News: Wuchernde Mischlinge
Überrascht waren Biologen jedoch, als sie kürzlich entdeckten, in welchem Ausmaß eine neu eingeschleppte Grasart die einheimische Art durch Hybridisierung bereits verdrängte. Die neu eingebürgerte Pflanzenart Spartina alterniflora, die ihren Ursprung an der Ostküste der USA hat, wurde 1970 absichtlich in drei Salzsümpfen an der Westküste der USA augesetzt. Schnell begann daraufhin das fremde Gras, der weniger widerstandsfähigen ansässigen Art S. foliosa Wasser, Licht, Nährstoffe und Standorte streitig zu machen, aber auch, sich mit dieser zu kreuzen. "Das Ausmaß der Hybridisierung überraschte uns alle", meint Debra Ayres, Ökologin von der University of California in Davis. In der Zwischenzeit hat die eingeführte Grasart S. foliosa viele der zeitweise überfluteten Küstenbuchten und Kanäle an der Südseite der Bucht von San Francisco überwuchert. Die Folgen für das Ökosystem sind verheerend: Sparsam bewachsene Schlammflächen, die zuvor Tausende von ziehenden Küstenvögeln nutzten, sind nun von dicht bewachsenen Grasmatten aus zwei Meter hohem S. alterniflora und deren Hybriden überzogen.
Um herauszufinden, weshalb das Gras der Ostküste so erfolgreich mit seinem westlichen Verwandten hybridisiert, untersuchten Ayres und ihr Kollege Donald Strong zunächst die Blütezeit beider Arten. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass es kaum zu Überschneidungen kommt, in denen fremde Pollen die Blüten des einheimischen Grases oder umgekehrt befruchten können. Die Hybriden blühen jedoch zur gleichen Zeit wie die einheimische Grasart, wodurch eine gegenseitige Bestäubung sehr leicht erscheint. Tatsächlich stellten die Biologen fest, dass dies auf den salzigen Sumpfflächen der Buchten auch passiert. Hierzu analysierten die Forscher die DNA aus dem Zellkern von 547 Samen, die sie von den ansässigen S. foliosa-Pflanzen einsammelten. Dabei zeigte sich, dass keiner der Samen aus einer Kreuzung beider Arten hervorging, jedoch elf Prozent eine Hybridpflanze als Elternteil hatten. Somit führte nicht die eingeschleppte Art selbst zu der "genetischen Epidemie", sondern ihre mischerbigen Nachkommen.
"Es ist eine hervorragende Arbeit, die zeigt, wie schwer – wenn nicht gar unmöglich – es ist, viele der eingewanderten Arten zu kontrollieren", meint der Biologe David Policansky vom National Research Council in Washington, D.C.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.6.2000
"Der gefährliche Reiz des Fremden"
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