Meteorologie: Wolken im Klimawandel
Prognosen zur globalen Erwärmung sind immer noch relativ unsicher. Das liegt vor allem an dem schwer fassbaren Verhalten der Wolken. Wie sich bei steigenden Temperaturen Art und Ausmaß der Bewölkung ändern und welche Rückwirkungen das auf das Klima hat, können Forscher bisher nur näherungsweise abschätzen. Neue experimentelle Ansätze versprechen jedoch Abhilfe.
Wolken spielen für das Klima eine überragende Rolle. Einerseits reflektieren sie im globalen Mittel etwa 20 Prozent der einfallenden Sonnenstrahlung, haben also auf der Tagseite der Erde einen kühlenden Effekt. Dieser Einfluss ist, wie Berechnungen zeigen, ganz erheblich: Bei einer Zunahme des globalen Bedeckungsgrads um nur etwa zwei Prozent würde die dadurch erhöhte Reflexion von Sonnenstrahlung die Erwärmung durch das vom Menschen bisher freigesetzte Kohlendioxid wettmachen.
Lange waren Bodenbeobachtungen und Ballonaufstiege die einzigen Quellen von Wetterdaten. Insofern eröffneten die ersten Wettersatelliten in den 1960er Jahren eine völlig neue Ära der Wolkenforschung. Sie lieferten endlich einen globalen Überblick der Bewölkung, allerdings mit dem umgekehrten Problem wie bei der Beobachtung vom Boden aus: Während im letzteren Fall die höheren Wolkenschichten verborgen bleiben, sind es bei einem klassischen Wettersatelliten die tieferen.
Radar- und Satellitendaten sowie Wetterinformationen von vielen Verkehrsflugzeugen und Schiffen haben die Wettervorhersage in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessert. Allerdings waren die Fortschritte bei der Prognose von Bewölkung und Niederschlag am kleinsten. Es fällt noch immer sehr schwer, Wolken zu verstehen sowie ihre Bildung und ihr Verhalten in Computermodellen zu erfassen.
Ebenso würden sich Verschiebungen in der relativen Häufigkeit der diversen Wolkentypen auswirken: Dicke Cumuluswolken haben einen relativ starken Treibhauseffekt, dünne hohe Zirren einen geringeren und niedrige dünne Wolkenschichten fast keinen. All diese Unsicherheiten brachten Stephen E. Schwartz vom Brookhaven National Laboratory in Upton (New York) 2008 zu dem Schluss, dass sich bisher nicht sicher sagen lässt, wie viele fossile Brennstoffe noch verbrannt werden dürfen, bis eine gegebene Obergrenze der globalen Temperatur erreicht wird.
Mangelnde Kenntnisse über Aerosole
Ebenso lückenhaft wie unser Wissen über Wolken sind die Kenntnisse über die nicht weniger wichtigen festen Schwebeteilchen in der Atmosphäre. Bis auf den Ruß können Partikel mit Durchmessern über 300 Nanometer praktisch ausnahmslos als Kondensationskeime für Wolkentropfen dienen. Inwieweit das auch für die gewöhnlich viel häufigeren kleineren Partikel gilt, ist noch offen.
Dies liegt vor allem an unvollständigen Aerosol- und Wolkendaten. Zuverlässige Aerosolmessungen am Boden liegen erst seit einigen Jahrzehnten und auch nur an wenigen Stellen vor. Dreidimensionale globale Staubverteilungen lassen sich nur mit Computermodellen auf der Basis von Strahlungsmessungen am Boden und mit Satelliten berechnen.
Satellitendaten sind für Trendanalysen allerdings problematisch. Die meisten Satelliten zur Atmosphärenbeobachtung dienen der Wettervorhersage, die keine langfristig stabil arbeitenden Sensoren erfordert. Daher treten beim Wechsel zu neuen Satellitensystemen immer wieder Brüche in den Messreihen auf, weshalb sich aus diesen Daten bisher keine klaren Tendenzen bei den Aerosolen, den Wolken und der Strahlungsbilanz ablesen lassen.
