlangen Regenphasen oder zu ungewöhnlicher Hitze im Herbst. Es gilt als mögliche Folge des Klimawandels.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.