Hirnforschung: "Zeitzellen" im Hippocampus entdeckt
Vor Jahren schon sind Hirnforscher im Hippocampus auf Neurone gestoßen, die die Funktion von "Ortszellen" übernehmen: Sie agieren als Spezialisten für die verschiedenen Positionen in einem vertrauten Raum. Ortszellen für die Ecke eines bekannten Zimmers beispielsweise feuern immer dann, wenn wir uns in dieser Ecke aufhalten. Damit helfen sie dem Gehirn bei der Erstellung einer "mentalen Karte", die Orientierungsaufgaben dient.
Bei Rattenexperimenten kamen Forscher um Howard Eichenbaum von der Boston University nun Neuronen auf die Spur, die in ganz analoger Weise Zeitpunkte kodieren. Sie scheinen damit dem Hirn einen zeitlichen Rahmen zu bieten, in dem es isolierte Einzelepisoden einsortieren kann – vergleichbar einem "mentalen Zeitstrahl".
Um nachzuweisen, dass Hippocampusneurone auch diese Aufgabe übernehmen können, musste das Team seine Versuchstiere zunächst mit einem fixen zeitlichen Ablauf vertraut machen, dessen einzelne Zeitpunkte die Zeitzellen dann kodieren könnten. Den Ratten gaben sie daher eine Aufgabe, die aus einem Anfangsteil und einem Endteil bestand, die durch eine zehnsekündige Phase des Nichtstuns getrennt wurden.
Während des Experiments horchte das Team um Eichenbaum die Aktivität von insgesamt rund 300 Hippocampusneuronen ab. Wie sich zeigte, spezialisierten sich viele davon auf einen eigenen, relativ eng begrenzten Zeitraum im Ablauf des Experiments – genau wie die Wissenschaftler vermutet hatten. Auch bei Menschen dürfte ein ganz ähnlicher Mechanismus einer Vielzahl von Einzelerinnerungen einer Episode eine zeitliche Reihenfolge geben.
Weil während der Wartezeit kaum äußere Reize auf die Ratten eindrangen, könne das Feuern der Zeitzellen nicht von externen Auslösern getrieben worden sein, sondern scheine tatsächlich als reiner Zeitmesser zu dienen, so die Forscher. Nicht alle der Zellen spezialisierten sich allerdings auf einen Zeitpunkt. Unter den erfassten Neuronen waren auch einige, die räumliche Aspekte mitberücksichtigten – sie feuerten, wenn sich das Tier zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort aufhielt. Andere integrierten daneben auch die Orientierung des Kopfs des Tiers.
Der Aufbau des Experiments erlaubte es dem Forscherteam zu überprüfen, ob noch weitere bekannte Eigenschaften von Ortszellen ebenso auf Zeitzellen zutreffen. Tatsächlich zeigte sich beispielsweise eine charakteristische Änderung des Zellverhaltens, wenn der eingeübte Ablauf in die Länge gezogen wurde. Bei Ortszellen kennt man darüber hinaus eine Selektivität für bestimmte Routen durch einen Raum. Analog dazu erwiesen sich manche der Zeitzellen als Spezialisten für bestimmte Varianten des Ablaufs.
Zuvor hatten andere Forschergruppen neben den Ortszellen noch weitere Typen entdeckt, die eine ganze Anzahl anderer Eigenschaften der Umgebung kodieren. Insofern fügten sich die Zeitzellen hervorragend in das bekannte Arbeitsprinzip des Hippocampus ein, schreiben die Autoren. Es sei möglicherweise sogar so, dass sich den Hippocampusneuronen nur unter künstlichen Experimentalbedingungen eindeutig eine Rolle etwa als Orts- oder Zeitzelle zuweisen lasse, während sie in Wirklichkeit Informationen verarbeiten, die weder das eine noch das andere sind. Stattdessen, so spekulieren die Forscher weiter, würden sie vielleicht jegliche "konzeptuelle Organisation erinnerter Ereignisse" in einen inneren Zusammenhang stellen. (jd)
Bei Rattenexperimenten kamen Forscher um Howard Eichenbaum von der Boston University nun Neuronen auf die Spur, die in ganz analoger Weise Zeitpunkte kodieren. Sie scheinen damit dem Hirn einen zeitlichen Rahmen zu bieten, in dem es isolierte Einzelepisoden einsortieren kann – vergleichbar einem "mentalen Zeitstrahl".
Um nachzuweisen, dass Hippocampusneurone auch diese Aufgabe übernehmen können, musste das Team seine Versuchstiere zunächst mit einem fixen zeitlichen Ablauf vertraut machen, dessen einzelne Zeitpunkte die Zeitzellen dann kodieren könnten. Den Ratten gaben sie daher eine Aufgabe, die aus einem Anfangsteil und einem Endteil bestand, die durch eine zehnsekündige Phase des Nichtstuns getrennt wurden.
Während des Experiments horchte das Team um Eichenbaum die Aktivität von insgesamt rund 300 Hippocampusneuronen ab. Wie sich zeigte, spezialisierten sich viele davon auf einen eigenen, relativ eng begrenzten Zeitraum im Ablauf des Experiments – genau wie die Wissenschaftler vermutet hatten. Auch bei Menschen dürfte ein ganz ähnlicher Mechanismus einer Vielzahl von Einzelerinnerungen einer Episode eine zeitliche Reihenfolge geben.
Weil während der Wartezeit kaum äußere Reize auf die Ratten eindrangen, könne das Feuern der Zeitzellen nicht von externen Auslösern getrieben worden sein, sondern scheine tatsächlich als reiner Zeitmesser zu dienen, so die Forscher. Nicht alle der Zellen spezialisierten sich allerdings auf einen Zeitpunkt. Unter den erfassten Neuronen waren auch einige, die räumliche Aspekte mitberücksichtigten – sie feuerten, wenn sich das Tier zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort aufhielt. Andere integrierten daneben auch die Orientierung des Kopfs des Tiers.
Der Aufbau des Experiments erlaubte es dem Forscherteam zu überprüfen, ob noch weitere bekannte Eigenschaften von Ortszellen ebenso auf Zeitzellen zutreffen. Tatsächlich zeigte sich beispielsweise eine charakteristische Änderung des Zellverhaltens, wenn der eingeübte Ablauf in die Länge gezogen wurde. Bei Ortszellen kennt man darüber hinaus eine Selektivität für bestimmte Routen durch einen Raum. Analog dazu erwiesen sich manche der Zeitzellen als Spezialisten für bestimmte Varianten des Ablaufs.
Zuvor hatten andere Forschergruppen neben den Ortszellen noch weitere Typen entdeckt, die eine ganze Anzahl anderer Eigenschaften der Umgebung kodieren. Insofern fügten sich die Zeitzellen hervorragend in das bekannte Arbeitsprinzip des Hippocampus ein, schreiben die Autoren. Es sei möglicherweise sogar so, dass sich den Hippocampusneuronen nur unter künstlichen Experimentalbedingungen eindeutig eine Rolle etwa als Orts- oder Zeitzelle zuweisen lasse, während sie in Wirklichkeit Informationen verarbeiten, die weder das eine noch das andere sind. Stattdessen, so spekulieren die Forscher weiter, würden sie vielleicht jegliche "konzeptuelle Organisation erinnerter Ereignisse" in einen inneren Zusammenhang stellen. (jd)
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