Regionale Transportvorgänge und thermodynamische Prozesse beeinflussen aber nicht nur die Wolkenbildung, sondern auch die Schwebeteilchen, die sich in der gleichen Luftmasse befinden. Aeresole und Wolken variieren deshalb oft parallel zueinander. Das verführt leicht zu der Fehlannahme, zwischen Staub- und Wolkeneigenschaften bestünde ein kausaler Zusammenhang. Umgekehrt ist es möglich, dass Vorgänge in den Wolken den Einfluss anthropogener Staubpartikel kaschieren. Deshalb lässt sich noch nicht sicher sagen, in welcher Richtung menschenbedingte Staubpartikel Wolkenalbedo, Bedeckungsgrad und Niederschlag beeinflussen.
Umfassende Theorie in weiter Ferne
Welche Rolle Wolken beim Klimawandel spielen, lässt sich vor allem deshalb so schwer einschätzen, weil es sich um hochkomplexe Mehrphasensysteme handelt. Wer sie vollständig verstehen will, muss zahllose physikalische, chemische und biologische Prozesse betrachten, die eingebettet in das turbulent strömende Medium Luft ablaufen. Zudem beinhaltet die Wolkendynamik Vorgänge, die Zeitspannen von Mikrosekunden bis Wochen überdecken und deren Größenskala von einzelnen Molekülen bis in planetare Dimensionen reicht.
Die meisten heutigen Klimamodelle können nur Vorgänge oberhalb einer Größenordnung von etwa 100 Kilometern physikalisch korrekt beschreiben. Das schließt den überwiegenden Teil der Abläufe in Wolken aus. Diese werden stattdessen näherungsweise durch Formeln beschrieben, deren Parameter von exakt im größeren Maßstab simulierten Prozessen abgeleitet sind. Darunter leiden insbesondere alle Bemühungen, den Einfluss menschlicher Aerosolpartikel auf Wolken und Klima zu simulieren, der sich am unteren Ende des Skalenbereichs abspielt. Seine Bedeutung für die globale Erwärmung ist deshalb noch weit gehend offen.
Aerosole und Eiswolken
Außer Gasen, Aerosolpartikeln und Wassertropfen treten häufig Eiskristalle in Wolken auf – vor allem, wenn diese unterkühlt sind. Dann herrscht dort eine Temperatur, bei der eigentlich alles Wasser gefroren sein müsste. Es bleibt jedoch größtenteils im flüssigen Zustand, weil Kristallisationskeime fehlen. Die wenigen vorhandenen Eiskristalle wachsen in unterkühlten Wolken auf Kosten der Tropfen an, bis sie so schwer geworden sind, dass sie nach unten fallen und dabei andere Kristalle und Tropfen mitnehmen. In tieferen Bereichen der Regenwolke oder auf dem Weg zwischen ihr und dem Erdboden schmelzen sie in der dort wärmeren Luft. Dies ist die häufigste Art, wie in unseren Breiten Niederschläge entstehen.
Unterkühlte Wolken lassen sich schlecht untersuchen. Für Flugzeuge sind sie sehr gefährlich, weil sie deren Oberfläche rasch mit einer Eisschicht überziehen können. Auch die Fernerkundung von Eiswolken durch Satelliten bleibt unbefriedigend; denn die unterschiedliche Größe, Form und Anordnung der Eiskristalle erschwert die Interpretation von Messungen aus dem All erheblich.
Frank Stratmann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig und andere Forscher haben Versuche unternommen, die Verhältnisse in unterkühlten Wolken im Labor zu reproduzieren. Aber auch das erwies sich als sehr schwierig. Reine Eiswolken (Zirren) befinden sich meist nahe der Obergrenze der Troposphäre – jener 8 bis 18 Kilometer hohen Luftschicht, in der sich das Wetter abspielt.
