Astrophysik: Windige Sterne treten mit einem Knall ab
Wolf-Rayet-Sterne sind außergewöhnliche Vertreter in unserer Galaxie, der Milchstraße. Sie verkörpern die letzte Lebensphase der massereichsten Sterne, messen mehr als 20 Sonnenmassen, haben jedoch nur eine sehr kurze Lebensdauer. Zumeist sterben sie einen hellen Tod, der noch Jahrmillionen später zu beobachten ist.
Erstmals ist es Forschern um Avishay Gal-Yam vom Weizmann Institute of Science in Rehovot nun gelungen, Spuren solch eines WR-Sterns in einer explodierenden Sternatmosphäre kurz nach dem Kollaps aufzuspüren. Es soll der erste direkte Beweis für die Verbindung eines Vorläufersterns und seiner Supernova sein. Schon seit dem Jahr 1867 wissen Astronomen um die Existenz von Wolf-Rayet-Sternen (WRSs). Damals entdeckten die beiden französischen Astronomen Charles Wolf und Georges Rayet den Sternentyp. Die Forscher spürten gleich drei davon im Sternbild Schwan auf – vor fast 150 Jahren eine beeindruckende Leistung. Denn nach heutigen Kenntnissen gibt es unter den 100 Milliarden Sternen in der Milchstraße allenfalls 600 Vertreter dieses besonderen Typus.
Dennoch sind sie wichtig. Sie erzeugen – zusammen mit den massereichsten Sternen des so genannten Spektraltyps O – einen Großteil der UV-Strahlung in der Galaxis, die wiederum vielfältige Auswirkungen hat. Mit den starken Sternwinden blasen die WR-Sterne viel Material in den interstellaren Raum. Es besteht überwiegend aus Elementen wie Helium, Kohlenstoff und Sauerstoff, die aus dem Sterninneren stammen. "Damit leisten die WR-Sterne einen wichtigen Beitrag zum kosmischen Materiekreislauf und zur chemischen Entwicklung einer Galaxis", erklärt der Astrophysiker Wolf-Rainer Hamann von der Universität Potsdam. Ein signifikanter Teil der Elemente, aus denen wir bestehen, sei auf diesem Weg entstanden und ins All katapultiert worden.
Einzigartiger Einblick in den Sternentod
Die Sternenwinde hinterlassen eine Signatur im All, die sich mit Hilfe von spektrometrischen Analysen aufspüren lassen. In "Nature" stellten die Astrophysiker um Gal-Yam nun ein Exemplar vor, dessen Abdruck sie im Spektrum der Supernova SN 2013cu entdeckten – nur 15,5 Stunden nachdem der Stern explodiert ist. Solche frühe Phasen wurden schon bei einigen anderen Supernovae spektroskopiert, aber noch nie bei einer vom Typ IIb. Damit geben Gal-Yam und sein Team einen einzigartigen Einblick in das Ende eines Wolf-Rayet-Sterns.
Es gilt in Fachkreisen als sicher, dass WR-Sterne am Ende einen Gravitationskollaps erleiden, der Kern des Sterns stürzt innerhalb weniger als einer Sekunde in sich zusammen. Erreicht der Kern die Dichte von Neutronenmaterie, kommt der Prozess zum Stillstand, die nachfolgende Materie prallt auf, und es entsteht eine Supernovaexplosion – normalerweise. Unter bestimmten Umständen jedoch könnte der Kollaps gleich übergehen zum Schwarzen Loch. Dann kann das Ereignis ziemlich "still" verlaufen – also ohne Explosion.
"Bis jetzt gab es zunehmend Beweise dafür, dass die Sterne nur einen schummrigen Tod sterben", schreibt der Astrophysiker John Eldridge von der University of Auckland in einem begleitenden Artikel. Indem Gal-Yam aber die Signatur eines WRS in einer dermaßen jungen Supernova aufgespürt habe, zeigen sie, dass zumindest ein Wolf-Rayet-Stern mit einem fulminanten Knall abgetreten ist. "Entscheidend ist, dass sie das Spektrum entdeckt haben, ehe der stellare Wind von der Explosion weggeschleudert wurde", schreibt Eldrigde.
Auch Wolf-Rainer Hamann hält es für "bemerkenswert", dass es den Forschern gelungen ist, eine Aufnahme eines SN-Spektrums relativ kurze Zeit nach der Explosion zu machen. Ein direkter Zusammenhang zwischen einem Vorgängerstern und seiner Supernova habe sich bisher nur in wenigen Ausnahmefällen herstellen lassen. "In diesem Fall leiten die Autoren aus der Ähnlichkeit des frühen SN-Spektrums mit den Spektren von WR-Sternen die Verbindung ab", erklärt Hamann. Allerdings sei die Supernova 10 000-mal heller als ein Wolf-Rayet-Stern.
Stammt das Spektrum von der Explosion selbst?
So habe die Studie eine wesentliche Schwäche. "Die Autoren vermuten, dass das beobachtete Spektrum im Wesentlichen in dem Wind entsteht, der bis vor 15 Stunden von dem Wolf-Rayet-Stern ausging und der in größerer Entfernung von etwa 100 Sternradien noch nicht von der Explosionswelle erreicht und weggefegt wurde, sondern nur vom Lichtblitz der Explosion zu dem extrem hellen Leuchten angeregt wird", erklärt Hamann. Dafür müssten Gal-Yam und sein Team aber annehmen, dass dieser Sternwind rund 1000-mal stärker war, als es ein WR-Stern normalerweise erwarten ließe.
Naheliegender sei, dass der Hauptteil des Spektrums von der Explosion selbst stammt. "Eine explodierende Sternatmosphäre ist einem Sternwind physikalisch sehr ähnlich", erklärt Hamann. Mögen sich die Indizien mehren, ein direkter Beweis ist die Studie von Gal-Yam noch nicht. Stärken lasse sich die Schlussfolgerung laut Eldridge nur, wenn es Astronomen gelingt, derlei Spektrum auch noch vor der Explosion eines Sterns zu beobachten.
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