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News: Zeitverschiebung

Alle Vöglein sind schon da - mit besonderer Betonung auf "schon". Denn Vogelkundler bekommen ihre singenden Weltenbummler immer zeitiger im Jahr vor die Linsen. Etliche davon brechen offenbar auch schon früher im Sommer wieder in die Überwinterungsgebiete auf. Natürliche Schwankung oder Folge des menschgemachten Einheizen unseres Planeten?
Der Mauersegler ist schon lange weg. Zusammen mit Kuckuck, Pirol und anderen Zugvögeln hat sich der Vogel des Jahres 2003 nach seinem gut dreimonatigen Sommerbesuch, prall ausgefüllt mit Familienplanung und Nachwuchssorgen, wieder auf die Heimreise in den afrikanischen Wintersitz südlich der Sahara gemacht. Erst nächstes Jahr, Ende April, werden wir den schrillen Schrei der schwarzen Flugkünstler wieder zu hören bekommen.

Vor dreißig Jahren jedoch mussten die Menschen noch eine Woche länger warten, bis sie die ersten Rufe der Mauersegler vernehmen konnten: Ziemlich genau neun Tage später trafen die Sommergäste damals aus ihrem Winterquartier ein. Und sie sind nicht die einzigen, die inzwischen deutlich früher in ihren Brutgebieten eintreffen – Kuckuck, Mehlschwalbe, Gartenrotschwanz und Fitis, um nur einige zu nennen, leisten ihnen dabei Gesellschaft.

Insgesamt zwanzig Zugvogelarten hat Peter Cotton von der University of Plymouth genauer untersucht und ihre Ankunfts- und Abflugdaten mit verschiedenen klimatischen Parametern verglichen. Bis auf drei Arten – Braunkehlchen, Klappergrasmücke und Schafstelze – trafen alle im Durchschnitt acht Tage früher in ihren Brutgebieten um Oxford ein. Zu seiner Verblüffung flogen sie aber ebenfalls um acht Tage früher wieder ab – sie genossen also keineswegs den in den letzten Jahrzehnten ausgedehnteren britischen Sommer.

Die Statistik brachte an den Tag, dass die auch in Afrika zu beobachtende Erwärmung, vor allem die Wintertemperaturen betreffend, die Reiselust der Vögel früher weckt. Andere Studien hatten einen Zusammenhang mit den Luftdruckverhältnissen auf der Nordhalbkugel vermuten lassen: Gab es hier feuchtere, wärmere und windigere Bedingungen zur Reisezeit, könnte dies die Reisedauer aufgrund besserer Nahrungsversorgung und hilfreichem Rückenwind verkürzen. Cotton konnte in seinen Daten dafür jedoch keine Unterstützung finden. Ebenso wenig konnte er die These untermauern, dass Populationsveränderungen den früheren Ausbruch auslösen könnten, indem gerade die ungeduldigeren Individuen in den letzten Jahren anteilmäßig zugenommen hätten.

Etwas mehr Kopfzerbrechen bereitete der ebenfalls nach vorne verschobene Aufbruch im Herbst. Er ließ sich am besten mit den minimalen Sommertemperaturen im Brutquartier korrelieren, die sich in den letzten dreißig Jahren um Oxford ebenfalls kontinuierlich erhöht haben. Warum aber verbringen die Vögel die längere, milde Jahreszeit nicht in der Sommerresidenz, sondern machen sich, kaum ist das Brutgeschäft beendet, auf den Rückweg?

Vielleicht, so spekuliert Cotton, ist die Nahrungsversorgung unterwegs der auslösende Faktor. Je später die Langstreckenflieger aufbrechen, desto ausgeräuberter sind die Ressourcen auf dem Weg – insofern ist ein früher Start günstig. Und wenn die Kleinen flügge sind, gibt es ja eigentlich auch nichts mehr, was die Eltern vor Ort halten würde. Warum also noch warten mit der Rückkehr in den Wintersitz – und weg sind sie, Mauersegler, Kuckuck und Co.

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