Dort oben liegt die Temperatur oft weit unter minus 40 Grad Celsius. Wie sich Eiswolken bilden und auf das Klima auswirken, ist noch nicht hinreichend geklärt, um sie korrekt in Wetter- und Klimamodelle einbinden zu können. Da Zirren schwer zugänglich sind und für ihre Untersuchung nur bedingt Messverfahren existieren, gibt es zu wichtigen Kenngrößen von ihnen wie der Anzahl, Ausdehnung, Form, Anordnung und den optischen Eigenschaften der Eiskristalle noch zu wenige Daten. Auch Faktoren, die ihre Bildung beeinflussen – etwa die relative Feuchte und kleinräumige Aufwärtsbewegungen der Luft –, sind nur unzulänglich bekannt.
Neue Untersuchungsmethoden im All und am Boden
Da Wolken wegen ihrer hohen Albedo eine kritische, aber bisher nicht exakt quantifizierbare Rolle in der Energiebilanz der Erde spielen, bedarf es neuer Methoden, um ihren Einfluss auf das Klima genauer zu bestimmen. Verfahren dazu existieren zwar, werden bisher aber kaum eingesetzt. Eines davon macht sich zu Nutze, dass auch jener Teil des Mondes, den die Sonne nicht direkt bescheint, nachts sichtbar ist, weil von der Erde reflektiertes Sonnenlicht darauffällt. Astronomen sprechen vom aschgrauen Mondlicht. Es spiegelt die Albedo unseres Planeten wider.
Wie Enric Pallé vom Instituto de Astrofísica de Canarias in La Laguna (Teneriffa) und Jiong Qiu von der Montana State University in Bozeman schon 2003 nachwiesen, eignet es sich deshalb dazu, Änderungen im Reflexionsvermögen der Atmosphäre durch den Klimawandel festzustellen, die unter anderem von Änderungen in der Bewölkung herrühren können.
Die Albedo des sonnenbeleuchteten Teils der Erde ließe sich auch mit dem NASA-Satelliten DISCOVR messen und langfristig überwachen. Er sollte an einem festen Platz im Orbit – dem so genannten Lagrangepunkt 1 – stationiert werden.
An ihren Ergebnissen müssen sich künftig alle Wetter- und Klimamodelle orientieren. Die nächste Generation von Satelliten, die momentan in Planung ist, soll die klassischen mit den neuen Messverfahren vereinen, um für jedes überflogene Gebiet ein Maximum an Informationen zur Bewölkung zu erlangen. Von ihr sind erhebliche Fortschritte beim Verständnis der Wolken zu erwarten, die auch die Genauigkeit von Wetter- und Klimamodellen deutlich verbessern dürften.
Ein begrenzender Faktor ist aber auch dann noch die Kapazität der verfügbaren Großrechner. Das derzeit einzige globale Wolkenmodell NICAM mit einer Auflösung von wenigen Kilometern befindet sich auf dem japanischen Earth Simulator, bis vor Kurzem der schnellste Rechner der Welt. Damit lassen sich wesentlich mehr Wolkenprozesse explizit – also ohne Rückgriff auf Näherungen – simulieren als zuvor.
Laut William D. Collins von der University of California in Berkeley und Masaki Satoh von der Universität Tokio unterschieden sich die Ergebnisse erster Simulationsläufe, was den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Bewölkung betrifft, beträchtlich von denen der übrigen, grobskaligen Modelle. Was das genau bedeutet, muss sich erst noch erweisen.
Auch auf experimentellem Gebiet gibt es ermutigende Entwicklungen. Das Leipziger Wolkenlabor LACIS, die Karlsruher Wolkenkammer AIDA und neue Messinstrumente ermöglichen immer detailliertere Laborsimulationen einzelner Prozesse in warmen und kalten Wolken. Sie liefern dabei auch ein genaueres Bild von bestimmten menschlichen Einflüssen. Allerdings begrenzen die Ausmaße der Wolkenkammern die Größenskala von Vorgängen, die sich im Labor simulieren lassen. Feldexperimente müssen also hinzukommen.
Auch hier stehen neue Messverfahren wie das von einem Hubschrauber getragene Wolkenlabor ACTOS zur Verfügung. Holger Siebert vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung und seine Kollegen haben schon 2006 gezeigt, dass sich damit an genau definierten Wolkenorten Informationen über dynamische physikalische Vorgänge bis in den Zentimeterbereich hinunter gewinnen lassen, die traditionellen Messungen vom Flugzeug aus nicht zugänglich sind.
Auf der Größenskala ganzer Wolken und Wolkensysteme erscheinen vor allem zwei Typen von Feldexperimenten viel versprechend. Bei so genannten Schließungsexperimenten bestimmen Meteorologen mit einer Kombination von Boden-, Luft- und Weltraummessungen alle kritischen Zustandsgrößen und sonstigen Charakteristika einer Wolke, die dann mit einem Computermodell simuliert wird. Der Vergleich der gemessenen mit den errechneten Größen gibt schließlich Aufschluss über die Qualität der numerischen Ansätze wie auch der experimentellen Daten und liefert so Anhaltspunkte dafür, wo die Grenzen unserer Kenntnisse über die Vorgänge in Wolken liegen.
Beim zweiten Typ, dem so genannten lagrangeschen Ansatz, beobachten Forscher eine Luftmasse, in der Wolken entstehen und vergehen, über einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg. In dieser Zeit finden mit Flugzeugen wiederholt Messungen an bestimmten Stellen statt, welche durch Pilotballone, die mit der Strömung driften, festgelegt werden. Das erlaubt, den Lebenszyklus von Wolken in Abhängigkeit vom großräumigen meteorologischen Geschehen zu verfolgen.
Bei der Kernfrage, wie sich der anthropogene Klimawandel auf Bewölkung und Niederschlag auswirken wird und welche Folgen das wiederum für die globale Energiebilanz hat, sind wir von befriedigenden Antworten noch weit entfernt. Nur mit neuen experimentellen und theoretischen Ansätzen können wir ihnen näher kommen. Das erfordert zugleich ein hohes Maß an Zusammenarbeit von Forschern aus vielen Disziplinen. Deutlich genauere Prognosen zum Ausmaß der globalen Erwärmung sind nur zu erwarten, wenn wir das komplizierte Zusammenspiel der Wolken mit den übrigen Teilen des Erdsystems wesentlich besser verstehen als bisher.
Andererseits halten die Wolken aber auch etwa zehn Prozent der thermischen Ausstrahlung der Erde zurück, nachts ebenso wie am Tag. Ihre Gesamtwirkung im Klimasystem ist deshalb nicht leicht zu erfassen. Wolken erschweren damit auch Prognosen, wie stark sich die Erde durch den menschengemachten Treibhauseffekt erwärmen wird.
Lange waren Bodenbeobachtungen und Ballonaufstiege die einzigen Quellen von Wetterdaten. Insofern eröffneten die ersten Wettersatelliten in den 1960er Jahren eine völlig neue Ära der Wolkenforschung. Sie lieferten endlich einen globalen Überblick der Bewölkung, allerdings mit dem umgekehrten Problem wie bei der Beobachtung vom Boden aus: Während im letzteren Fall die höheren Wolkenschichten verborgen bleiben, sind es bei einem klassischen Wettersatelliten die tieferen.
Radar- und Satellitendaten sowie Wetterinformationen von vielen Verkehrsflugzeugen und Schiffen haben die Wettervorhersage in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessert. Allerdings waren die Fortschritte bei der Prognose von Bewölkung und Niederschlag am kleinsten. Es fällt noch immer sehr schwer, Wolken zu verstehen sowie ihre Bildung und ihr Verhalten in Computermodellen zu erfassen.
Das aber ist ein großes Handikap nicht nur bei der Wettervorhersage, sondern auch beim Beurteilen der künftigen Entwicklung des Erdklimas. So stellt der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) in seinem jüngsten Bericht 2007 fest, dass unsere begrenzten Kenntnisse der Wolkenvorgänge den größten Unsicherheitsfaktor bei Prognosen der globalen Erwärmung darstellen. Fest steht nur: Auf einer wärmeren Erde verdunstet mehr Wasser. Das heißt aber nicht, dass die Bewölkung generell zunimmt; denn bei höherer Temperatur kann die Luft auch mehr Wasserdampf aufnehmen. Außerdem hängt die Entwicklung des Klimas nicht nur davon ab, ob sich der Bedeckungsgrad ändert.
Ebenso würden sich Verschiebungen in der relativen Häufigkeit der diversen Wolkentypen auswirken: Dicke Cumuluswolken haben einen relativ starken Treibhauseffekt, dünne hohe Zirren einen geringeren und niedrige dünne Wolkenschichten fast keinen. All diese Unsicherheiten brachten Stephen E. Schwartz vom Brookhaven National Laboratory in Upton (New York) 2008 zu dem Schluss, dass sich bisher nicht sicher sagen lässt, wie viele fossile Brennstoffe noch verbrannt werden dürfen, bis eine gegebene Obergrenze der globalen Temperatur erreicht wird.
Mangelnde Kenntnisse über Aerosole
Ebenso lückenhaft wie unser Wissen über Wolken sind die Kenntnisse über die nicht weniger wichtigen festen Schwebeteilchen in der Atmosphäre. Bis auf den Ruß können Partikel mit Durchmessern über 300 Nanometer praktisch ausnahmslos als Kondensationskeime für Wolkentropfen dienen. Inwieweit das auch für die gewöhnlich viel häufigeren kleineren Partikel gilt, ist noch offen.
Laut dem jüngsten IPCC-Bericht gibt es Anzeichen für mehr Niederschlag in feuchten und weniger Niederschlag in trockenen Gebieten. Klare Zusammenhänge zwischen langfristigen, menschenbedingten Aerosol- und Treibhausgasemissionen einerseits sowie Wolken und Niederschlag andererseits ließen sich aber bisher nicht feststellen.
Dies liegt vor allem an unvollständigen Aerosol- und Wolkendaten. Zuverlässige Aerosolmessungen am Boden liegen erst seit einigen Jahrzehnten und auch nur an wenigen Stellen vor. Dreidimensionale globale Staubverteilungen lassen sich nur mit Computermodellen auf der Basis von Strahlungsmessungen am Boden und mit Satelliten berechnen.
Satellitendaten sind für Trendanalysen allerdings problematisch. Die meisten Satelliten zur Atmosphärenbeobachtung dienen der Wettervorhersage, die keine langfristig stabil arbeitenden Sensoren erfordert. Daher treten beim Wechsel zu neuen Satellitensystemen immer wieder Brüche in den Messreihen auf, weshalb sich aus diesen Daten bisher keine klaren Tendenzen bei den Aerosolen, den Wolken und der Strahlungsbilanz ablesen lassen.
Aber selbst mit wesentlich besseren Satellitendaten wären menschenbedingte Einflüsse auf die Wolkenbildung sehr schwer festzustellen. Grund dafür sind die Eigenschaften der Atmosphäre selbst. Die unteren Luftschichten verhalten sich großräumig instabil. Weit reichende horizontale und vertikale Luft- und Wärmetransporte lassen Art und Ausmaß der Bewölkung stark variieren. Nur durch jahrzehntelange, hochpräzise Messungen könnte es gelingen, aus dieser meteorologischen Variabilität einen menschlichen Einfluss herauszudestillieren.
Regionale Transportvorgänge und thermodynamische Prozesse beeinflussen aber nicht nur die Wolkenbildung, sondern auch die Schwebeteilchen, die sich in der gleichen Luftmasse befinden. Aeresole und Wolken variieren deshalb oft parallel zueinander. Das verführt leicht zu der Fehlannahme, zwischen Staub- und Wolkeneigenschaften bestünde ein kausaler Zusammenhang. Umgekehrt ist es möglich, dass Vorgänge in den Wolken den Einfluss anthropogener Staubpartikel kaschieren. Deshalb lässt sich noch nicht sicher sagen, in welcher Richtung menschenbedingte Staubpartikel Wolkenalbedo, Bedeckungsgrad und Niederschlag beeinflussen.
Umfassende Theorie in weiter Ferne
Welche Rolle Wolken beim Klimawandel spielen, lässt sich vor allem deshalb so schwer einschätzen, weil es sich um hochkomplexe Mehrphasensysteme handelt. Wer sie vollständig verstehen will, muss zahllose physikalische, chemische und biologische Prozesse betrachten, die eingebettet in das turbulent strömende Medium Luft ablaufen. Zudem beinhaltet die Wolkendynamik Vorgänge, die Zeitspannen von Mikrosekunden bis Wochen überdecken und deren Größenskala von einzelnen Molekülen bis in planetare Dimensionen reicht.
Eine vollständige Wolkentheorie, die alle relevanten Faktoren umfasst, scheint derzeit ebenso unerreichbar wie ein vollständiges Wolkenmodell im Computer. Stattdessen werden wir uns auch in absehbarer Zukunft mit einer Collage aus Einzeltheorien beziehungsweise einer Hierarchie von Wolkenmodellen behelfen müssen, die jeweils höchstens drei Größenordnungen des riesigen Skalenbereichs korrekt beschreiben. Diese müssen optimiert und miteinander verknüpft werden, weil die Prozesse in den Teilbereichen nicht unabhängig voneinander ablaufen.
Die meisten heutigen Klimamodelle können nur Vorgänge oberhalb einer Größenordnung von etwa 100 Kilometern physikalisch korrekt beschreiben. Das schließt den überwiegenden Teil der Abläufe in Wolken aus. Diese werden stattdessen näherungsweise durch Formeln beschrieben, deren Parameter von exakt im größeren Maßstab simulierten Prozessen abgeleitet sind. Darunter leiden insbesondere alle Bemühungen, den Einfluss menschlicher Aerosolpartikel auf Wolken und Klima zu simulieren, der sich am unteren Ende des Skalenbereichs abspielt. Seine Bedeutung für die globale Erwärmung ist deshalb noch weit gehend offen.
Aerosole und Eiswolken
Außer Gasen, Aerosolpartikeln und Wassertropfen treten häufig Eiskristalle in Wolken auf – vor allem, wenn diese unterkühlt sind. Dann herrscht dort eine Temperatur, bei der eigentlich alles Wasser gefroren sein müsste. Es bleibt jedoch größtenteils im flüssigen Zustand, weil Kristallisationskeime fehlen. Die wenigen vorhandenen Eiskristalle wachsen in unterkühlten Wolken auf Kosten der Tropfen an, bis sie so schwer geworden sind, dass sie nach unten fallen und dabei andere Kristalle und Tropfen mitnehmen. In tieferen Bereichen der Regenwolke oder auf dem Weg zwischen ihr und dem Erdboden schmelzen sie in der dort wärmeren Luft. Dies ist die häufigste Art, wie in unseren Breiten Niederschläge entstehen.
Welche Aerosolpartikel als Kristallisationskeime dienen können und welche von vielen möglichen Prozessen die Eiskörner anwachsen lassen, liegt allerdings noch größtenteils im Dunkeln. Ebenso wenig verstehen die Meteorologen, warum kalte Wolken viel mehr kleine Eispartikel enthalten, als der Anzahl der Kristallisationskeime entspricht. Dabei ist dieser Überschuss wichtig für die Bildung von Starkregen in Tropen und mittleren Breiten.
Unterkühlte Wolken lassen sich schlecht untersuchen. Für Flugzeuge sind sie sehr gefährlich, weil sie deren Oberfläche rasch mit einer Eisschicht überziehen können. Auch die Fernerkundung von Eiswolken durch Satelliten bleibt unbefriedigend; denn die unterschiedliche Größe, Form und Anordnung der Eiskristalle erschwert die Interpretation von Messungen aus dem All erheblich.
Frank Stratmann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig und andere Forscher haben Versuche unternommen, die Verhältnisse in unterkühlten Wolken im Labor zu reproduzieren. Aber auch das erwies sich als sehr schwierig. Reine Eiswolken (Zirren) befinden sich meist nahe der Obergrenze der Troposphäre – jener 8 bis 18 Kilometer hohen Luftschicht, in der sich das Wetter abspielt.
Dort oben liegt die Temperatur oft weit unter minus 40 Grad Celsius. Wie sich Eiswolken bilden und auf das Klima auswirken, ist noch nicht hinreichend geklärt, um sie korrekt in Wetter- und Klimamodelle einbinden zu können. Da Zirren schwer zugänglich sind und für ihre Untersuchung nur bedingt Messverfahren existieren, gibt es zu wichtigen Kenngrößen von ihnen wie der Anzahl, Ausdehnung, Form, Anordnung und den optischen Eigenschaften der Eiskristalle noch zu wenige Daten. Auch Faktoren, die ihre Bildung beeinflussen – etwa die relative Feuchte und kleinräumige Aufwärtsbewegungen der Luft –, sind nur unzulänglich bekannt.
Ein tieferes Verständnis von Eiswolken wäre jedoch sehr wichtig, weil der Mensch ihre Entstehung maßgeblich beeinflusst. Nahe der Obergrenze der Troposphäre findet nämlich der größte Teil des Luftverkehrs statt. Bei günstigen Bedingungen können von Flugzeugen angeregte Zirren – die wohlbekannten Kondensstreifen – in dicht beflogenen Luftstraßen große Teile des Himmels bedecken. Das ergaben unter anderem Untersuchungen durch Ulrich Schumann vom Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen aus dem Jahr 2005.
Neue Untersuchungsmethoden im All und am Boden
Da Wolken wegen ihrer hohen Albedo eine kritische, aber bisher nicht exakt quantifizierbare Rolle in der Energiebilanz der Erde spielen, bedarf es neuer Methoden, um ihren Einfluss auf das Klima genauer zu bestimmen. Verfahren dazu existieren zwar, werden bisher aber kaum eingesetzt. Eines davon macht sich zu Nutze, dass auch jener Teil des Mondes, den die Sonne nicht direkt bescheint, nachts sichtbar ist, weil von der Erde reflektiertes Sonnenlicht darauffällt. Astronomen sprechen vom aschgrauen Mondlicht. Es spiegelt die Albedo unseres Planeten wider.
Wie Enric Pallé vom Instituto de Astrofísica de Canarias in La Laguna (Teneriffa) und Jiong Qiu von der Montana State University in Bozeman schon 2003 nachwiesen, eignet es sich deshalb dazu, Änderungen im Reflexionsvermögen der Atmosphäre durch den Klimawandel festzustellen, die unter anderem von Änderungen in der Bewölkung herrühren können.
Die Albedo des sonnenbeleuchteten Teils der Erde ließe sich auch mit dem NASA-Satelliten DISCOVR messen und langfristig überwachen. Er sollte an einem festen Platz im Orbit – dem so genannten Lagrangepunkt 1 – stationiert werden.
Leider verstaubt er in einer NASA-Lagerhalle, weil das Programm Budgetkürzungen zum Opfer fiel. Immerhin kreisen seit wenigen Jahren Prototypen von Satelliten wie CloudSat im All, die dank aktiver Messverfahren – insbesondere Lidar und Radar – besser als alle Vorgänger geeignet sind, die dreidimensionale Verteilung von Aerosolpartikeln, Wolken und Niederschlag weltweit zu bestimmen.
An ihren Ergebnissen müssen sich künftig alle Wetter- und Klimamodelle orientieren. Die nächste Generation von Satelliten, die momentan in Planung ist, soll die klassischen mit den neuen Messverfahren vereinen, um für jedes überflogene Gebiet ein Maximum an Informationen zur Bewölkung zu erlangen. Von ihr sind erhebliche Fortschritte beim Verständnis der Wolken zu erwarten, die auch die Genauigkeit von Wetter- und Klimamodellen deutlich verbessern dürften.
Ein begrenzender Faktor ist aber auch dann noch die Kapazität der verfügbaren Großrechner. Das derzeit einzige globale Wolkenmodell NICAM mit einer Auflösung von wenigen Kilometern befindet sich auf dem japanischen Earth Simulator, bis vor Kurzem der schnellste Rechner der Welt. Damit lassen sich wesentlich mehr Wolkenprozesse explizit – also ohne Rückgriff auf Näherungen – simulieren als zuvor.
Laut William D. Collins von der University of California in Berkeley und Masaki Satoh von der Universität Tokio unterschieden sich die Ergebnisse erster Simulationsläufe, was den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Bewölkung betrifft, beträchtlich von denen der übrigen, grobskaligen Modelle. Was das genau bedeutet, muss sich erst noch erweisen.
Auch auf experimentellem Gebiet gibt es ermutigende Entwicklungen. Das Leipziger Wolkenlabor LACIS, die Karlsruher Wolkenkammer AIDA und neue Messinstrumente ermöglichen immer detailliertere Laborsimulationen einzelner Prozesse in warmen und kalten Wolken. Sie liefern dabei auch ein genaueres Bild von bestimmten menschlichen Einflüssen. Allerdings begrenzen die Ausmaße der Wolkenkammern die Größenskala von Vorgängen, die sich im Labor simulieren lassen. Feldexperimente müssen also hinzukommen.
Auch hier stehen neue Messverfahren wie das von einem Hubschrauber getragene Wolkenlabor ACTOS zur Verfügung. Holger Siebert vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung und seine Kollegen haben schon 2006 gezeigt, dass sich damit an genau definierten Wolkenorten Informationen über dynamische physikalische Vorgänge bis in den Zentimeterbereich hinunter gewinnen lassen, die traditionellen Messungen vom Flugzeug aus nicht zugänglich sind.
Auf der Größenskala ganzer Wolken und Wolkensysteme erscheinen vor allem zwei Typen von Feldexperimenten viel versprechend. Bei so genannten Schließungsexperimenten bestimmen Meteorologen mit einer Kombination von Boden-, Luft- und Weltraummessungen alle kritischen Zustandsgrößen und sonstigen Charakteristika einer Wolke, die dann mit einem Computermodell simuliert wird. Der Vergleich der gemessenen mit den errechneten Größen gibt schließlich Aufschluss über die Qualität der numerischen Ansätze wie auch der experimentellen Daten und liefert so Anhaltspunkte dafür, wo die Grenzen unserer Kenntnisse über die Vorgänge in Wolken liegen.
Beim zweiten Typ, dem so genannten lagrangeschen Ansatz, beobachten Forscher eine Luftmasse, in der Wolken entstehen und vergehen, über einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg. In dieser Zeit finden mit Flugzeugen wiederholt Messungen an bestimmten Stellen statt, welche durch Pilotballone, die mit der Strömung driften, festgelegt werden. Das erlaubt, den Lebenszyklus von Wolken in Abhängigkeit vom großräumigen meteorologischen Geschehen zu verfolgen.
Bei der Kernfrage, wie sich der anthropogene Klimawandel auf Bewölkung und Niederschlag auswirken wird und welche Folgen das wiederum für die globale Energiebilanz hat, sind wir von befriedigenden Antworten noch weit entfernt. Nur mit neuen experimentellen und theoretischen Ansätzen können wir ihnen näher kommen. Das erfordert zugleich ein hohes Maß an Zusammenarbeit von Forschern aus vielen Disziplinen. Deutlich genauere Prognosen zum Ausmaß der globalen Erwärmung sind nur zu erwarten, wenn wir das komplizierte Zusammenspiel der Wolken mit den übrigen Teilen des Erdsystems wesentlich besser verstehen als bisher.
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